Iron Man - Von Black Sabbath bis Heaven & Hell
dass uns nichts mehr einfiel, aber das nächste Pub lag nur eine Meile entfernt. Davon ließen sich die anderen viel zu schnell ablenken, wenn wir gerade an einigen Riffs bastelten.
Mal eben auf „ein“ Bier in das Pub!
Ich konzentrierte mich hingegen, blieb sitzen und arbeitete weiter an den neuen Ideen. Eine Stunde, zwei Stunden, drei Stunden – und dann tauchten sie sternhagelvoll auf: „Ist dir was Gutes eingefallen?“
Na, klasse! Das setzte mich ganz schön unter Druck.
Als der Vorschlag auf den Tisch kam, in den USA aufzunehmen, stimmten wir einhellig zu. Es war eine gute Möglichkeit, sich das Finanzamt vom Hals zu halten. Außerdem konnte man einiges an Studiokosten sparen und mit den neuesten Errungenschaften der Technik spielen. Doch am wichtigsten war für uns die Gelegenheit, ein neues Studio kennen zu lernen und in einer anderen Atmosphäre zu arbeiten. Im Mai 1972 flog die Band nach Los Angeles. Patrick Meehan kannte John Dupont von der Dupont-Company, die von Feuerzeugen bis hin zu Farben alles Mögliche herstellte. Dupont zählte zu den großen, wenn nicht größten Unternehmen des Landes. Wir mieteten sein Haus in Bel Air. In dem riesigen Anwesen gab es eine Tanzsaal-ähnliche Halle, von der man über den Swimmingpool hinaus in die Ferne blicken konnte. Die Aussicht auf L.A. und die umliegenden Industrieunternehmen raubte mir den Atem. Wir lebten dort alle zusammen: die Band, Meehan, das Personal und zwei französische Au-Pair-Mädchen.
In den Staaten herrschte eine tolle Atmosphäre. Sabbath nahmen im Record Plant auf, einem hoch modernen Studio, das weitaus besser war, als die uns bekannten Tonschmieden. Das bedeutete nicht, dass wir von Rodger Bain die Schnauze voll hatten. Ich mochte seine Arbeit. Aber wir hatten schon so viele Songs mit ihm produziert, dass die Zeit gekommen war, die Aufnahmen selbst in die Hand zu nehmen. Rodger soll sich angeblich zurückgezogen haben und mit niemandem mehr reden. Ich verstehe sein Verhalten nicht.
Auch Patrick Meehan versuchte sich als Produzent. Ich weiß nicht warum, aber er wollte es unbedingt. Meehan stand im Kontrollraum und dachte wohl, es wäre ganz nett, den eigenen Namen auf dem Cover zu sehen. Sein kreativer Anteil bestand allerdings nur in ein oder zwei behutsamen Vorschlägen: „Könnten wir nicht eventuell…?“
Die Eigenproduktion stellte sich am Anfang als schwieriges Unterfangen heraus, denn jeder wollte seine Wünsche verwirklicht sehen. Im Laufe der Sessions konnten wir uns aber problemlos einigen. Erst später, ungefähr von Sabbath Bloody Sabbath an, begann ich mich intensiver mit den Produktionen auseinander zu setzen.
Die Aufnahmen dauerten circa sechs bis acht Wochen. Wir ließen das Equipment nach Bel Air karren, um dort die letzten Songs zu schreiben. Dank der angenehmeren Umgebung hatte die ganze Band eine bessere Laune und folgte diszipliniert dem strikten Arbeitsplan.
Klar, alle alberten rum und machten Späße, doch es fielen uns schnell neue Ideen zu Songs ein. Vielleicht haben auch die Tonnen von Koks die ganze Prozedur beschleunigt. Das Marschpulver erreichte uns in einer verschweißten Kiste von den Ausmaßen eines Lautsprechers, in der die in Wachs eingegossenen Tütchen steckten. Wir knibbelten das Wachs weg und freuten uns auf pures, ungestrecktes Koks – und davon besaßen wir unvorstellbare Mengen. Es war wie im Film Scarface , in dem Tony Montana vor dem Stoff sitzt: Wir häuften das Kokain auf dem Tisch, verteilten es mit einer Spielkarte und schnupften jeder eine Line – na ja, manchmal auch mehrere. Das sprach sich wie ein Lauffeuer herum und schon bald kamen andere Musiker, viele Mädchen und all die neuen „Freunde“ und tauchten tief in das Schneegestöber ein.
Eines sonnigen Tages saß die komplette Band im Fernsehraum. Auf dem Tisch vor uns lag massig Koks und Gras. Überall in dem Haus waren Druckknöpfe und Schalter in den Wänden eingebaut. Bill dachte wohl, es sei die Klingel fürs Personal, doch tatsächlich aktivierte er die Alarmschaltung der Polizei in Bel Air. Nur wenige Minuten später stand ich auf und sah sechs Dienstwagen in der Einfahrt. Ich schrie: „Schnell, die Bullen.“
Die anderen lachten sich schlapp.
„Ich meine es ernst. Es ist die Polizei.“
Schallendes Gelächter.
Ich schnappte mir einen von ihnen und zog ihn an den Haaren vors Fenster: „Und was ist das wohl?“
Und plötzlich glich das Zimmer einem aufgeschreckten Taubenschlag.
In Windeseile kratzten wir
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