Inversionen
sagte General UrLeyn, der sich ins Sonnenlicht drehte, um sich der großen, halb kahlköpfigen Gestalt BiLeths zuzuwenden, dem noch größeren und schattenhaft dunklen Leibwächter und dem kleineren, älteren Mann in der Uniform der Palastwache. ZeSpiole – ein schmächtiger, weißhaariger Mann mit tief umfurchten Augen – war DeWars Vorgänger als Oberster Leibwächter gewesen. Jetzt war er, anstatt mit dem unmittelbaren Schutz von UrLeyns Person betraut zu sein, der Befehlshaber der Palastwache und damit für die Sicherheit des gesamten Palastes verantwortlich. »Das Wissen der Meeresgesellschaften«, sagte UrLeyn, »ihr Können, ihre Schiffe, ihre Kanonen – all das ist immer wichtiger geworden. Der Zusammenbruch des Reiches hat uns ein Übermaß von selbsternannten Kaisern beschert…«
»Zumindest drei, Bruder!« rief RuLeuin aus.
»Genau«, sagte UrLeyn lächelnd. »Drei Kaiser, viele glückliche Könige oder zumindest Könige, die glücklicher sind als unter der alten Herrschaft, und in der Tat um einiges mehr Leute, die sich selbst Könige nennen, was sie unter dem alten Regime niemals gewagt hätten.«
»Ganz zu schweigen von einem, für den der Titel König eine Beleidigung, ja eine Degradierung sein würde«, sagte YetAmidous, der neben dem General erschien.
UrLeyn schlug ihm auf die Schulter. »Seht Ihr, DeWar, selbst mein guter Freund General YetAmidous zählt mich zurecht zu jenen, die vom Fall der alten Ordnung profitieren, und erinnert mich daran, daß es weder meine schlaue und listige Art noch meine exemplarische Führung als General war, die mich in die herausragende Position, die ich jetzt innehabe, gebracht hat«, sagte UrLeyn mit einem Augenzwinkern.
»General!« sagte YetAmidous, und sein breites, gefurchtes, etwas teigig aussehendes Gesicht nahm einen verletzten Ausdruck an. »Ich wollte mit keinem Wort etwas Derartiges andeuten.«
Der Großädil UrLeyn lachte und schlug seinem Freund erneut auf die Schulter. »Das weiß ich, Yet, macht Euch keine Sorgen. Aber Ihr habt begriffen, DeWar?« sagte er, indem er sich an diesen wandte, die Stimme jedoch laut erhob, um deutlich zu machen, daß er sämtliche Anwesenden ansprach, nicht nur den Obersten Leibwächter. »Es ist uns gelungen«, ließ UrLeyn sie wissen, »unsere eigenen Angelegenheiten besser zu regeln, weil die Bedrohung einer kaiserlichen Einmischung nicht mehr über uns hängt. Die großen Festungen sind verlassen, die zu den Waffen Gerufenen sind nach Hause zurückkehrt oder haben sich zu undisziplinierten Räuberbanden zusammengeschlossen, die Flotten sind beim Wetteifern miteinander gesunken oder dem Verkommen überlassen worden. Einige der Schiffe wurden von Kapitänen befehligt, die ihre Mannschaften mittels Hochachtung anstatt Angst zusammenhalten konnten, und einige der Schiffe sind jetzt Teil der Meeresgesellschaften. Die alten Gesellschaften haben neue Macht erlangt, nun da die kaiserlichen Schiffe sie nicht mehr plündern. Mit dieser Macht geht für sie eine neue Verantwortung einher, eine neue Station im Leben. Sie sind von Räubern zu Beschützern geworden, von Angreifern zu Bewachern.«
UrLeyn ließ den Blick über alle im Raum Anwesenden schweifen, wie er da blinzelnd auf der Terrasse aus schwarzen und weißen Fliesen unter dem hellen Schein von Xamis und Seigen in ihrer Mitte stand.
BiLeth nickte noch weiser als zuvor. »In der Tat, Herr. Ich habe oft…«
»Das Kaiserreich waren die Eltern«, fuhr UrLeyn fort, »und die Königreiche – und auch die Meeresgesellschaften zu einem geringeren Grad – waren die Kinder. Wir wurden für die meiste Zeit uns selbst überlassen, konnten unbeaufsichtigt spielen, es sei denn, wir veranstalteten zuviel Krach oder machten etwas kaputt; dann kamen die Erwachsenen und bestraften uns. Jetzt sind Vater und Mutter tot, die entartete Verwandtschaft streitet über das Testament, aber es ist zu spät, und die Kinder sind zu schnell erwachsen geworden, haben das Kinderzimmer verlassen und die Führung des Hauses übernommen. Tatsächlich haben wir die Baumbude verlassen, um den ganzen Staat zu übernehmen, meine Herren, und wir dürfen nicht allzuviel Mißachtung für jene an den Tag legen, die mit ihren Schiffchen im Teich spielten.« Er lächelte. »Das mindeste, was wir tun können, ist, den Botschafter so zu behandeln, wie wir wünschen würden, daß unsere Abgesandten behandelt werden.« Er versetzte BiLeth einen Klaps auf die Schulter, woraufhin der trotz seiner Größe
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