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Irgendwo ganz anders

Irgendwo ganz anders

Titel: Irgendwo ganz anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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ausradieren können, aber es war natürlich möglich, dass er gar nicht der Minotaurus war, den wir jagten. Es gab schließlich Tausende von ihnen, und sie sahen alle ziemlich ähnlich aus. Zugegeben, die meisten von ihnen trugen weder Hüte noch Trenchcoats, aber ich wollte keinen auslöschen, bei dem ich nicht ganz sicher war.
    »Soll ich Ihnen die Bratpfanne einwickeln, Mr Johnson?«, fragte die Verkäuferin, die den Minotaurus bediente.
    Das genügte. Den Decknamen »Mr Johnson« benutzte der Gesuchte jetzt schon seit Jahren, und die Bratpfanne war auch höchst verdächtig. Wir hatten ihn nämlich mit Slapstick-Pfeilen beschossen, um ihn zu markieren, und das war nicht ohne Wirkung geblieben. Wenn er mordete, bediente er sich aller bekannten Slapstick-Requisiten: Dampfwalzen, Bananenschalen, Klaviere, die auf einen herabstürzten – er hatte sie alle schon eingesetzt. Und die klassische Nahkampfwaffe beim Slapstick war nun einmal ... die Bratpfanne. Ohne länger zu warten zog ich meine Pistole.
    Der Minotaurus sah sie, und mit einer bei seinem Gewicht verblüffenden Geschwindigkeit packte er die Pfanne und schlug mir auf den Arm. Die Pistole fiel mir aus der Hand und klapperte quer durch den Laden.
    Wir hielten inne und starrten uns an. Die Pfanne hatte einen sechzig Zentimeter langen Stiel, und er hatte sie drohend erhoben. Er nahm seinen Hut ab, und als ihn die anderen Kunden erkannten, erhob sich lautes Angstgeschrei. Alles drängte zum Ausgang. Der Minotaurus hatte den Körper eines Menschen, aber auf seinem Hals saß ein Stierkopf, dessen menschlicher Gesichtsausdruck wirklich erschreckend war. Seine gelben Augen starrten mich wütend an, und seine Hörner waren furchterregend zugespitzt.
    »Wir können darüber reden«, sagte ich leise und fragte mich, ob Thursday5 wohl genügend Grips hatte, um ihn abzulenken.
    »Es gibt nichts zu reden«, sagte der Minotaurus mit einer abgrundtiefen Stimme. »Meine Aufgabe besteht darin, dich zu töten, und deine besteht darin ... zu sterben.«
    Ich versuchte, ihn aufzuhalten. »Vielleicht sollten wir mal über unsere Stellenbeschreibungen reden.«
    Aber der Minotaurus wollte wirklich nicht reden. Er machte einen Schritt vorwärts und schlug mit der Pfanne nach mir. Ich sprang hastig zurück, aber trotzdem spürte ich den Luftzug, als die schwere Pfanne dicht vor meiner Nase vorbeisauste. Ich griff nach dem nächsten Gegenstand in meiner Reichweite und versuchte, ihn mit einem Golfschläger anzugreifen, aber der Minotaurus war schneller und zerschmetterte den Schläger mit einem einzigen Hieb. Er stieß ein herzhaftes Lachen aus und machte einen weiteren Schritt auf mich zu.
    »Also hören Sie mal«, ertönte hinter mir eine Stimme, die nach Teekuchen pünktlich um vier klang. »Ja, Sie, Sir. Sie mit den Hörnern ...«
    Der Minotaurus wandte den Kopf in Richtung der Stimme, behielt mich aber im Auge. Der Sprecher war natürlich der exzentrische Gentleman, den ich gerade für Landens Buch gekauft hatte. Er hatte seine Kiste verlassen und stand jetzt, nur mit seinem Spazierstock bewaffnet, vor dem gefährlichen Ungeheuer.
    »So, und jetzt gehen Sie besser – wie ein guter Junge«, sagte er, als ob er mit einem Kind reden würde.
    Der Minotaurus kräuselte seine Oberlippe und zischte: »Verschwinde!«
    »Also bitte!«, erwiderte der karierte Gentleman. »Ich glaube, ich mag Ihren Ton nicht.«
    Der Minotaurus verwandelte sich abrupt in eine dämonisch wirbelnde Angriffsmaschine. Er schwang die Pfanne in einem gewaltigen Bogen in Richtung des Gentlemans und konnte ihn damit gar nicht verfehlen. Verfehlte ihn aber doch. Ein silberner Blitz und ein Wirbel von gelb-grünen Karos, und die Bratpfanne fiel auf den Boden – noch immer von der Rechten des Minotaurus umklammert. Der Minotaurus starrte erst die Pfanne und die abgetrennte Hand, dann den blutenden Stumpf an. Er verzog das Gesicht, stieß einen ohrenbetäubenden Schrei aus, der die Fenster des Ladens zerspringen ließ, und verschwand im Nichts, als er absprang.
    »Mein Gott, was für ein Getöse«, rief der Gentleman, als er in aller Ruhe seine Schwertklinge abputzte und die Waffe zurück in den Spazierstock schob. »Weiß jemand, wer das war?«
    »Der Minotaurus.«
    »Ach, wirklich?«, sagte der Gentleman. »Da hätte ich aber einen besseren Kampf erwartet, bei George. Geht es Ihnen gut?«
    »Ja«, erwiderte ich. »Vielen Dank. Das war ja ein trefflicher Schwerthieb.«
    »Denken Sie sich nichts dabei, liebes Mädel«,

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