Irgendwo dazwischen (komplett)
Schoß,
Kleines...“ Mit angezogenen Beinen sitze ich wie ein kleiner Ball auf seinem
warmen Schoß. Seine Arme legt er schützend um mich. Und da sitzen wir nun,
schweigend, weil es nichts zu sagen gibt und teilen uns eine Zigarette.
Eine halbe Ewigkeit später sagt er plötzlich „Es fühlt sich gut
an, dein Freund zu sein... Das bin ich doch, oder? Ich meine...“
„Ja, das bist du...“, sage ich lächelnd und kann nicht glauben,
dass er es ist.
„Emmas Gesicht möchte ich sehen... der werden die Augen
rausfallen...“, sagt er, ohne nachzudenken.
„Sie wird das überhaupt nicht mögen“, sage ich ernst.
„Ben auch nicht...“, fügt Elias hinzu, „...er steht schon lange
auf dich.“ Als sich unsere Blicke treffen, prusten wir beide los. Und auch,
wenn es uns nicht wirklich egal ist, was da auf uns zukommt, kuscheln wir uns
wenig später gemeinsam in sein Bett. Wir reden und reden, bis die Vögel draußen
schon fast penetrant anfangen zu zwitschern.
„Elias?“
„Ja, Kleines...“
„Hast du vielleicht Kinderkassetten?“ Ja, zugegeben, es ist
peinlich, aber irgendwann muss ich es ihm ja doch sagen.
„Kinderkassetten?“, fragt er. Und auch, wenn ich sein Gesicht
nicht sehen kann, weil ich auf seiner Schulter liege, höre ich, dass er
lächelt.
„Ja, Kinderkassetten... Oder Hörbücher... ich kann sonst nicht
einschlafen“, gebe ich kleinlaut zu.
„Du bist ohne jeden Zweifel das bezauberndste Geschöpf, das ich je
kennengelernt habe“, sagt er und schält sich aus dem Bett. „Irgendwo habe ich
ganz bestimmt eine Kinderkassette für dich...“
„Hast du auch noch einen dünnen Pullover? Ich friere doch...“
„...immer an den Armen...“, unterbricht er mich lächelnd. „Ich
weiß...“ Er geht zu seinem Schrank und zieht einen hauchdünnen Pullover heraus.
„Ich gehe schnell zu Leni rüber, die hat sicher Kassetten.“ Ich schlüpfe in
seinen Pullover, der mir natürlich viel zu groß ist, und ziehe ihn mir über die
angezogenen Knie, so dass ich fast ganz und gar in ihm verschwinde. Er duftet
nach Waschpulver und nach Elias. Diesen Pullover wird er nie wieder sehen,
denke ich, und schnuppere noch einmal am Ärmel. Als ich hoch schaue, steht er
im Türrahmen.
„Das bezauberndste Geschöpf“, sagt er noch einmal, legt eine
Kassette ein und kuschelt sich zu mir.
Ganz leise fängt im Hintergrund Musik an zu spielen, und ich
murmle „Pumuckl... etwas Besseres hättest du nicht finden können.“ Er lacht,
küsst mich auf die Stirn und binnen weniger Minuten schlafen wir ein.
Nie hat sich etwas richtiger angefühlt.
Emma
„Kann mal jemand Elias fragen, ob er auch etwas essen will?“,
fragt meine Mutter in die Runde.
Und weil sich niemand rührt, sage ich schließlich, „Ich geh
schon...“
Langsam steige ich die Treppen hoch in den ersten Stock. Die Nacht
bei Clemens war wieder eine dieser Nächte. Wir haben die ganze Nacht
miteinander geschlafen. Und es war schön. Gut, ich bin nicht gekommen, aber das
ist doch nicht alles, worum es geht... Ich habe den Abend genossen. Ehrlich.
Und wieder spiele ich mein Lieblingsspiel. Emma täuscht die Welt. Ich bin
richtig gut darin. Natürlich wäre ich gerne gekommen, aber immer wieder sind
mir Bilder durch den Kopf geschossen. Bilder von Stefan und seiner
gesichtslosen rothaarigen Schlampe. Und wenn sie nicht auf ihm saß, hing sie
mit dem Kopf zwischen seinen Beinen, oder er hat sie von hinten genommen. Ich
bin nicht mal mehr fähig, mir vorzustellen, dass er mit mir schläft. Dann würde
ich nämlich kommen. Nein, ich stelle mir vor, wie er es einer anderen besorgt.
Ich stehe vor Elias Zimmertür. Ich klopfe einmal, dann noch einmal
etwas lauter. Kurz frage ich mich, ob er vielleicht gar nicht da ist, dann
klopfe ich ein drittes Mal. Und als dann keiner reagiert, öffne ich die Tür.
Erst einen kleinen Spalt weit, weil ich nicht weiß, ob Giselle bei ihm ist,
oder ob er nackt schläft.
Doch was ich dann sehe, übertrifft alles. Elias und Lili. Sie sind
nackt. Sie sind verknotet. Lieber hätte ich Elias inflagranti mit Giselle
erwischt. Fassungslos stehe ich im Türrahmen und starre sie an. Und dann nach
ein paar Sekunden, gehe ich einen Schritt rückwärts und schließe wortlos die
Tür.
Lili
Ein leises Klopfen. Dann etwas lauter. Eine kleine Pause und dann
ein drittes Klopfen. Und schließlich höre ich, wie die Zimmertür aufgeht. Ich
öffne die Augen, und kann kaum etwas sehen. Stille. Diese Stille wirkt
bedrohlich
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