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Irgendwo dazwischen (komplett)

Irgendwo dazwischen (komplett)

Titel: Irgendwo dazwischen (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Freytag
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Emma?“ Es ist Kim.
    „Ja, alles bestens“, lüge ich.
    „Ella schmeißt sich ganz schön an Clemens ran.“ Ich drehe mich um
und sehe Ella und ihre Hand auf Clemens Schenkel. Und es ist mir egal. „Findest
du nicht?“ Kim schaut erstaunt.
    „Sie unterhalten sich doch nur.“
    „Du hast sicher recht. Marcel sagt immer, ich bin viel zu
eifersüchtig.“ Ich lächle und nicke. Ich frage mich, ob Stefan meinen Brief
schon bekommen hat. Ich frage mich, ob er mir antworten wird. Und ich wüsste
gerne, wie es wäre, ihn zu sehen. Wären die Gefühle wieder da? Oder würde ich
mich fragen, was in aller Welt ich so toll an ihm fand?
    Clemens legt gelangweilt seinen Arm um mich. Ich lächle ihn kurz
an, stelle fest, dass Ella verschwunden ist und schaue wieder in die Leere.
Inzwischen müsste Stefan meinen Brief eigentlich bekommen haben. Die Frage ist
nur, ob er ihn liest oder ob er ihn ungeöffnet in den Müll wirft. Das wäre ihm
nicht einmal zu verdenken.
    Ein paar Minuten später kommt Ella und stört mich in meinen
Gedanken. „Ich habe eben Lili gesehen.“ Auch das noch. Lili ist hier. Und wenn
sie hier ist, dann ist Elias nicht weit. Und vermutlich haben sie auch noch
Leni und Marie im Schlepptau. Das wäre typisch.
     
    Lili
    „Ich gehe nirgends hin“, sage ich, und auch wenn ich versuche,
locker zu klingen, spucke ich jede Silbe förmlich aus.
    „Es wäre echt kein Zeichen von Schwäche, wenn du gehen willst“,
sagt Leni, und stellt sich vor mich. „Vielleicht wäre es das Beste für uns
alle. Denn wenn wir erst einmal alle etwas getrunken haben, könnte diese
Geschichte ziemlich ungemütlich werden.“ Sie hat Recht. Aber bin ich zu stur.
„Wir könnten doch noch woanders hingehen, hm?“ Ich sage nichts. Schweigen
erscheint mir im Moment das Klügste zu sein. In ihrem Gesicht spiegelt sich
Besorgnis. Ich versuche, ihrem Blick auszuweichen, und sehe Marie und Kaya. Sie
kommen auf uns zu.
    „Hast du gesehen, wer hier ist?“, fragt Marie, und in ihrer Stimme
höre ich, dass sie einer Konfrontation nicht aus dem Weg gehen würde.
    „Ja, ich habe Ella gesehen und ich nehme an, dass Emma inzwischen
auch schon weiß, dass ich hier bin“, antworte ich eisig. „Hallo Kaya...“, füge
ich hinzu, und zwinge mich zu lächeln.
    „Hallo“, entgegnet sie, und strahlt mich an. „Also wegen mir
können wir gerne noch woanders hingehen...“, fügt sie hinzu, nachdem sie lange
zu Leni geschaut hat. „Die Leute sind komisch, und die Musik war vorhin auch
besser.“ Doch das Thema erübrigt sich, denn ziemlich unvermittelt steht Emma
vor mir, und sie ist nicht allein.
    „Du hast ja deine ganzen kleinen Freunde mitgebracht...“, sagt
sie, und die kleine Traube Menschen hinter ihr fängt an zu lachen. Ella allen
voran.
    „Es sind eben nicht alle Leute so oberflächlich und beurteilen Freundschaften
nach Kriterien wie dem richtigen Alter, Emma“, sage ich ruhig, denn ich schäme
mich keineswegs für meine Begleitung. Meine Begleitung ist mir in jedem Fall
lieber als die ihre.
    „Du bist ja so schlagfertig“, ist alles, was ihr dazu einfällt.
    „Im Gegensatz zu dir ist sogar ein Aschenbecher schlagfertig,
Emma“, kontere ich. „Jeder sollte das tun, was er am besten kann... In deinem
Fall ist das einfach nur dastehen und schön aussehen...“ Damit habe ich sie
verletzt, und das weiß ich. Doch warum legt sie sich auch mit mir an. Jedes Mal
fängt sie an und kommt dann nicht damit klar, dass man zurückschießt. Sie
kämpft mit den Tränen. Ich will gerade Luft holen, als mir Leni in die Seite
stößt, was wohl heißen soll, dass es reicht. Ich drehe mich um.
    Als ich gerade weggehen will, schreit mir Emma hinterher, „Und
auch wenn du es nicht glauben willst, er hat mit ihr geschlafen, als sie
hier war.“ Ich bleibe stehen und drehe mich langsam wieder um. „Ich habe sie
gehört, und ich habe Giselle nackt aus dem Zimmer kommen sehen.“ Und als ob das
noch nicht genug gewesen wäre, fügt sie noch hinzu, „Ich weiß vielleicht nicht
viel, Lili, aber ich weiß genau, wie es sich anhört, wenn eine Frau die ganze
Nacht schreit, weil ein Kerl es ihr richtig besorgt.“ Nun steigen mir Tränen in
die Augen. Und im Vergleich zu Emma kämpfe ich nicht gegen sie an. Unaufhaltsam
kullern sie über meine Wangen. Mich überkommt das Gefühl, absolut naiv und dumm
zu sein. Ich wende mich von Emma und ihren Anhängern ab. Wie in Trance verlasse
ich das Haus und bekomme nur am Rande mit, wie Leni, Marie und

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