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Irgendwas geht immer (German Edition)

Irgendwas geht immer (German Edition)

Titel: Irgendwas geht immer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn French
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Theorie«, sagte ich zu ihm.
    »Ich möchte damit auch nicht andeuten, dass du tatsächlich die Absicht hast, sie zu töten, sondern lediglich etwas unterdrückst oder sabotierst, indem du dich betont von ihnen distanzierst. All das ist reine Provokation und nichts als eine Phase.«
    Oh, am liebsten wäre ich auf der Stelle in ein tiefes Loch verzweifelter, finsterer Depression gefallen, hätte ich nicht meinen Hauptgewinn direkt vor Augen gehabt. Einen Hauptgewinn, der, so muss ich allerdings leider zugeben, mit jedem Wort, das aus seinem Mund drang, an Reiz verlor und seinen einstigen Glanz, der mich so magisch angezogen hatte, weiter einzubüßen drohte. Ich hob die Hand und legte sie auf seine Lippen, um der Flut an Unsinnigkeiten Einhalt zu gebieten. Meine Geste schien ihn zu überraschen. Ich musste die Gunst der Stunde nutzen, konnte diese Charade keine Sekunde länger aufrechterhalten.
    »Schweig still, mein Herz, du plapperst nur«, sagte ich – sehr galant, wie ich meine. »Ich verstehe, dass du nervös bis, Geliebter, denn ich bin es ebenfalls, ob du es glauben magst oder nicht. Siehst du, wie ich bebe? Lass uns dieser Charade doch ein Ende machen. Geben wir einfach zu, dass diese Magie zwischen uns schwelt. Ich kann nicht länger mein Gefühl der Liebe für dich umkreisen wie ein Planet die Erde. Lass uns das Kind beim Namen nennen. Folge mir in das Labyrinth der Liebe. Küss mich, Noel, ich flehe dich an. Küss mich, verflucht, jetzt sofort!«
    Noel sprang von seinem Stuhl hoch und starrte mich an – scheinbar nicht im mindesten überrascht. »Peter – Oscar oder wie auch immer du dich nennen magst, das ist ein riesiges Missverständnis, Kumpel. Du hast da etwas falsch verstanden. Du bist sechzehn, Herrgott noch mal!«
    Worauf ich laut, wahrscheinlich zu laut, erwiderte: »Ich bin kein Kind mehr. Ich bin ein Gentleman mit sämtlichen Wünschen und Sehnsüchten eines Erwachsenen, der rein zufällig von dir hingerissen ist, du alberner böser Junge!«
    In diesem Augenblick kam Mama hereingestürmt. Dabei hat sie mir beigebracht, dass es unhöflich und falsch ist, den Raum zu betreten, wenn sich ein Patient darin befindet. Trotzdem tat sie es. Was für eine Unverschämtheit! Sie platzte mitten in meinen Ausbruch hinein und fuhr in ihrer gewohnt brüsken Art einfach dazwischen, wie wir alle es schon häufig in heiklen Momenten erleben durften.
    »Oscar, hör sofort auf, dich wie ein Verrückter aufzuführen. Das ist nicht lustig. Du bist ein Schuljunge (autsch), der für Noel schwärmt (autsch), aber das ist völlig lächerlich. Noel hat keinerlei Interesse an dir (autsch), also hör auf mit dem Unsinn.«
    Ich blickte zu meinem Geliebten hinüber, der den Blick auf den Teppich geheftet hielt. (Dieser schauderhafte Teppich. Ich habe Mama bereits unzählige Male beschworen, endlich diese grässlichen Dinger aus der Praxis zu entfernen, da sie jeden Ansatz harmonischer Gedanken völlig unmöglich machen.) »Noel«, sagte ich. »Ist das wahr? Nach allem, was wir gemeinsam durchlebt haben?«
    Der Ausdruck auf seinem Gesicht sagte mir, dass er nicht der Ansicht war, dass wir irgendetwas »gemeinsam durchlebt« hatten. Gütiger Himmel, was für ein oberflächlicher Narr. Erst jetzt begreife ich, dass ich niemals einen so oberflächlichen Menschen lieben könnte. Vielmehr brauche ich jemanden mit Tiefgang. Gewaltigem Tiefgang sogar.
    »Peter«, sagte er schließlich. »Zwischen uns war nichts, ist nichts und wird auch nie etwas sein, Kumpel. Ich bin … nicht so.«
    Was mochte er mit »so« wohl meinen? Nicht so … einzigartig? Ist es das? Nicht so faszinierend? Nicht … aufregend? Nicht … klug? Nicht … bezaubernd ? Und wäre das allein nicht schon beschämend genug, hatte er mich auch noch »Kumpel« genannt. Zweimal! Wie kann er es wagen, zu glauben, ich sei sein »Kumpel«?! Aahh. Wie tief kann ein Mensch sinken.
    »Ich bin nicht Ihr Kumpel, Sir. Und werde es auch niemals sein«, gab ich zurück. »Sie sollten sich in Ihre Unterkunft zurückziehen und über das gewaltige Ausmaß dessen nachdenken, was Ihnen entgeht. Und wagen Sie es nicht, noch ein einziges Mal an meine Türe zu klopfen, Sie unzulänglicher, schändlicher Schuft. Los, geh doch zurück nach Mordor, du … Kiwi …!«
    Dies war der Augenblick, als Mama einschritt und mich von diesem grässlichen Ort fortbrachte. Sie führte mich in ihr Zimmer, wo ebenfalls einer dieser weinroten Teppiche liegt. (Diese hässlichen Dinger liegen

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