Iron Man - Von Black Sabbath bis Heaven & Hell
Wallungen zu kommen. In einer Pause gingen Geezer und ich einen langen Korridor entlang, in dem wir einem Unbekannten begegneten.
„Wer ist denn das?“
„Keine Ahnung.“
Wir hatten keine Idee, wer das sein konnte, denn Sabbath hatten das ganze Gebäude gemietet. Er trug schwarze Klamotten und verschwand im Waffensaal. Geezer und ich folgten ihm und – nichts! In dem nackten Raum stand nur ein Tisch mit Waffen. An den Wänden hingen Schwerter und Schilde. Das war’s. Keine anderen Ausgänge mehr. Uns blieb die Spucke weg: „Wo ist der hin? Was ist mit dem passiert? Verdammt noch mal, das ist nicht zu fassen!“
Wir inspizierten die ganze Kammer, fanden aber weder eine versteckte Tür noch einen Geheimausgang. Er hätte sich auch nicht unter dem Eichentisch verstecken können, denn der war viel zu klein. Auf unsere Nachfrage antwortete die Besitzerin der Burg: „Trug er einen großen Hut?“
„Tja, das war nicht so genau zu erkennen. Wir sahen nur die Umrisse.“
„Oh, das ist Soundso, das Schlossgespenst. Man trifft es gelegentlich.“
Als ob das die normalste Sache in der Welt gewesen wäre. Glücklicherweise bekamen wir ihn nie wieder zu Gesicht.
Ozzy schlief ungefähr zur gleichen Zeit im Wohnzimmer ein, in das ein großer Kamin in einer Wand eingelassen war. Er hatte das Kohlenfeuer kräftig angestochert, wobei Glut auf den Teppich gefallen sein musste. Er begann langsam zu kokeln. Als wir eintraten, lag Ozzy bewusstlos auf der Couch. Die Flammen krochen an dem Möbel hoch. Hätten wir ihn nicht rechtzeitig gefunden, wäre das sein sicherer Tod gewesen. Es ist eine dumme Angewohnheit von Ozzy, das Feuer zu stark anzufachen. Bei sich zu Hause läuft das nicht anders. Er brachte sogar mal den Kamin so zum Glühen, dass sich das alte Gebälk entzündete. Nur noch die Feuerwehr konnte das Haus vor dem Niederbrennen bewahren. Wir retteten ihn in letzter Sekunde. Wären wir nur ein wenig später in den Raum gekommen, hätte Ozzy dem Schlossgespenst den Platz streitig machen müssen.
Ich erzählte den anderen von unserer unheimlichen Begegnung. Kurz darauf begannen die Spielchen. Jeder wollte dem anderen einen Schrecken einjagen. Unser Roadie Luke bewohnte ein Einzelzimmer. Dort stand ein großes Bett, umgeben von einem edlen Baldachin. Auf dem Kaminsims thronte ein altes Schiffsmodell. Ich besorgte mir zwei Angelschnüre und zog beide unter dem Teppich durch, um sie an den Vorhängen und dem Modell zu befestigen. Von draußen konnte ich nun mühelos daran ziehen. Zuerst ruckelte ich vorsichtig am Schiff. Dann am Vorhang. Ich hörte seine ängstliche Stimme: „Wer ist da? Ist da jemand?“
Nachdem er sich aus der Erstarrung gelöst hatte, schoss er aus der Tür.
Und ich stand da – mit den Angelschnüren in der Hand!
Die Besitzerin des Schlosses erklärte Bill: „Es ist gut möglich, dass Sie sich manchmal etwas unbehaglich in Ihrem Zimmer fühlen. Dort herrscht eine befremdliche Atmosphäre.“
Bill fragte: „Ja, und warum?“
Und sie begann: „Tja, vor vielen, vielen Jahren…“
Und dann erzählte sie ihm die Geschichte von der Dienstmagd, die vom Besitzer geschwängert worden war. Sie brachte das Kind zur Welt und stürzte sich aus dem Fenster in den sicheren Tod. Das Drama geschah in seinem Zimmer. Angeblich gab es Nächte, in denen man die unglückliche Frau sah, wie sie durch den Raum rannte und durch das Fenster sprang. Bill ängstigte die Geschichte so sehr, dass er nur mit einem großen Dolch ins Bett ging.
Ich fragte ihn: „Was willst du denn mit dem Ding?“
„Wenn der Geist mich heimsucht …“
„Bill, es ist ein Geist. Wie willst du denn, um Himmels Willen, solch eine Erscheinung erstechen?“
Geezer hingegen fand Gefallen an dem angeblichen Spukzimmer. Er hielt sich gerne dort auf und versuchte die Atmosphäre zu absorbieren. Letztendlich wusste niemand, ob die Geschichte den Tatsachen entsprach, oder ob uns die Besitzerin nur verarschen wollte. Wir mieden von da an diesen Teil des alten Gemäuers. Mein Gott, wir hatten die Einsamkeit gesucht, um in Ruhe zu arbeiten und Songs zu schreiben. Und jetzt jagten sich alle eine so höllische Angst ein, dass sie nachts am liebsten nach Hause gefahren wären. Allerdings wirkte sich die Atmosphäre günstig auf meine Schreibblockade aus. Als wir mit den Proben starteten, fiel mir gleich am ersten Arbeitstag „Sabbath Bloody Sabbath“ ein. Bäng – mir fiel ein Stein vom Herzen!
35: Sabbath Bloody Sabbath
Das Album Sabbath
Weitere Kostenlose Bücher