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Inversionen

Inversionen

Titel: Inversionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Tür her zu DeWar zurück. »Die Nähe des Todes weckt in mir solche Gefühle«, verkündete er. Er lachte, sah hinab auf die Blutspur und dann auf die schwarze Blutlache am Podest. »Ich hätte Leichenbestatter werden sollen.«

 
5. Kapitel
Die Ärztin
     
     
    Meister, es war jetzt ungefähr die Zeit des Jahres, wo sich der Hof in einen Zustand höchster Aufregung und Fieberhaftigkeit hineinsteigert, da sich jeder auf das sogenannte Zirkulirium, was in diesem Fall Umzug in den Sommerpalast bedeutete, vorbereitet. Die Ärztin war genau wie alle anderen mit ihren Vorbereitungen beschäftigt, obwohl man natürlich in ihrem Fall noch eine zusätzliche Aufregung hätte erwarten können, da dies ihr erstes Zirkulirium sein sollte. Ich tat alles in meiner Macht Stehende, um ihr zu helfen, obwohl ich darin eine Zeitlang durch ein Fieber beeinträchtigt war, das mich für ein paar Tage ans Bett fesselte.
    Ich gestehe, ich verbarg die Symptome meiner Krankheit, so lange ich konnte, da ich befürchtete, die Ärztin könnte mich für schwach halten, und auch weil ich von den Lehrlingen anderer Ärzte gehört hatte, daß ihre Meister – wie liebenswürdig und freundlich sie mit ihren zahlenden Patienten auch sein mochten –, wenn ihre hingebungsvollen Gehilfen schlecht dran waren, bis zum letzten Mann (und natürlich waren sie allesamt Männer) bekanntermaßen unduldsam und mitleidslos vorgingen.
    Doktor Vosill war jedoch während meiner Krankheit eine sehr angenehme und verständnisvolle Ärztin für mich und kümmerte sich um meine Bedürfnisse, als ob sie meine Mutter wäre (wofür sie allerdings, glaube ich, noch nicht alt genug ist).
    Ich werde nicht weiter auf meine kurze Unpäßlichkeit eingehen und hätte sie vielleicht gar nicht erwähnt, höchstens um meinem Meister zu erklären, warum eine Unterbrechung in meiner Berichterstattung eingetreten ist, wenn nicht die folgenden Umstände gewesen wären, die mir auffielen und die möglicherweise ein Licht auf die geheimnisvolle Vergangenheit der Ärztin werfen könnten, bevor sie vor zwei Jahren in der Stadt auftauchte.
    Ich befand mich, wie ich offen zugebe, auf dem Höhepunkt meiner Krankheit in einem sonderbaren Zustand, ohne Appetit, ungezügelt schwitzend und in eine Halb-Bewußtlosigkeit gefallen. Wann immer ich die Augen schloß, war ich überzeugt davon, seltsame und beängstigende Schemen und Gestalten zu sehen, die mich mit ihrem wahnwitzigen, unbegreiflichen Schweben und Tanzen peinigten.
    Meine größte Angst war, wie man sich vorstellen kann, ich könnte etwas aussprechen, das der Ärztin die Tatsache verraten würde, daß ich damit beauftragt war, über ihre Handlungen Bericht zu erstatten. Sicher, davon ausgehend, daß sie offenbar eine redliche und vertrauenswürdige Person ist, nach allem, was ich bisher gesehen und berichtet habe (und ganz offensichtlich unserem guten König treu ergeben), könnte es sein, daß eine solche Enthüllung keinen größeren Schaden nach sich ziehen würde, aber wie auch immer, ich werde natürlich die Wünsche meines Meisters achten und meine Mission geheimhalten.
    Seid also versichert, Meister, daß kein Wort oder Hinweis bezüglich dieser Aufgabe von mir geäußert wurde und die Ärztin so ahnungslos ist wie zuvor, was diese Berichte betrifft. Dennoch, auch wenn dieses wertvolle Vertrauen in meinem Inneren fest unter Verschluß geblieben ist, waren andere meiner normalen Gewohnheiten und Selbstbeschränkungen aufgrund des Einflusses des Fiebers aufgeweicht, und ich fand mich eines Tages auf meinem Bett in meiner Kammer, während die Ärztin – die gerade von einer Behandlung des Königs zurückgekehrt war (ich glaube, er hatte zu jener Zeit einen schlimmen Hals) – mir den in Schweiß gebadeten Oberkörper wusch.
    »Ihr seid zu gut zu mir, Doktor. Eine Krankenschwester sollte das machen.«
    »Eine Krankenschwester wird das machen, wenn ich wieder zum König abberufen werde.«
    »Unser lieber König! Wie sehr ich ihn liebe!« rief ich (was ernst gemeint war, wenn auch ein wenig peinlich).
    »Wie wir alle, Oelph«, sagte die Ärztin, während sie Wasser aus einem Tuch über meine Brust drückte und - mit einem, wie mir schien, nachdenklichen Blick – mir die Haut sauber rieb. Sie kauerte neben meinem Bett, das aufgrund des begrenzten Raums in meiner Kammer ein sehr niedriges ist.
    Ich sah der Ärztin ins Gesicht, das mir in diesem Augenblick traurig vorkam. »Keine Angst, Doktor. Ihr werdet ihn bei Gesundheit halten. Er

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