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Irgendwo dazwischen (komplett)

Irgendwo dazwischen (komplett)

Titel: Irgendwo dazwischen (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Freytag
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Kaya hinter mir
herlaufen.
    „Lili“, sagt Marie, und zieht mich am Arm. „Glaub ihr kein Wort...
Sie sagt das doch nur, um dich zu verletzen.“ Ich will allein sein. Ich brauche
keine aufbauenden Worte, und Mitleid will ich schon gar keines.
    „Marie hat Recht“, mischt Leni sich ein. „Das mit Giselle hatte
doch nichts zu bedeuten...“
    Ich bleibe abrupt stehen, und schaue Leni direkt in die Augen.
„Was hast du gesagt?“ Ich gehe einen Schritt auf sie zu. „Heißt das, es
stimmt?“, frage ich und wische mir mit dem Handrücken über die Wangen.
    „Er ist ihr Bruder...“, sagt Kaya. „Hättest du ihn etwa an ihrer
Stelle verraten?“ Meine Augen füllen sich wieder mit Tränen. Und in diesem
Augenblick wird auch Kaya klar, was sie gerade gesagt hat.
    „Es stimmt also“, sage ich mehr zu mir als zu irgendjemandem
sonst. „Und ihr habt es gewusst.“ Als keine von beiden Anstalten macht, mich
vom Gegenteil zu überzeugen, drehe ich mich um, und gehe langsam in Richtung
Straße. Versunken in Gedanken, wie Elias Hände über Giselles wohlgeformten
Körper gleiten, bemerke ich nicht, wie ich geradewegs in eine Gruppe Jungs
stolpere.
    „Wenn man vom Teufel spricht“, höre ich Elias Stimme. „Das ist
meine Freundin Lili.“
     
    Marie
    Das hätte ich nie gedacht. Nicht von Elias. Ich meine, es ist
seine Sache, mit wem er ins Bett geht, aber sie hat ihn zweimal direkt gefragt,
und er hat gelogen. Und das hätte er nicht tun sollen. Ich weiß, es gibt
nichts, was ich zu Lili sagen könnte. Alles wären leere Worte. Keines davon
würde ihr helfen. Und ich weiß nicht, warum, aber ich fange an zu weinen. Es
sind viele kleine Tränen. Wenn Seifenblasen platzen, bricht alles in einem
zusammen. Und ich wundere mich darüber, dass ich mich nicht insgeheim freue. Ich
bin wahrhaftig und ehrlich traurig. Und auch das verwirrt mich.
     
    Lili
    Ich starre Elias an. Und es gibt nichts, was ich sagen möchte.
Vollkommen betäubt stehe ich vor ihm. Wirre Bilder vermischen sich mit der
lauten Musik, die aus dem Haus nach draußen dringt. Alles um mich herum
konzentriert sich zu einem riesigen Klumpen. „Hast du geweint?“, fragt Elias
erschrocken. Er hat mich belogen. Und es ist ja nicht so, dass er mir
Rechenschaft schuldig gewesen wäre. Aber er hat den einfacheren Weg anstatt des
richtigen gewählt. Ich habe ihm die Chance gegeben, die Wahrheit zu sagen, und
das nicht nur einmal. Menschen machen Fehler, aber sie sollten sich nicht
hinter ihnen verstecken, sondern zu ihnen stehen. „Lili?“ Seine Stimme zittert.
Er zieht mich weg von der Gruppe Jungs, mit der er eben wohl noch ein hübsches,
nichtssagendes Gespräch geführt hat, und schaut mir fest in die Augen. „Was ist
passiert?“ Er hätte mit mir reden sollen. Er hätte vielleicht darauf bauen
sollen, dass ich ihn verstehen würde, wenn er denn einen guten Grund gehabt
hat. Elias schaut sich um, als läge die Antwort für mein bizarres Verhalten
neben ihm im Blumenbeet.
    „Was könnte denn mit mir los sein?“, frage ich ihn nach einer
längeren Weile. Meine Stimme klingt unheimlich kalt, obwohl ich innerlich
zerbreche. Denn egal, was er sagt, es wird wehtun. Entweder er bestreitet
alles, und ich werde ihm nicht glauben können, oder er gibt zu, was ich schon
weiß, und verletzt mich damit mindestens genauso sehr.
    „Ich weiß nicht, was mit dir los ist…“, antwortet Elias ratlos.
    „Dann denk nach.“
    Er schaut zu Boden. „Ist Emma hier?“, fragt er wenig später.
    „Ja.“
    „Was hat sie gesagt?“
    „Sag du es mir.“
    „Etwa wieder diesen Quatsch, dass ich mit Giselle geschlafen
habe?“ Und er tut es wieder. Er verspielt noch eine Chance.
    „Ich glaube ihr.“
    „Was?“
    „Du hast schon richtig gehört“, antworte ich. Und auch wenn meine
Stimme noch immer unterkühlt klingt, steigen mir Tränen in die Augen. „Warum
konntest du nicht einfach ehrlich sein?“
    „Ich war ehrlich“, entgegnet er ein wenig trotzig.
    „Nein, das warst du nicht.“
    „Na, solange du das weißt.“
    „Hör’ endlich auf, es zu bestreiten…“ Er wendet sich ab. Und mit
diesem Blick weiß ich, dass es stimmt. Ich hatte wohl bis zuletzt gehofft, mich
doch zu täuschen. Ich drehe mich weg und gehe zur Straße. Ich weiß nicht, wo
ich hin will, aber ich weiß, dass ich hier nichts mehr verloren habe. Ich will
alleine sein und nachdenken.
    „Lili“, ruft Elias hinter mir her. „Warte...“ Er holt mich ein.
    „Elias, bitte lass mich

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