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Irgendwo ganz anders

Irgendwo ganz anders

Titel: Irgendwo ganz anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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rannte durch das Wohnzimmer in die Küche zurück, wobei ich die Pistole aufklappte, um nachzuladen. Die Patrone wurde mit einem leichten Plopp! ausgeworfen, ich zog den Ersatz-Eraserhead aus meiner Gesäßtasche und schob ihn in die Öffnung.
    In diesem Augenblick gab es eine neue Detonation und noch einmal heulte ein Beinahetreffer an mir vorbei, aber ich sprang schon über den Frühstückstisch und ließ meine Pistole mit einer schnellen Drehung des Handgelenks zuschnappen. Ich kippte den schweren Küchentisch aus Eiche um und verschanzte mich dahinter. Drei Schüsse schlugen in das Holz ein. Dann hörte ich eilige Schritte und richtete mich auf, um auf die fliehende Gestalt zu schießen. Das dumpfe Geräusch, das der Eraserhead beim Abfeuern machte, hallte im ganzen Raum wider, und ein leises Zischen ertönte, als er sein Ziel traf. Ich hörte, wie die Haustür geöffnet wurde, und stand etwas zu schnell auf. Der Raum verschwamm vor meinen Augen. Taumelnd gelangte ich zum Ausguss, trank Wasser aus dem aufgedrehten Hahn. Dann stolperte ich, immer noch benommen, aber einigermaßen wach, in die Diele und zur offenen Haustür. Auf der Schwelle lag ein wenig Text verstreut, und weitere Textfragmente führten in den Vorgarten, wo ich ihre Pistole auf dem Weg fand. Ich drehte mich um, rief die Treppe hinauf: »Bleib, wo du bist, Land!« und folgte der Textspur zur Gartenpforte, wo wahllos Buchstaben herumlagen. Ich fluchte. Das alles genügte nicht, um tödlich gewesen zu sein – mein Schuss hatte sie vermutlich nur gestreift und einen kleinen Teil von ihr aufgelöst. Das war keine große Sache, im Brunnen der Manuskripte konnte sie sich jeden Körperteil nach Maß neu schreiben lassen.
    Meine Schultertasche lag immer noch im Vorgarten, und ich wühlte darin nach einem weiteren Eraserhead. Ich schob die glänzende Patrone in den Lauf, dann hielt ich inne. Etwas war nicht so, wie es sein sollte. Ich suchte noch hektischer in der Tasche, dann suchte ich den Boden in der Nähe ab und fand ein paar schwache Textspuren. Die verwundete Thursday1–4 war hier gewesen – und hatte mein ReiseBuch mitgenommen. Ich sah mich um, ließ meine Pistole zuschnappen und folgte der schwachen Buchstabenspur zur Gartenpforte. Dort endete sie unvermittelt. Ich sah hinaus auf die leere Straße. Nichts. Sie war dorthin zurückgesprungen, wo sie hingehörte, und zwar mit meinem ReiseBuch.
    Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn und murmelte: »Scheiße, Scheiße, SCHEISSE.«
    Dann drehte ich mich um und rannte ins Haus zurück, blieb aber wie angewurzelt stehen, als mir gleich massenhaft schreckliche Gedanken kamen. Thursday1–4s Abenteuer erstreckten sich über mehrere Jahre, so dass sie kein bestimmtes Alter hatte. Also konnte Landen nicht wissen, dass er nicht mit mir, sondern mit meinem fiktionalen Gegenpart im Bett gewesen war. Ich war ihm deshalb nicht böse – ich meine, es war ja nicht so, als hätte er mit einer anderen Frau geschlafen. Aber weil er nichts über Jurisfiktion wusste und weil es besser für unsere Beziehung war, dass er auch nie davon erfuhr, konnte ich nur einen einzigen Kurs einschlagen.
    »Einen kleinen Augenblick, Land«, brüllte ich nach oben. »Mir geht’s gut. Bleib, wo du bist.«
    »Warum?«, brüllte er zurück.
    »Mach einfach, was ich sage, Schatz.«
    Ich griff nach Handschaufel und Besen und fegte eilig den Text auf, der am Eingang und auf dem Gartenweg lag. Als ich in der Ferne Polizeisirenen heulen hörte, ging ich ins Haus zurück, zog alle Kleider aus, stopfte sie hinters Sofa und rannte nach oben.
    »Was ist denn eigentlich los?«, fragte Landen, der gerade seine Hosen angezogen hatte. Ich zog mir meinen Morgenmantel über, konnte ihn aber nicht ansehen, sondern setzte mich vor die Frisierkommode und ballte und öffnete meine Fäuste, um meine Gewaltfantasien unter Kontrolle zu bekommen. Eines wurde mir dabei klar: Nach dem, was sie gerade getan hatte, durfte ich mir beliebig oft vorstellen, wie ich ihr den miserabel geschriebenen Hals umdrehte. Ich war eine Frau, der man Unrecht zugefügt hatte. Der Gedanke an Gewalt war völlig gerechtfertigt. Für diese Sache würde ich sie drankriegen, aber ich hatte keine Eile. Sie konnte nirgendwo hin. Und ich wusste genau, wo ich sie finden würde.
    »Nichts ist los«, sagte ich mit ruhiger Stimme. »Alles bestens.«

27.
    Gestrandet im Außenland
    Obwohl wir kein besonders herzliches Verhältnis zur örtlichen Polizei hatten, als wir noch SpecOps waren,

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