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Inversionen

Inversionen

Titel: Inversionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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der neuen Ordnung des Protektors – genau die Art von Mensch, die sich die Leute als Nachfolger aussuchen würden?«
    »Es gibt da noch den Jungen«, sagte Simalg und gähnte.
    »Dieses Gespräch ist unerfreulich«, sagte RuLeuin.
    »Nein«, widersprach ZeSpiole und sah RuLeuin an. »Wir müssen fähig sein, über solche Dinge zu reden. Jene, die Tassasen und UrLeyn übel wollen, schrecken vor solchen Gesprächen gewiß nicht zurück. Vor allem Ihr müßt Euch über solche Dinge Gedanken machen, RuLeuin. Ihr seid der Bruder des Protektors. Vielleicht wenden sich die Leute an Euch, falls er von uns genommen würde.«
    RuLeuin schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er. »Ich habe, an seinen Rockschößen hängend, bereits eine beträchtliche Stellung erreicht. Die Leute sind jetzt schon der Meinung, daß ich zu weit aufgestiegen bin.« Er sah zu Ralboute hinüber, der seinen Blick mit weit offenen, ausdruckslosen Augen erwiderte.
    »O ja«, sagte Simalg mit einer ausholenden Handbewegung, »wir Herzöge hegen eine entschiedene Abneigung gegen derartige auf der Geburt beruhende Zufälle.«
    »Wo ist der Hausbesorger?« sagte YetAmidous. »Yalde, sei ein Schatz, und hol die Musiker wieder her, sei so lieb, ja? Von diesem ganzen Gerede bekomme ich Kopfschmerzen. Wir brauchen Musik und Gesang!«
     
    »Hier!«
    »Da! Da ist er!«
    »Schnell! Fang ihn! Fang ihn! Schnell!«
    »Aah!«
    »Zu spät.«
    »Ich gewinne ich gewinne ich gewinne!«
    »Schon wieder gewinnst du! Welche Schlauheit in einem so jungen Kerl steckt!« Die Dame Perrund hob den Jungen mit ihrem unversehrten Arm hoch und setzte ihn schwungvoll neben sich in den Sessel. Lattens, UrLeyns Sohn, quietschte, als er gekitzelt wurde, dann stieß er einen Schrei aus und tauchte unter eine Falte im Gewand der Konkubine und versuchte sich zu verstecken, als DeWar, der den größten Teil des Besuchssalons des äußeren Harems im Laufschritt durchquert hatte, in dem vergeblichen Versuch, Lattens zu fangen, japsend und mit mürrischer Miene ankam.
    »Was ist das nur für ein Kind?« fragte er mit rauher Stimme.
    »Kind? Wieso, was für ein Kind soll das sein?« fragte die Dame Perrund, die Hand am Hals, die blaugesprenkelten Augen weit aufgerissen.
    »Ach, vergeßt es. Ich muß mich jetzt erst einmal hinsetzen, um wieder zu Atem zu kommen, nachdem ich den jungen Spitzbuben gejagt habe.« Ein Kichern war zu hören, als sich DeWar gleich neben dem Jungen, dessen Hosenbeine und Schuhe unter dem Gewand der Frau hervorsahen, niederließ. »Was ist das denn? Da sind ja die Schuhe dieses Wildfangs! Und seht nur!« DeWar packte Lattens’ Fußknöchel. Ein gedämpfter Schrei ertönte. »Und sein Bein. Ich möchte wetten, der Rest hängt da dran. Ja! Da ist er!« Die Dame Perrund zog die Falte ihres Kleides zurück, so daß DeWar den Jungen kitzeln konnte, dann zog sie ein Kissen von einem anderen Teil der Couch heran und schob es unter das Hinterteil des Jungen. Dort warf DeWar ihn um. »Weißt du, was mit Jungen geschieht, die beim Versteckspielen gewinnen?« fragte DeWar. Lattens, der die Augen weit aufgerissen hatte, schüttelte den Kopf und machte Anstalten, am Daumen zu lutschen. Die Dame Perrund hielt ihn sanft davon ab. »Sie bekommen«, brummte DeWar und kam sehr nahe an das Kind heran, »Süßigkeiten.«
    Die Dame Perrund reichte ihm die Dose mit den kandierten Früchten. Lattens quiekte vor Entzücken und rieb sich die Hände, wobei er in die Dose sah und sich zu entscheiden versuchte, was er zuerst essen sollte. Schließlich grapschte er sich eine Handvoll.
    Huesse, eine andere rotgewandete Konkubine, ließ sich schwer auf einer Couch gegenüber von DeWar und der Dame Perrund nieder. Auch sie hatte beim Versteckspiel mitgemacht. Huesse war Lattens’ Tante. Ihre Schwester war gestorben, als sie Lattens gegen Anfang des Erbfolgekrieges zur Welt gebracht hatte. Huesse war eine mollige Frau mit üppigen Formen und hellem, ungebändigt gelocktem Haar.
    »Und hast du heute schon Unterricht gehabt, Lattens?« fragte die Dame Perrund.
    »Ja«, antwortete der Junge. Er war von schmächtigem Körperbau, wie sein Vater, obwohl sein Haar den rötlichen Farbton seiner Mutter und seiner Tante aufwies.
    »Und was hast du heute gelernt?«
    »Noch mehr über gleichgeschenkelte Dreieckige und einiges in Geschichte, über Dinge, die sich früher einmal zugetragen haben.«
    »Ich verstehe«, sagte die Dame Perrund, wobei sie den Kragen des Jungen zurechtzupfte und sein Haar

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