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Irgendwo da draußen - Kriminalroman

Irgendwo da draußen - Kriminalroman

Titel: Irgendwo da draußen - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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Franka. »Außerdem«, sie riss die Augen auf, »ich habe keine psychischen Schwierigkeiten.«
    »Was oder wer auch immer Corinna Lahrmann getötet hat – die Gesundheit der Lebenden geht vor«, entschied ich. Und dann erzählte ich von meiner Verabredung mit der anonymen Frau Schmidt. »Ich hoffe, sie als Zeugin gegen Angernagel zu gewinnen. Mit ihrer und deiner Aussage müsste es gelingen, Angernagel die Lizenz zum Therapieren zu entziehen. Mehr können wir nicht erreichen.«
    Franka blickte versonnen. »Abwarten! Wir reden nächste Woche noch mal darüber.«
     
    Ich war so gespannt, als hätte ich eine Kontaktanzeige aufgegeben: Unternehmungslustiger Single im besten Alter sucht weibliche Bekanntschaft für zerstreuende Stunden, spätere Gefühle nicht ausgeschlossen. Was würde der entscheidende Moment der ersten Begegnung bringen, Hit oder Niete, eine freudige Überraschung oder eine Enttäuschung, würde ich ihr mein Briefmarkenalbum zeigen wollen oder unentwegt auf die Uhr schielen?
    Es ist nur eine geschäftliche Verabredung, redete ich mir ein. Abendliche Telefongespräche hin oder her, die Frau ist Teil deines Jobs, also verhalte dich gefälligst nicht wie ein verklemmter Theologiestudent.
    Eine große blonde Frau betrat das Alcatraz und blickte sich suchend um. Sie hatte das Haar am Hinterkopf zusammengesteckt und trug eine weiße Bluse unter einer schwarzen Strickjacke. Ich erkannte sie sofort. Es war eine der Studentinnen aus dem Doktorandenkolloquium von Professor Klas Evert Ebertien. Und sie sah so aus, wie ich mir die Antwort auf eine Kontaktanzeige erträumen würde.
    Sie trat an meinen Tisch. »Guten Abend, Georg Wilsberg.«
    Ich stand ebenfalls auf. »Frau Schmidt?«
    Sie lächelte spitzbübisch. »Sagen Sie Claudia zu mir!«
    »Ist das Ihr richtiger Name?«
    Sie nickte.
    »Und den Nachnamen verraten Sie nicht?«
    »Noch nicht.«
    Wir setzten uns und bestellten etwas zu trinken. Ich nahm einen Kakao, sie ein Glas Rotwein.
    »Antialkoholiker?«
    »Seit einiger Zeit, ich meine, ich trinke nur gelegentlich«, verhaspelte ich mich.
    Sie zog eine Augenbraue hoch.
    »Ich hab mal viel zu viel getrunken«, gestand ich. »Deshalb lasse ich es lieber ganz.«
    »Um einen klaren Kopf zu behalten?«
    »Ja, ein klarer Kopf ist manchmal viel wert.«
    Kaum zu glauben, dass diese kühl und überlegt wirkende Frau dieselbe sein sollte, die gestern Abend so herzerweichend geweint hatte. Als hätte sie meine Gedanken erraten, sagte sie: »Entschuldigen Sie, dass ich gestern ausgerastet bin. Es war einfach zu viel für mich. Heute geht’s mir wieder besser.«
    »Und das Implantat in der Nase?«, fragte ich beiläufig.
    »Das ist noch drin. Irgendwann nehmen sie es wieder heraus. Aber im Moment denke ich nicht daran.«
    Keine Sinnestäuschung. Die Frau war verrückt. Eindeutig.
    »Enttäuscht?« Wieder zeigte sie dieses kleine, spöttische Lächeln. »Haben Sie gehofft, ich würde Ihnen gestehen, dass ich mir die Außerirdischen und ihre Entführungsaktionen nur eingebildet habe?«
    »Nein«, sagte ich gedehnt.
    »Diesen Gesichtsausdruck kenne ich. Alle meine Freunde haben mich so angeguckt: Schade, dass Claudia durchgetickt ist. «
    Ich schwieg, weil ich nicht lügen wollte.
    »Ich bin nicht verrückt, Herr Wilsberg.«
    »Georg«, schlug ich vor.
    Sie legte ihre Hand auf meine. »Es ist real. Sie sind da, hier und jetzt. Ich wünschte mir, du würdest mir glauben.«
    Ich schluckte. »Wenn du es sagst.«
    Sie zog ihre Hand weg. Die Trennscheibe hatte sich gehoben und wieder gesenkt.
    Die Kellnerin brachte unsere Getränke, und wir nippten höflich daran. Dann erkundigte sich Claudia mit distanzierter Stimme nach den Ermittlungen, den Mord an Koslowski betreffend. Ich antwortete ebenso sachlich, dass sich noch nichts Neues ergeben habe, die Polizei und ich aber weiter davon ausgingen, dass der Mord mit Koslowskis letztem Job zusammenhinge. Während des anschließenden Schweigens überlegte ich, ob ich ihr von Frankas Auftritt bei Angernagel erzählen sollte. Würde sie es als erneuten Beweis dafür ansehen, dass ich ihre Erfahrungen mit den Außerirdischen nicht ernst nahm? Andererseits konnte ich meine Ungläubigkeit ohnehin nicht verbergen. Ich ging das Risiko ein.
    Zu meiner Überraschung reagierte Claudia gelassen: »Ja, das traue ich Angernagel zu. Er nutzt andere schamlos aus, wenn es ihm zu seinem Vorteil gereicht.«
    »Aber was ist sein Vorteil?«
    »Begreifst du das nicht? Er will der Guru der Bewegung sein.

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