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Irgendwo dazwischen (komplett)

Irgendwo dazwischen (komplett)

Titel: Irgendwo dazwischen (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Freytag
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Übersetzt
bedeutet das, dass er ziemlich darauf eingegangen sein muss.
    „Nimm ein wenig Abstand von ihm... Zeig ihm, dass du ihn nicht
brauchst... Er wird schon merken, dass er sich nicht so verhalten kann“, sage
ich, ohne meinen Kiefer übermäßig zu bewegen.
    „Sag lieber nichts. Es tut mir so Leid, dass dir das passiert ist.
Und ich rede nur von meinen Problemen. Also es sind ja keine Probleme... ach,
wem mache ich was vor. Du kennst mich sowieso...“ Danke Emma. „Elias
schaut auch nicht besonders gut aus... also nicht halb so schlimm wie du“ – na,
vielen Dank – „aber sein Veilchen ist auch nicht ohne.“ Endlich sind wir
bei dem Thema, wo ich hin wollte. Elias. Warum will ich überhaupt über Elias
reden? Hör auf Gehirn. Ich will nichts von Elias. Aber vielleicht hat er ja
doch leider nicht gesagt. „Hörst du mir zu? Du bist so abwesend“,
durchbricht Emmas Stimme meine Gedanken.
    „Ähm, ich habe mir nur gerade Elias mit einem Veilchen
vorgestellt“, lüge ich.
    „Ja, schaut schlimm aus... Er war jeden Tag da, aber du warst so
weggetreten, dass du nichts davon mitbekommen hast, nehme ich an... Ich war
natürlich auch täglich hier...“, sagt sie mit einem sanften Lächeln. Vielleicht
war es doch Elias, der meine Hand gehalten hat. „Und Marie war da. Wir haben
uns mit Händchen halten abgewechselt.“. So schnell können Träume platzen.
    „Marie war da?“, heuchle ich Interesse.
    „Ja, war sie. Warte, da ruft jemand an... hmmm... Clemens. Soll
ich rangehen?“, fragt Emma. Ich liebe Emma, wenn sie unsicher ist. Das macht
sie so menschlich. Sogar perfekte Menschen sind dann und wann unsicher. Ich
nicke. Sie atmet tief ein, nimmt ihr Haar mit der linken Hand zusammen und
schließt kurz die Augen, bevor sie hingeht. Clemens hat es ihr wirklich
angetan. „Hallo... Ja... Wenn du möchtest... Du kannst machen, was du willst...
Wo ich bin? Unterwegs... Nein, ich weiß noch nicht, wann ich zu Hause bin...
Klar kannst du übernachten... ich weiß es eben noch nicht... Nein, ich kann dir
nicht sagen, wann... Bitte eng mich nicht ein... Nein, ich bin nicht bei einem
anderen Kerl... Ist gut, ich melde mich dann später.“ Gut gemacht, Emma. „War
das zu unterkühlt?“, fragt sie mich.
    „Das war perfekt“, hauche ich, und das zustimmende Lächeln lässt
meinen lädierten Kiefer leicht knacken.
    „Oh Gott, das klingt ja grauenhaft.“ Ihr Gesichtsausdruck ist eine
Mischung aus erschrocken und leicht angewidert. „Wann kommst du denn wieder
raus?“.
    „In einer Woche. Die Operation lief gut“, murmle ich kaum hörbar.
    „Ende der Besuchszeit. Es ist neun Uhr. Junge Dame, ich muss Sie
bitten zu gehen. Fräulein Richter muss sich erholen. Morgen können Sie ja gerne
wieder kommen... jetzt aber husch husch...“, erklingt die glockenhelle Stimme
der Nachtschwester.
    Diese Frau war eine gute Wahl, wenn man Gäste schnell vertreiben
will. Keiner lässt sich von dieser Stimme zwei Mal bitten zu gehen. „Also,
Kleines, ich mach mich dann mal los...“, sagt Emma und verdreht die Augen in
Richtung Nachtschwester. Kleines. Mein Gott. Ein winziges Wort und ich
bekomme Schweißausbrüche. Warum ist Elias heute nicht gekommen. Heute wäre ich
wach gewesen...
     
    Emma
    Es war schön, einmal wieder mit Lili zu reden. Ich hatte das
Gefühl, zum ersten Mal seit Langem wieder ich selbst zu sein. Ich habe mich
wohl gefühlt und echt. Und ich habe wieder einmal bemerkt, dass es Menschen
gibt, die wirklich viel von mir und meinem Wesen halten. Obwohl Lili das Recht
hätte, das anders zu sehen. Und wieder denke ich nur an mich. Sie liegt da in
einem kargen Zimmer, ganz allein, und ich denke an mich. Wäre ich im
Krankenhaus, Clemens würde an meinem Krankenbett sitzen und meine Hand halten.
Er wäre jeden Tag da und würde sich sorgen. Zumindest rede ich mir das ein, und
es ist ein schönes Bild. Zu Lili kommt kein besorgter Freund, der über ihre
Wange streichelt. Gut, Elias war da, aber auch nur, weil er ein schlechtes
Gewissen hatte. Ich meine, vielleicht war er es, der ihr den Kiefer gebrochen
hat. Da hätte ich auch ein schlechtes Gewissen.
    Und doch spukt die Frage in meinem Kopf herum, ob er doch noch aus
einem anderen Grund jeden Tag bei ihr war. Aber dann beschwichtige ich mich
wieder damit, dass Elias sechs Jahre älter ist als Lili. Und damit, dass Elias
jede haben könnte, warum sollte er da ausgerechnet Lili wollen? Und außerdem,
nur weil Lili einmal in ihn verliebt war, heißt das doch

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