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Inversionen

Inversionen

Titel: Inversionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Palasthügels standen. Die Zahl dieser Gebäude hatte immer mehr zugenommen, und die Abstände zwischen ihnen waren immer kleiner geworden, bis sie schließlich mit der alten Stadtmauer von Mizui, die die flache Senke des Tales gleich unterhalb des Palastes ausfüllte, verschmolzen waren. Zu beiden Seiten von Mizui sah man am Talboden zahlreiche Bauernhöfe, Felder und bewässerte Wiesen, während sich dahinter sanfte, bewaldete Hügel erhoben, ihrerseits wiederum überragt von den gerundeten, schneebedeckten Bergen in der Ferne.
    Der König war tatsächlich während der Jagd in der Nähe von Lep-Skatacheis von seinem Reittier gefallen (obwohl dies am letzten Tag unseres dortigen Aufenthalts geschehen war, nicht am ersten), und seither humpelte er mit einem schlimm verstauchten Knöchel herum. Die Ärztin hatte dem Knöchel einen straffen Verband angelegt und alles in ihrer Macht Stehende getan, doch die Pflichten des Königs waren dergestalt, daß er die Beine nicht ruhen lassen konnte, so wie es die Ärztin gewünscht hätte, und deshalb zog sich die Heilung eine geraume Zeit hin.
    »Du da, ja, noch etwas Wein. Nein, nicht dieses Zeug. Das da. Ach, Adlain. Kommt und setzt Euch zu mir.«
    »Majestät.«
    »Wein für den Wachkommandanten. Los jetzt! Du mußt schneller sein. Ein guter Diener muß die Wünsche seines Herrn erfüllen, noch bevor sie ausgesprochen sind. Stimmt das nicht, Adlain?«
    »Das wollte ich soeben auch sagen, Hoheit.«
    »Gewiß. Was gibt es Neues?«
    »Oh, überwiegend die üblichen Unbilden der Welt, Hoheit. Kaum dazu angetan, an einem so schönen Ort wie diesem erwähnt zu werden. Sie könnten die Aussicht verderben.«
    Wir befanden uns im Verborgenen Garten hinter dem Großen Palast, beinahe auf der Kuppe des Hügels. Die rote, von Kriechgewächsen überwucherte Gartenmauer verbarg den größten Teil der höchsten Türme des Palastes. Die Aussicht von dem kleinen hängenden Tal, in dem sich die Gärten befanden, führten das Auge hinunter zu der fernen Ebene, die durch die Weite blau wirkte und im Licht des Himmels am Horizont verblaßte.
    »Irgendein Anzeichen von Quettil?« fragte der König. »Er sollte mir eigentlich irgend etwas vorführen. Natürlich, bei Quettil muß alles in Szene gesetzt werden. Nichts geschieht einfach so. Zweifellos stehen wir kurz davor, in den zweifelhaften Genuß seines pompösen Auftretens zu kommen.«
    »Herzog Quettil ist gewiß keiner, der leise murmelt, wenn ein Schrei mehr Aufmerksamkeit auf sich zieht«, pflichtete Adlain bei, wobei er den Hut abnahm und ihn auf den langen Tisch legte. »Aber soweit ich weiß, ist die Landkarte, die er Euch vorzulegen beabsichtigt, eine ganz hervorragende Arbeit, und ihre Anfertigung hat lange Zeit in Anspruch genommen. Ich rechne damit, daß wir alle zutiefst beeindruckt sein werden.«
    Herzog Quettil bewohnte den Herzogpalast innerhalb des Geländes, das Palasthügel hieß. Die Provinz und das Herzogtum Quettil, von denen die Stadt Mizui und die Yvenage-Berge nur ein bescheidener Teil waren, unterstanden ausschließlich seiner Oberherrschaft, und er stand in dem Ruf, sich nicht zu scheuen, seine Macht auszunützen. Er und sein Gefolge sollten den Verborgenen Garten kurz nach dem Läuten der Mittagsglocke betreten, um dem König die neue Landkarte vorzulegen.
    »Adlain«, sagte der König. »Kennt Ihr den neugekürten Herzog Ulresile?«
    »Herzog Ulresile«, sagte Adlain zu dem dünnen, fahlen Jüngling zur Linken des Königs. »Ich war sehr betroffen, als ich das von Eurem Vater gehört habe.«
    »Danke«, sagte der Junge. Er war kaum älter als ich und stellte körperlich weniger dar – man hätte ihn eher mickerig nennen können. Die elegante Kleidung, die er trug, wirkte an ihm zu groß, und er machte insgesamt einen unbehaglichen Eindruck. Er mußte, dachte ich, sich erst noch das Aussehen eines mächtigen Mannes zulegen.
    »Herzog Walen«, sagte Adlain und verbeugte sich vor dem älteren Mann, der zur Rechten des Königs saß.
    »Adlain«, sagte Walen. »Ihr seht so aus, als ob Euch die Gebirgsluft gut bekäme.«
    »Die Luft, die mir nicht bekäme, muß erst noch gefunden werden; danke, Herzog.«
    König Quience saß an einem langen Tisch unter einer schattenspendenden Pergola, in der Begleitung der Herzöge Walen und Ulresile, einer unbedeutenden kleinen Meute niedriger Adliger und verschiedener Bediensteter, einschließlich zweier Palastdienerinnen, Zwillingsschwestern, die sich zum Verwechseln ähnlich sahen

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