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Irgendwo da draußen - Kriminalroman

Irgendwo da draußen - Kriminalroman

Titel: Irgendwo da draußen - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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auch erbost, und zwar darüber, dass er für Koslowskis Tod nicht ein Fitzelchen Mitgefühl aufbrachte. Nach einem kurzen Moment des Erstaunens hatte er das Ereignis abgehakt und war zum Geschäftlichen übergegangen, so, als ob das alles nichts weiter wäre als ein lästiger Betriebsunfall. Wir wurden beide lauter und unfreundlicher, und dann endete das Telefongespräch damit, dass ich den Hörer auf die Gabel knallte.
    Der Himmel über dem Kreuzviertel färbte sich morgendlich grau. Ich fühlte mich fit wie eine ausgepresste Zitrone, ich war todmüde und hatte gleichzeitig Angst, die Augen zu schließen. Ich wusste, dass ich Koslowskis weißes Leichengesicht sehen würde, garniert mit einem schwarzen Loch an der Schläfe.
    Als Kompromiss legte ich mich zwei Stunden ins Bett und starrte an die Decke.
    Nachdem ich mich wieder angezogen und eine Kanne Kaffee gekocht hatte, starrte ich zur Abwechslung in die Kaffeetasse. Wahrscheinlich wäre ich den ganzen Tag so sitzen geblieben, wenn mich nicht Katja Lahrmann-Tiemen gestört hätte.
    Sie musterte kurz meine vermutlich blutunterlaufenen Augen und sagte: »Ich habe etwas für Sie.«
    »Nehmen Sie doch erst mal Platz!«, schlug ich vor. Statt ins Besprechungszimmer schlurfte ich in den Büroraum zurück. Dort konnten wir ja niemanden mehr bei der Arbeit stören. Als sie sich auf Koslowskis Stuhl setzte, kroch mir ein komisches Gefühl den Rücken hinunter.
    Ich durfte ihr dabei zusehen, wie sie ein Scheckformular ausfüllte. »Was machen Sie da?«
    »Das sehen Sie doch. Ich stelle einen Scheck aus.«
    »Wofür?«
    »Wie nannten Sie es gleich? Das Fünf-Tage-Paket. Mein Mann hat herzhaft gelacht, als ich ihm davon erzählte.«
    »Der Auftrag ist noch nicht abgeschlossen, Frau Lahrmann-Tiemen. Ich habe zwar gewisse Fortschritte erzielt, aber …«
    »Der Auftrag ist abgeschlossen, Herr Wilsberg.« Sie schob den Scheck auf meine Schreibtischseite. Ich las tausendfünfhundert in Buchstaben und Zahlen.
    »Damit sind wohl alle Spesen und sonstigen Auslagen abgedeckt.«
    »Das ist sehr großzügig von Ihnen, Frau Lahrmann-Tiemen. Trotzdem würde mich interessieren, warum ich meine Arbeit beenden soll.«
    Sie verstaute ihren silbernen Markenkugelschreiber in der Handtasche. »Das will ich Ihnen sagen: Ich habe nicht damit gerechnet, dass Sie meine Eltern belästigen.«
    »Ich muss das Umfeld Ihrer Schwester abklären. Das gehört zur normalen Detektivarbeit.«
    »Mag sein, dass das für Sie normal ist. Ich nenne es unsensibel. Meine Mutter hat sehr unter dem Tod meiner Schwester gelitten. Durch Ihren Besuch haben Sie sie völlig verstört. Seitdem liegt sie im Bett und will mit niemandem reden. Wie Sie sich vorstellen können, ist mein Vater darüber ziemlich aufgebracht.«
    Ich schwieg. Was war anderes von einem Tag zu erwarten, der mit einer Katastrophe begonnen hatte?
    »Aber ich mache Ihnen keine Vorwürfe.« Anscheinend entging ihr der Widerspruch. »Es war mein Fehler. Ich hätte meinen Vater vorher informieren sollen.«
    »Schade«, sagte ich. »Ich habe den Therapeuten, der Corinna hypnotisiert hat, bereits ausfindig gemacht.«
    In ihren Augen flackerte Interesse auf. Sofort rief sie sich zur Ordnung. »Ich will den Namen nicht wissen.«
    »Ihnen stehen noch drei Tage meiner Arbeitszeit zu. Ich könnte versuchen, ihm das Handwerk zu legen.«
    »Nein.«
    »Ihre Schwester war nicht die Einzige, die zu ihm gegangen ist.«
    »Jeder ist für sich selbst verantwortlich. Ich bin keine Samariterin, Herr Wilsberg. Legen Sie ihm das Handwerk, falls Sie nicht wissen, was Sie mit Ihrer Zeit anfangen sollen. Aber berufen Sie sich nicht auf mich.«
    Sie stand auf, und ich brachte sie zur Tür. Ihre Kleidung war tadellos und genauso teuer wie das Parfüm, nach dem sie roch.
    »Vielen Dank für den Scheck, Frau Lahrmann-Tiemen.«
    Sie drehte sich nicht um. Eine Klassefrau.
    Mir war nicht danach, weiter in die Kaffeetasse zu starren. Ich brauchte auch keine Gespräche, die ähnlich distanziert verliefen wie die diplomatischen Kontakte zwischen dem Irak und den USA. Ich musste mit jemandem reden.
    Sie meldete sich nach dem dritten Klingeln.
    Ich sagte: »Franka, du brauchst doch einen Job. Ich meine, ich habe … Es gibt jetzt so viel zu regeln, und da dachte ich …«
    »Was ist los, Georg?«, fragte sie besorgt. »Du bist ja völlig neben der Spur.«
    »Koslowski ist tot.«
    »Was?«
    »Erschossen, heute Nacht, in den Rieselfeldern.«
    »Ich komm vorbei, ist dir das recht?«
    »Das ist

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