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Irgendwo dazwischen (komplett)

Irgendwo dazwischen (komplett)

Titel: Irgendwo dazwischen (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Freytag
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feiert,
während meine Welt gerade zusammenbricht. Es geht dabei weniger um die
Tatsache, dass Elias mit diesem Dreckstück geschlafen hat, als dass er mich
immer wieder belogen hat. Ich habe auch meine Fehler. Und ich habe sicher nicht
wenige. Aber ich bin nicht feige. Mein Handy klingelt. Das hat ziemlich lange gedauert.
Doch ich habe nicht vor, dran zu gehen. Ich hoffe, die Sorge um mich bringt ihn
fast um. Ich setze mich auf, krame in meiner Tasche nach meinem Handy und
schaue auf das grelle Display. Zu meiner Enttäuschung ruft da nicht Elias an,
sondern Leni. Egal. Alles egal. Ich stelle mein Handy auf Vibration, lege mich
wieder auf meine Bank und starre zum Himmel. Und wieder summt es in meiner
Tasche. Dieses Mal ist es Elias. Und wenige Minuten später ruft Marie an. Die
Last meines Selbstmitleides droht die Bank unter mir zum Einstürzen zu bringen.
In Sachen Selbstmitleid bin ich gut. Ein richtiger Profi. Ein alter Hase. Das
fängt damit an, dass alle meine Freundinnen in allem besser sind als ich oder
eben schöner, und endet damit, dass ich nun weder die Freundschaft noch die
Beziehung habe. Das Geräusch von sich nähernden Schritten stört meinen
Selbstmitleids-Prozess. Ich setze mich auf und erkenne Clemens. „Lili...“ Na,
der hat mir gerade noch gefehlt. Da ich Emma nicht die Genugtuung geben kann,
dass ich mich auch noch bei ihrem Freund ausheule, wische ich mir die Tränen
aus dem Gesicht und versuche zu lächeln. Vor meinem inneren Auge implodiert die
Musik. „Du bist es doch, oder?“, fragt er, als er noch etwa zwanzig Meter von
meiner Rettungsinsel entfernt ist.
    „Ja…“, entgegne ich. „Hallo Clemens.“
    „Was machst du so alleine hier?“,
    „Ich wollte einfach weg. Die Leute sind mir auf die Nerven
gegangen“, lüge ich.
    „Kann ich gut verstehen...“, antwortet er und deutet auf die Bank.
„Kann ich mich zu dir setzen?“
    Was soll ich auch sagen, nein, hau bloß ab ? Innerlich
knirsche ich mit den Zähnen, äußerlich setze ich mich auf und mache ihm Platz.
„Klar, setz dich.“ Eine Weile sitzen wir nur da und starren vor uns hin. Doch
es ist nicht unangenehm, was mich wundert. Ganz im Gegenteil. Seine
Gesellschaft ist schön. Vielleicht, weil er mir nicht wichtig ist. Er ist
einfach nur da.
    „Wir beide hatten nicht den besten Start“, sagt er relativ
unvermittelt in die angenehme Stille.
    „Wie meinst du das?“, frage ich desinteressiert.
    „Ich meine, seit ich mit Emma zusammen bin, muss ich dich mehr
oder weniger ignorieren.“
    „Das verstehe ich schon“, antworte ich. Und offen gestanden ist es
mir egal. „Ist nicht so schlimm...“
    „Ich finde es schade.“
    „Und warum?“, frage ich verwundert.
    „Weil ich dich mag. Ich kann dich wirklich gut leiden, Lili. Und
das, seit wir uns bei der letzten Abifeier unterhalten haben.“ Er macht eine
Pause und schaut mich an. „Ich kann kaum fassen, wie du dich verändert hast.“
    „Na, so sehr ja auch nicht“, antworte ich ein wenig verärgert.
    „Das war ein Kompliment...“, sagt Clemens.
    „So?“
    „Natürlich“, antwortet er. „Du bist wunderschön. Aber nicht
billig. Du bist intelligent, und man kann sich gut mit dir unterhalten“, und
wieder schaut er mich an. „Du hast dich einfach zu lange in Emmas Schatten
gestellt...“
    „Das ist ja alles ganz nett, aber was willst du mir damit sagen?“
Sein Blick brennt fast auf meiner Haut. Er hat wirklich wunderbare Augen.
    „Menschen machen Fehler“, sagt er dann.
    „Damit hast du absolut recht...“, entgegne ich und denke an Elias.
„Das tun sie.“
    „Ich meine die Sache mit Emma“, sagt er dann leise.
    „Das ist ja nicht deine Schuld“, sage ich und lächle mechanisch.
„Du warst nur der Auslöser, nichts weiter...“
    „Das meine ich nicht“, sagt er nüchtern.
    „Sondern?“, frage ich, obwohl es mich eigentlich nicht
interessiert. Vielleicht hat er einfach zu viel getrunken. Sein Atem stinkt
nach zu viel Bier. Er rückt ein wenig näher zu mir und legt seine Hand auf
meinen Schenkel. Die andere wandert an meine Wange.
    „Ich fühle mich so zu dir hingezogen.“
    Mit allem hatte ich gerechnet, aber nicht damit. „Ähm, Clemens,
das ist keine so gute Idee.“
    „Da liegst du vollkommen verkehrt“, antwortet er und zieht mich
noch näher an sich.
    „Nein, jetzt einmal im Ernst.“ Ich drücke ihn von mir. Und auch
wenn der Gedanke verlockend wäre mich einfach gehen zu lassen und mich von ihm
hier und jetzt verführen zu lassen,

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