Irische Hochzeit
nicht viel auszumachen, andere hingegen machten Anstalten zu gehen. Keiner von ihnen beugte das Knie vor Patrick, als sie über die Schwelle gingen, noch boten sie ihm den zu erwartenden Gruß. Er war ihr König, doch in ihren Augen war er jetzt noch tiefer gesunken.
Es tat weh zu sehen, wie ihm die Freunde seiner Kindheit den Rücken zuwandten. Und er bemerkte, wie Isabel tapfer versuchte, die Tränen zurückzuhalten. Es war zwecklos zu glauben, die Männer könnten je zusammengebracht werden. Nie würden sie Verbündete sein, immer nur Feinde.
Nur eine Handvoll der Inselbewohner blieben. Annle stand an Isabels Seite, während Sosanna sich im Dunkel hielt.
Nachdem die anderen gegangen waren, wandte Patrick sich an das kleine Grüppchen Männer und Frauen. „Ich danke euch, dass ihr meine Gattin nicht beleidigt.“ Und er fragte Trahern: „Erzählst du uns noch eine Geschichte?“
Isabel kam auf ihn zu. „Würdest du für die Männer meines Vaters übersetzen?“, fragte sie bittend. „Mein Irisch ist noch nicht gut genug.“
Patrick hätte am liebsten Nein gesagt. Er wollte zurück nach Laochre und diesen schrecklichen Abend vergessen. Wieso versuchte sie es immer wieder? Den Normannen zu erlauben, Ennisleigh zu betreten, hatte sie die Unterstützung vieler Inselbewohner gekostet. Begriff sie denn nicht, wie hoffnungslos es war?
Doch da legte sie die Hand in die seine. „Bitte.“ Sie flehte ihn weder an noch schmeichelte sie ihm, doch diese einfache Bitte von ihr ließ ihn schwach werden. Die Augen voller Hoffnung, blickte sie zu ihm auf.
Er wusste, dass er nachgeben würde, und verfluchte sich für seine Schwäche.
„Wenn du es wünschst, a stór.“
Das warme Lächeln auf ihrem Gesicht war ehrlich gemeint. Sie legte ihm die Hand an die Wange, und er küsste sie wortlos.
Isabel errötete. „Geh und setz dich zu deinem Bruder.“ Sie deutete auf Trahern, so als wüsste Patrick nicht, wo sein Bruder saß. „Ich – ich will dafür sorgen, dass die Männer Wein bekommen.“
Es benötigte ein halbes Fass Wein, bis die Normannen endlich anfingen, den Abend zu genießen. Patrick übersetzte sechs Geschichten, und Isabel sorgte dafür, dass sein Becher stets gefüllt blieb. Er wusste nicht, wie viel er getrunken hatte, doch der Raum begann sich langsam zu drehen.
Mit seinem Rausch war er allerdings nicht allein, denn mehr als ein Inselbewohner lehnte vom Wein benebelt an der Wand. Nach einiger Zeit bat einer der Normannen, die Trommel sehen zu dürfen. Annles Mann ergriff den glatten, eine Handspanne langen Trommelstock. Der Krieger grinste und versuchte, einen einfachen Rhythmus zu schlagen. Es hörte sich entsetzlich an, aber dann zeigte ihm einer der Inselbewohner, wie er den Trommelschlegel zu halten hatte, und schließlich lachten alle beide.
Als die Fässer leer und auch kein Essen mehr da war, fielen die meisten der Männer und Frauen in der großen Halle zusammengerollt nebeneinander in Schlaf. Isabel gähnte und lehnte sich an einen der niedrigen Tische.
Patrick beobachtete sie. Am liebsten hätte er sie in die Arme genommen und in ihr Gemach getragen. Mit schläfrigen Augen wandte sie sich dem Normannen auf dem Platz neben ihr zu und antwortete mit einem Lächeln auf etwas, was der Mann sagte.
Bei diesem Anblick fühlte Patrick, wie ihm die Galle hochkam. Auch wenn der Mann nicht mehr getan hatte, als sich mit seiner Frau zu unterhalten, erinnerte ihn das an seinen Eid, Isabel dürfte sich einen anderen Ehemann wählen. Er stellte sich vor, wie ein anderer Mann sie umfing und ihr Kinder schenkte. Der Gedanke gefiel ihm nicht. Er gefiel ihm ganz und gar nicht.
Er war nahe daran, den Normannen anzubrüllen, die Finger von seiner Frau zu lassen. Da trat Sosanna an die Harfe. Zusammen mit den anderen ging der Mann zu ihr. Sie war dabei sich hinzusetzen und die Harfe zwischen die Knie zu nehmen. Ihr praller, runder Bauch stieß an das goldbraune Holz. Dann ließen ihre Hände eine klagende Melodie erklingen.
Patrick hatte sie seit über einem Jahr nicht mehr spielen gehört. Bei den Festen auf Laochre hatte Sosanna sich oft zu den anderen Musikanten gesellt und fröhliche Melodien gespielt, die Männer und Frauen tanzen ließen. Fast hatte Patrick vergessen, wie viel Freude sie ihnen auf ihren Zusammenkünften bereitet hatte. Als das Unglück über sie gekommen war, verlor sie mit ihrer Stimme auch ihre Musik.
Das Lied war eine Klage, die alle verzauberte, die noch wach waren. Die anderen
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