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Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Titel: Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Ich für meinen Teil würde ganz bestimmt keinen Fuß mehr in diesen Höllenpfuhl setzen!
    »Sie haben den Deckel wieder geschlossen«, sagte er, »aber nicht richtig. Ich glaube, Sie wollen wieder dort runter.«
    Das beunruhigte mich. »Hat Doktor Watson das gesagt?«
    »Nein!« Diesmal kam seine Antwort mindestens genauso zu schnell, wie sie gerade zu zögerlich gewesen war. »Der Doktor würde mich nie zu etwas zwingen! Er ist ein guter Mensch.«
    Das war nicht das, was ich gefragt hatte, aber vielleicht erfuhr ich ja auf diesem Umweg mehr als auf direkte Nachfrage. »Sie mögen Doktor Watson?«
    »Er ist ein guter Mensch«, bestätigte Mulligan. »Er hat mir eine Chance gegeben, mein Leben neu zu bedenken. Ohne ihn würde ich im Crumlin Road Gaol verrotten.«
    Oder tot sein, dachte ich, behielt das aber vorsichtshalber für mich. »Er scheint ohnehin ein besonderer Mensch zu sein«, pflichtete ich ihm vorsichtig bei. »Umso mehr wundert es mich, ihn ausgerechnet an einem solchen Ort zu finden.«
    »Es ist schlimm hier, ich weiß«, sagte Mulligan. »Aber es war noch viel schlimmer, bevor der Doktor gekommen ist. Er hat vieles verbessert, und er wird es noch besser machen.«
    Er sagte das mit einer Inbrunst, die mich aufhorchen ließ. »Sie wissen, wie es hier vorher war?«
    Dieses Mal zögerte Mulligan sogar noch länger, aber schließlich nickte er knapp. »Zwei Jahre.«
    Also war irgendein Richter wohl gnädig genug gewesen, Mulligan nach irgendeinem seiner fehlgeschlagenen Geniestreiche in die Klapse zu schicken und nicht aufs Schafott. Ich beließ es bei einem fragenden Blick, den er allerdings ignorierte.
    »Er hat die Isolierstation geschlossen, und niemand wird mehr geschlagen.«
    Was im Umkehrschluss bedeutete, dass die Patienten hier früher mit harter Hand angefasst worden waren. Gut, dass Allison das nicht hörte. »Und Sie?«
    Mulligan sah mich fragend an, und ich deutete auf sein weißes Hemd. »Vor zwei Jahren waren Sie hier Patient, und jetzt sind Sie Pfleger.«
    »Ich wollte nicht gehen«, antwortete er. »Der Doktor hat mich gesund gemacht, aber ich wusste nicht, wohin. Da hat er mir angeboten, hier zu arbeiten.«
    »Einfach so?«
    Mulligan schüttelte den Kopf. »Der Doktor hat schon vielen geholfen. Bevor er den Laden übernommen hat, waren hier fast doppelt so viele Patienten.«
    »Und er hat sie alle geheilt?«, fragte ich, ohne einen gewissen Zweifel aus meiner Stimme verbannen zu können.
    Mulligan schüttelte den Kopf. »Nur die, die wirklich krank waren. Viele waren es gar nicht.«
    So wie er, vermutete ich. Man hatte offensichtlich viele etwas einfach gestrickte Kleinkriminelle hierhin abgeschoben. Allison hatte offensichtlich recht gehabt, auch wenn ich es noch immer nicht zugeben wollte.
    Vor uns wurden Geräusche laut, die ich nicht deuten konnte, aber beunruhigend fand. Ich beschleunigte meine Schritte und wäre prompt fast über ein dickes gummiummanteltes Kabel gestolpert, das sich über den Boden schlängelte und in einer offen stehenden Tür verschwand. Dabei machte es einen respektvollen Bogen um einen schweren hölzernen Deckel, der fast die Hälfte der Gangbreite einnahm. Der improvisierte Kanaldeckel, von dem Mulligan gesprochen hatte. Sowohl er als auch ich schlugen instinktiv einen Bogen um den Einstieg in eine Welt, die so viel Schrecken für uns bereitgehalten hatte. Mulligan sprach erst weiter, nachdem wir einen gehörigen Abstand zwischen uns und den Deckel gebracht hatten.
    »Ohne den Doktor hätten sie mich wahrscheinlich schon irgendwo verbuddelt«, sagte er überzeugt. »Und so manch anderen hier hätte wohl auch schon der Sensenmann geholt. Er ist ein wirklich guter Mensch.«
    Ich war beinahe sicher, so etwas wie eine vage Drohung aus seinen Worten herauszuhören, zumindest aber eine Mahnung, und wechselte behutsam das Thema. »Und sein Freund?«
    »Sir Arthur?«
    »Sie kennen ihn?«, fragte ich überrascht.
    »Ein feiner Mann«, bestätigte Mulligan. »Ich habe ihn einmal getroffen, und er war wirklich nett zu mir. Hat mich freundlich behandelt, fast wie einen Gleichgestellten, obwohl er ein Edelmann ist.«
    »Ein Adeliger?« Warum war ich eigentlich überrascht? Immerhin hatte Watson seinen einflussreichen Bekannten ja auch am Telefon Sir Arthur genannt. Ich hatte das Gefühl, dass mir diese Erkenntnis etwas Bestimmtes – Wichtiges – sagen wollte, doch gerade als ich den Gedanken greifen wollte, plapperte Mulligan weiter. »Er ist Ausländer. Aus England,

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