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Irische Hochzeit

Irische Hochzeit

Titel: Irische Hochzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MICHELLE WILLINGHAM
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einziges zu sehen. Sie wusste nicht, wie Patrick vor ein paar Nächten die andere Seite hatte erreichen können. Also blieb ihr keine Wahl, als sich ein eigenes Fahrzeug zu bauen.
    Das Festland schien so nahe zu sein, doch mit jeder Bewegung fühlten ihre Arme sich schwerer an. Wenn sie ertrank, würden die Seelen der Toten sie wahrscheinlich wegen ihrer Dummheit auslachen.
    Nun gut, so weit war sie inzwischen gekommen. Und nun blieb ihr nichts anderes übrig, als die Küste zu erreichen. Sie klammerte sich mit einem Arm am Floß fest und schwamm weiter.
    Es schien Stunden zu dauern, doch schließlich berührten ihre Füße wieder festen Boden. Das Hemd klebte ihr am Leib, als sie an Land taumelte. Die späte Nachmittagssonne bot keinerlei Wärme.
    Isabel konnte sich nicht daran erinnern, jemals so gefroren zu haben. Sie umklammerte ihre Arme und wurde von Kälteschauern geschüttelt. Ihre Fingerspitzen waren völlig gefühllos. Vielleicht würde ihr Gatte ihren sterbenden, erfrorenen Körper hier finden.
    Sie zog ihre Schuhe aus dem Bündel. Mit zitternden Fingern versuchte Isabel, sie anzuziehen. Auch wenn sie schon den Gedanken hasste, das nasse wollene Gewand wieder anzuziehen, es würde sie vielleicht ein wenig wärmen. Als sich der feuchte Stoff jedoch um sie legte, schien er ihr auch noch den Rest Wärme aus dem Leib zu ziehen.
    Ein Feuer. Sie träumte von einem hell lodernden, brüllenden Feuer und davon, wie es ihr die Kälte aus den Adern trieb. Der Gedanke hob ein wenig ihre Lebensgeister, und sie stapfte mühsam den Strand entlang, bis sie den Fuß des Abhangs erreichte. Sie schützte ihre Augen mit der Hand vor der Sonne und stöhnte beinahe, als sie sah, wie weit es bis zum Ringwall war.
    Doch jetzt kannte sie wenigstens ihr Ziel. Die Burg von Laochre beherrschte die Landschaft. Es gab sogar Felder, deren frische Saat den Hügel mit neuem Grün sprenkelte. Hütten mit Strohdächern umgaben das Gebäude, während ein Palisadenzaun die Bewohner schützte. Jenseits der Palisaden boten ein großer Graben und ein Wall weitere Verteidigungsmöglichkeiten.
    Isabel presste die Hand auf den Mund, als sie die Felder erreichte. Beim näheren Hinsehen erkannte sie die geschwärzten Mauern und die zusammengefallenen Behausungen. Sie hatte sich einen Ort großen Reichtums vorgestellt, eine Burg, die eines Königs würdig war.
    Aber das hier …
    Die Streitmacht ihres Vaters hatte den einst mächtigen Ringwall in die Knie gezwungen. Fast konnte sie den Rauch noch riechen, die Schreie derer hören, die gestorben waren. Es tat weh, dies alles zu sehen.
    Und mit einem Mal wusste sie, warum ihr Ehemann nicht wollte, dass sie es sah. Das hier war nicht das glorreiche Königreich eines Kriegers, sondern die sterbenden Reste seines Stammes. Isabel versuchte, sich nicht das Leid der Frauen und Kinder vorzustellen. Sie schlang die Arme um sich und bemühte sich, einen klaren Gedanken zu fassen.
    Der Anblick brachte die Erinnerung an das zerstörte Dorf und das weinende Kind zurück. Damals hatte sie nicht gehandelt, und die Schuld lastete schwer auf ihrem Gewissen.
    Die Erschöpfung in den Augen ihres Gatten, die unsichtbare Last auf seinen Schultern, all das verstand sie nun. Sie fühlte die Bürde, als wäre es ihre eigene. Konnte sie Patrick bei seiner Aufgabe helfen? Doch ihr sturer Ehemann würde wahrscheinlich jede Hilfe ablehnen, ganz besonders, wenn sie von ihr kam.
    Mit jedem Schritt wurde ihr Entschluss fester. Sie würde hierbleiben, weil es das einzig Richtige war. Sie konnte nicht die verlassen, die so viel verloren hatten. Nicht, wo sie doch ihren König geheiratet hatte. Und selbst wenn ihre Ehe eine sehr distanzierte Angelegenheit blieb, Isabel wurde hier gebraucht.
    Durch Gestrüpp und kleine Gehölze näherte sie sich dem Ringwall. Immer noch heftig zitternd blieb sie stehen, um sich etwas auszuruhen. Nur der Gedanke an ein Feuer und ihre hartnäckige Weigerung zu sterben ließen sie vorwärtsgehen.
    In der Ferne hörte sie Männerstimmen. Es war zu spät, um sich zu verstecken, und so straffte sie die Schultern.
    Benimm dich wie eine Königin , befahl sie sich und versuchte, nicht daran zu denken, wie schmutzig und abgerissen sie aussah. Und auch nicht daran, wie zornig Patrick sein würde, wenn er ihre Flucht entdeckte.
    Der Wall, auf dem der Palisadenzaun stand, war voller Männer. Sie rissen zerbrochene Teile ab und befestigten neue an ihrer Stelle. Die Männer ihres Vaters arbeiteten Seite an Seite mit

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