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Irgendwo dazwischen (komplett)

Irgendwo dazwischen (komplett)

Titel: Irgendwo dazwischen (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Freytag
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und das Zimmer scheint binnen Sekunden eiskalt geworden zu sein. Die
wohlige Wärme, die eben noch meinen Schlaf begleitet hat, ist fort. Langsam
wird alles um mich scharf. Neben mir Elias, der senkrecht im Bett sitzt. Sein
Blick eine Mischung aus ertappt worden sein und heimlichem Schuldbewusstsein.
In der Tür steht Emma. Die Tatsache, dass sie schweigt, ist noch viel schlimmer
als würde sie schreien oder gar kreischen. Die Fassungslosigkeit steht ihr ins
Gesicht geschrieben... Eine Weile ist es, als wäre der Moment der Peinlichkeit
eingefroren worden. Dann plötzlich schaut Emma weg, geht einen Schritt zurück
und schließt die Tür hinter sich.
    Elias bleibt regungslos sitzen. „Scheiße“, sagt er nach ein paar
Sekunden, „das habe ich mir anders vorgestellt.“ Inzwischen werden die
restlichen Mitglieder der Altmann-Familie Bescheid wissen. Und wenn ich aus
dieser Tür trete, wird alles anders sein als vorher. Andererseits, wer sagt
schon, dass es schlimm sein muss? Mein Gefühl sagt das. Der Moment, von dem ich
dachte, er würde ohnehin nie kommen, ist nun da. Und ich bin nicht vorbereitet,
denn ich dachte ja, er würde niemals kommen.
    „Bereust du es?“, frage ich leise.
    „Kein bisschen... Und du?“ Ich schüttle den Kopf und lächle ihn
an. Dann küsst er mich. Und auch wenn ich weiß, dass meine einzige Sorge sein
sollte, Emma zu besänftigen, so lasse ich mich in Elias Armen gehen, genieße
seine Hände auf meinem Körper, seine Küsse auf meinem Hals und den Duft seines
Körpers. Und anstatt aufzustehen und es hinter mich zu bringen, schlafe ich mit
ihm. Immer und immer wieder.
    Am späten Nachmittag gehen wir auf seinen Balkon. Und weil wir
Stimmen hören, die eindeutig von der Terrasse unter uns kommen, sind wir so
still, es eben geht, um unsere Anwesenheit nicht zu verraten.
    „Wie konnte sie das tun?“, höre ich Emmas Stimme. „Ich meine, sie
ist meine beste Freundin. Zumindest war sie das.“
    „Ach Emma, was soll denn das? Zwischen Elias und Lili waren doch
schon ewig Spannungen. Mich wundert das nicht besonders. Es dreht sich nicht
alles um dich. Andere schauen auch, dass sie zu dem kommen, was sie glücklich
macht. Du hast das auch gemacht“, sagt eine Stimme, die ich als Lenis
identifiziere.
    „Darum geht es nicht. Ich sage doch nicht, sie solle nicht
glücklich sein... Aber warum denn gerade unser Bruder?“
    „Weil Elias ein toller Kerl ist“. Das war nicht Lenis Stimme. Das
war Lia. Toll. Alle sitzen versammelt da unten und halten großen Rat. „Er ist
ehrlich und sieht gut aus. Zu alle dem ist der auch noch intelligent und
charmant. Er ist ein Hauptgewinn“, fährt sie fort. Ich schaue zu Elias und muss
lächeln. Ein Hauptgewinn also. Lächelnd erwidert er meinen Blick.
    „Warum kannst du dich nicht ein bisschen für die beiden freuen? An
dem Abend, als das mit der Schlägerei passiert ist, war schon klar, dass er
mehr für sie empfinden muss. Warum sonst wäre er jeden Tag bei ihr im
Krankenhaus gewesen?“
    „Ein schlechtes Gewissen?“, schlägt Emma vor.
    „Wieso er ? Wenn, dann müsstest doch du ein schlechtes Gewissen haben. Du hast sie schließlich versetzt, oder?“ mischt
sich Lia erneut ein.
    „Er hat sich für sie eingesetzt. Mehr noch, verprügeln lassen.
Warum sollte er da ein schlechtes Gewissen haben?“, schneidet Leni Lia das Wort
ab.
    „Ist ja gut!“, sagt Emma nun lauter. „Es ist ja schön, dass ihr
das alle so super findet. Ich nicht. Sie wusste, was ich davon halte. Sie
wusste es. Und trotzdem hat sie es getan. Damit ist sie für mich ein Teil der
Vergangenheit.“ Und auch wenn alle da unten meine Partei ergreifen, höre ich
nichts mehr nach diesem letzten Kommentar. Ein Teil der Vergangenheit. Ich
hatte damit gerechnet, dass Emma richtig sauer werden würde. Doch das hatte ich
nicht erwartet. Ob das nun naiv war oder nicht, ist Ansichtssache. Mich trifft
es jedenfalls wie ein Vorschlaghammer. Und auch Elias Küsse können daran nichts
ändern.
    Als ich reingehe, wird es unten plötzlich still. Leises nervöses
Flüstern. Sie wissen, dass wir sie gehört haben. Oder einer von uns. Zumindest
wissen sie, dass ihr kleines Gespräch zusätzliche Zuhörer hatte. Und ich hoffe,
dass Emma ein wenig unter dieser Tatsache leidet. Wenigstens ein bisschen.
    Ich sitze auf Elias Bett. Kleine Tränen laufen über meine Wangen.
Wie kann es sein, dass etwas, das mich so glücklich macht, jemanden anderen so
sehr stört. Wie kann es mich glücklich machen,

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