Irgendwo dazwischen (komplett)
wir uns bewegen.
Dann der Moment, der der Anfang und das Ende ist. Innerhalb von
Sekunden, werde ich von der schönsten Qual erlöst. Mit einem lauten Knall
bricht es aus mir heraus. Ich kann nicht sagen, was ich gesagt habe, ob ich
überhaupt etwas gesagt habe, doch ich spüre mich wie nie zuvor. Ein letztes Mal
bewegt sie sich, dann fällt sie über mir zusammen. Noch immer sind unsere
Lippen auf einander gepresst, noch immer drücken ihre Brüste auf meine. Noch
immer spüre ich ihren Herzschlag.
Es ist vorbei. Ich kann mich nicht erinnern, mich jemals
lebendiger gefühlt zu haben. Die Frau, die ich liebe, liegt auf mir, warm und
weich. Doch ich weiß, sie ist nicht lesbisch. Zu sehr war sie in Elias
verliebt. Zu sehr hat sie von ihm geschwärmt. Sie hat es über die Maßen
genossen. Und das ist schön. Doch es war nicht dasselbe für sie wie für mich.
Und weil es so wehtut, versuche ich diesen Gedanken aus meinem Kopf zu
verbannen, um den Moment so lange wie möglich genießen zu können. Denn er wird
vermutlich nie wieder kommen.
Lili
Die ganze Woche vergeht. Und kein einziges Mal kommt Elias. Auch
wenn ich sonst haufenweise Besuch bekomme, kann ich mich nicht wirklich darüber
freuen. Emma besucht mich jeden Tag. Marie auch. Ihre Mutter und deren
Lebensgefährtin hatten mal wieder riesigen Krach. Das ist nichts
Ungewöhnliches. Maries familiäre Verhältnisse sind, na ja, sagen wir
ungewöhnlich. Maries Eltern, Markus und Karin Schuster, sind glücklich
verheiratet, kaufen ein Reihenhäuschen und bekommen eine zauberhafte, kleine
Tochter. Das Glück scheint perfekt. Bis Karin Schuster sich in ihre
Yogalehrerin Lara verliebt, die Scheidung einreicht, das Reihenhausleben hinter
sich lässt, und mit der neuen Frau an ihrer Seite ein neues Leben beginnt.
Marie war damals neun. Nun ja, und seitdem leben Karin, Lara und Marie zusammen
in einer Loftwohnung in der Innenstadt. Marie und ihr Vater haben ein gutes
Verhältnis. Und inzwischen redet er auch wieder mit seiner Exfrau. Das muss für
ihn schon ein ziemlicher Schock gewesen sein, als seine Frau ihm verkündet hat,
dass sie beim Yoga nicht nur ihre innere Mitte entdeckt hat.
Marie ist ganz anders als Emma. Die beiden verstehen sich zwar
gut, doch Marie und ich kommen noch um einiges besser klar. Wir haben eine sehr
enge Freundschaft. Nicht enger als mit Emma, aber anders. Marie ist lesbisch.
Das weiß sie aber noch nicht sehr lange. Und außer mir wissen es nur zwei, drei
wirklich gute Freunde. Ich weiß es deswegen, weil sie an mir interessiert war.
Und es ist nicht so, dass sie mich überhaupt nicht gereizt hätte, aber es hätte
nicht gereicht. Wir hatten einmal etwas miteinander. Es war prickelnd, und ich
denke wirklich gerne daran zurück. Sie hat mit meinem Körper gespielt, als wäre
er ein Instrument und sie das Wunderkind. Doch mehr als Freundschaft ist da von
meiner Seite einfach nicht. Dennoch habe ich mich geehrt gefühlt, dass eine so
tolle Frau Interesse an mir hatte. Wäre ich ein Mann, sie würde ich
wollen. Hellbraune Locken, gigantische Augen, toller Körper. Ich mag ihre
Brüste, mit und ohne Kleidung. Und zugegeben, wenn sie plötzlich eine Freundin
hätte, ein wenig eifersüchtig wäre ich schon.
„Stehst du wieder auf Elias?“, forscht sie.
„Wie kommst du denn auf die Idee?“, frage ich entgeistert. Zu entgeistert.
„Ich kenne dich, mein Schatz, und du hast immer wieder gefragt, ob
ich ihn gesehen habe. Warum sollte dich das sonst so interessieren?“ Sie kann
ihr Grinsen nicht verbergen.
„Was willst du von mir hören?“, ist das Einzige, was mir einfällt.
„Die Wahrheit?“ Na toll. Die Wahrheit also.
„Die Wahrheit ist, ich weiß es nicht. Da brauchst du gar nicht so
zu schauen. Ich habe ehrlich keine Ahnung. Elias ist ne Spur zu groß für mich.
Er ist vierundzwanzig und ich bin achtzehn. Er nennt mich Kleines und
genau das bin ich für ihn.“
„Bogart hat die Bergmann so genannt und der hat sie bestimmt nicht
als so klein gesehen. Außerdem war Elias jeden Tag hier bis...“
„Ja, bis ich aufgewacht bin“, unterbreche ich sie.
„Was soll er auch sagen? Er fühlt sich schuldig und Emma hat ihm
ohne Ende Vorhaltungen gemacht. Genauso wie seine Eltern, die der Meinung sind,
er habe sich nicht seinem Alter angemessen verhalten, genauso wie einige...“
„Was soll der Blödsinn? Er hat Rüdiger davon abgehalten,
mich weiter anzugrabschen. Er war es, der sich für mich eingesetzt hat,
und er war es, der
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