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Inversionen

Inversionen

Titel: Inversionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Wild, eine dunkle, hochaufragende Burg, ein geschäftiger Platz in der Stadt, ein Harem, ein Muster von Feldern, das eine überflutete Ebene unterteilte, und so weiter. Wenn die Themen schon ziemlich weltlich waren, so war es die künstlerische Ausführung eindeutig. Leute, die vom bemalten Zimmer gehört hatten – das selten geöffnet und noch seltener benutzt wurde – und die etwas ganz Besonderes erwarteten, waren einhellig enttäuscht. Die Gemälde waren, darin stimmte man allgemein überein, ziemlich langweilig und durchschnittlich.
    »Botschafter Oestrile«, sagte der Protektor. Er war auf seine übliche Weise bekleidet, mit der langen Jacke und der Hose, die er zur Mode gemacht hatte. Die alte Amtskette der Staatsoberhäupter von Tassasen, von der die Krone entfernt worden war, war das einzige Zugeständnis an den formellen Anlaß.
    »Sire«, sagte der Mann.
    UrLeyn glaubte im Verhalten des Botschafters ein wenig vom dem zu erkennen, was DeWar gemeint hatte. Im Ausdruck des jungen Mannes war so etwas wie ein leerer Glanz. Ein Gesicht mit so offenen Augen, einem so breiten Lächeln und so jungen, strahlenden glatten Zügen hätte eigentlich nicht so beunruhigend sein dürfen, wie es dennoch war. Der Mann war von durchschnittlichem Körperbau, sein Haar war kurz geschnitten und dunkel, allerdings rot gepudert nach irgendeiner Mode, die UrLeyn nicht kannte. Er trug einen feinen Schnauzbart für einen so jungen Menschen. Jung. Vielleicht lag es zum Teil daran, dachte UrLeyn. Botschafter waren für gewöhnlich älter und dicker. Nun, er sollte nicht vom Wandel der Zeiten und der Rollen sprechen und dann selbst in einem solchen Fall überrascht sein.
    »Eure Reise?« fragte UrLeyn. »Ich gehe davon aus, sie war unaufregend?«
    »Unaufregend?« wiederholte der junge Mann, sichtlich verwirrt. »Wie dieses?«
    »Ich wollte sagen: ohne Gefahren«, verdeutlichte der Protektor. »Eure Reise verlief ohne Gefahren?«
    Der Mann wirkte für einen Augenblick erleichtert.
    »Ah«, sagte er, lächelte breit und nickte. »Ja. Unaufregend. Unsere Reise verlief ohne Gefahren. Ganz ohne Gefahren.« Er lächelte erneut.
    UrLeyn fragte sich allmählich, ob der junge Mann ganz richtig im Kopf war. Vielleicht war er deshalb so jung für einen Botschafter, weil er der Lieblingssohn irgendeines vernarrten Vaters, und der Vater blind war für den Umstand, daß sein Junge etwas weich in der Birne war. Er sprach auch nicht besonders gut Imperialisch, aber UrLeyn hatte bei Angehörigen der nautischen Kräfte schon einige sonderbare Akzente gehört.
    »Nun, Botschafter«, sagte er und streckte die Hände zu beiden Seiten aus. »Ihr batet um eine Audienz.«
    Die Augen des jungen Mannes wurden noch größer. »Ja. Eine Audienz.« Er nahm langsam den Gürtel um seinen Hals ab und sah dann auf den polierten Lederzylinder in seinem Schoß hinab. »Zunächst, Sire«, sagte er, »habe ich ein Geschenk für Euch. Von Flottenkapitän Vritten.« Er blickte erwartungsvoll zu UrLeyn auf.
    »Ich muß gestehen, ich habe noch nie etwas von Flottenkapitän Vritten gehört, aber fahrt fort.«
    Der junge Mann räusperte sich. Er rieb sich den Schweiß von der Stirn. Vielleicht, dachte UrLeyn, hat er Fieber. Hier drin ist es zwar ein wenig warm, aber nicht so sehr, um einen Mann derartig zum Schwitzen zu bringen. Die Meeresgesellschaften verbrachten einen Großteil ihrer Zeit in den Tropen, es kann also nicht sein, daß er die Hitze nicht gewöhnt ist, Meeresbrise oder nicht.
    Der Kapitän öffnete die geknöpfte Seite des Zylinders und zog einen zweiten Zylinder heraus, ebenfalls aus goldgepunztem Leder gearbeitet, obwohl seine Enden aus Gold oder Messing bestehen zu schienen, und ein Ende sich verjüngte und mit einer Reihe von glänzenden Metallringen versehen war. »Was ich hier habe, Sire«, sagte der Botschafter und senkte den Blick auf den Zylinder, den er jetzt in beiden Händen hielt, »ist ein Seh-Stück. Ein Optiskop oder Teleskop, wie man diese Instrumente auch nennt.«
    »Ja«, sagte UrLeyn. »Ich habe von solchen Dingen gehört. Naharajast, der letzte kaiserliche Mathematiker, behauptete, ein solches zum Himmel gerichtet und dazu benutzt zu haben, seine Voraussagen bezüglich der Feuersteine, die im Jahr des Falls des Reiches niedergingen, zu machen. Letztens kam ein Erfinder – oder jemand, der behauptete, ein Erfinder zu sein – an unseren Hof und führte uns ein solches Ding vor. Ich habe selbst hindurchgeschaut. Es war interessant. Die

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