Irgendwas geht immer (German Edition)
möglicherweise ein wenig verplappert haben könnte. Er fragte mich, ob ich etwas über seine Vergangenheit wisse. Und, wenn ja, was genau dies sei.
»Oh, Wilson«, versuchte ich, ihn zu beschwichtigen, »keine Angst, ich werde niemandem von deinem Geheimnis erzählen. Mein lieber, lieber Junge. So viel Leid, das du erdulden musstest …« Ich streckte die Hand aus, um ihm über die Wange zu streichen, doch er wich zurück, sprang auf und stürzte davon. Ich fürchte, ich sah eine Träne in seinem rechten Auge glitzern. Und eine zweite in seinem linken.
Oje!
EINUNDFÜNFZIG
DORA
Könnte bitte mal jemand die letzten drei Stunden meines Lebens zurückdrehen? Dieses Theorieexamen hat mir ganz klar gezeigt, womit ich mich nicht für den Rest meines Lebens beschäftigen möchte. Nur über meine Leiche. Ich habe keine Ahnung, wie ich auf die Idee gekommen bin, Ernährungswissenschaften könnte das Richtige für mich sein. Ich meine, wer bitte schön kocht heute noch?! Ich werde es jedenfalls nicht tun. Punkt. Wozu also sollte ich dann all diesen Schwachsinn wissen, den sie mir in diesem Kurs beigebracht haben?
Meine Aufgabe war: Beschreiben Sie die Nährstoffzusammensetzung von Eiweiß und Eigelb. Hä? Wie bitte? Hey, Mister Superprüfer, frag dich doch selbst mal. Wieso sollte ein normaler Mensch so was wissen wollen? Niemand muss diesen Schwachsinn wissen. Wieso fragen Sie also so einen Scheiß, Sie Volltrottel? Okay, mal überlegen. Vielleicht müsste ich die Nährstoffzusammensetzung ja wissen, wenn ich
Professor für Ernährungslehre,
Omelette-Chefkoch oder
ein Huhn wäre.
Da ich aber keines davon bin, kann es ja wohl nicht wichtig sein, oder?! He, merkt euch das, ihr Lehrer- und Prüferidioten: Ich werde niemals ein Ei kochen, kapiert? Also lasst mich mit euren dämlichen Scheißfragen in Ruhe. Das kümmert mich einen Dreck. Kein Interesse. Null. Zero. Erzählt diesen Blödsinn doch eurer Großmutter. Oder eurer Tante. Oder eurer Cousine. Oder eurer Nachbarin. Oder der Metzgersfrau an der Ecke. Oder dem pakistanischen Blumenhändler im Pub. Total scheißegal. Aber nicht Dora Battle. Weil Dora Battle dieser Schwachsinn nämlich am Arsch vorbeigeht.
Am Ende habe ich hingeschrieben, dass ein Eigelb ungefähr 60 Kalorien hat und die Vitamine A , B 1, B 2, D und E enthält. Das Eiweiß enthält kein Fett und etwa 4 Gramm Protein. Mehr weiß ich nicht. Debbie Gabb meinte, das sei die richtige Antwort gewesen, und Debbie hat’s echt drauf, deshalb habe ich wohl wenigstens zwei Punkte. Nicht dass mich das auch nur ansatzweise interessieren würde.
Das Gute war, dass direkt nach dieser Prüfung offiziell die Schule beendet war. Wir sind alle total ausgeflippt. Alle haben sich umarmt und geküsst und geschrien und so, und dann haben wir uns gegenseitig »Bleib, wie du bist« und »Ernährungsschlampe« und so einen Scheiß auf die T-Shirts geschrieben. Es war echt abgefahren. Ich hab meine Haare zu einem Zopf zusammengenommen und wie eine Ananas auf meinem Kopf aufgetürmt. Normalerweise mache ich so was nie, weil man dann die Ansätze sieht, aber da … ich habe mich so frei gefühlt. Ich kann nicht fassen, dass ich nie wieder Unterricht haben werde. Für den Rest meines Lebens. Nie wieder lernen! Gar nichts! Wahnsinn!!!
Ich und Lottie haben uns umarmt, und dann hat sie mir eine kleine rosa Schachtel überreicht und gemeint, ich solle sie aufmachen. Und was lag drin? Dieser supertolle Spiegel mit den aufgeklebten Verzierungen und einem Schildchen, auf dem steht: »Sieh in diesen Spiegel, dann siehst du die beste Freundin aller Zeiten, was auch passiert.« Ich konnte es echt nicht glauben und musste sofort weinen.
Ich hatte nur diesen Zehenring für sie, der ihr so gut gefallen hat, als wir an ihrem Geburtstag bei Oracle in Reading shoppen waren. Ich musste ihn Dad ganz genau beschreiben, damit er hinfährt und ihn für mich besorgt (Oh Gott, beschreib mal einem alten Mann ohne jeden Sinn für Mode, wie ein Zehenring aussieht. Aber, hey, er hat den richtigen mitgebracht und ihn auch noch bezahlt, deshalb will ich nicht meckern), aber ihr Geschenk ist so genial und zeigt, dass sie sich total viele Gedanken gemacht hat. Das ist soooo typisch für sie. Kein Wunder, dass sie meine beste Freundin ist. So was kann sonst niemand. Sie ist echt unglaublich. Eine bessere Freundin als sie kann man gar nicht haben.
Dann bin ich nach Hause gefahren und habe mein Ballkleid für nächste Woche anprobiert. Es ist so …
Weitere Kostenlose Bücher