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Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Titel: Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wie der, neben dem wir standen, und diese Erkenntnis erfüllte mich mit Erleichterung. Auch wenn es sich nur um mechanische Doppelgänger handelte.
    Mein promovierter Begleiter musste wohl der Meinung sein, dass ich noch nicht demoralisiert genug war, denn nun wies er mit seiner Lampe nach oben, und was der sanft pochende Lichtstrahl aus der Dunkelheit über unseren Köpfen riss, das ließ mir den Atem stocken.
    Der Raum war gute drei oder auch vier Stockwerke hoch und hatte die Abmessungen einer kleinen Kathedrale, unter deren Decke sich gewaltige technische Installationen mir unbekannten Zwecks entlangzogen. Vielleicht auf halber Höhe befand sich ein schmaler metallener Steg, der vermutlich um die ganze Halle herumführte. Falls er irgendwann einmal ein Geländer bekommen sollte, dann war es jedenfalls noch nicht montiert, aber ich gewahrte trotzdem etliche weitere Gestalten, die auf dem unsicheren Steg standen und ins Leere sahen. Damit war immerhin klar, wo der Todessturz des Mannes seinen Ausgangspunkt genommen hatte.
    Aber ich war nicht besonders glücklich darüber. Der Lichtstrahl ließ mindestens zwei oder drei Dutzend regloser Menschenstatuen in der Dunkelheit aufblitzen und wieder darin untertauchen, und ich fragte mich, wie viele leblose Augenpaare uns noch aus der Dunkelheit heraus anstarrten.
    Watsons Lampe flackerte stärker, ging aus und wieder an und noch einmal aus, und nachdem sie das nächste Mal wieder angegangen war, brannte sie nicht nur deutlich heller, sondern auch gleichmäßig und ohne das geringste Flackern.
    Ebenso wie die Mulligans.
    Und wie die zahllosen elektrischen Lampen, die eine nach der anderen nicht nur unter der Decke angingen, sondern auch überall in der weitläufigen Halle.
    Ich war so überrascht, dass ich zunächst nicht begriff, was diese Beobachtung bedeutete, sondern es erst Mulligans warnenden Schreis bedurfte. Neben mir nahm ich eine schattenhafte Bewegung aus den Augenwinkeln wahr, die ich mehr erahnte als wirklich sah. Ich war nicht sicher, ob ich ihr aus eigenem Anlass auswich oder ob es Mulligan war, der mich an der Schulter ergriff und zurückriss, sodass ich der täuschend menschlich wirkenden Eisenhand um Haaresbreite entging, die plötzlich nach mir griff.
    Dafür erwischte mich eine andere.
    Spätestens in dem Moment, in dem sich eine eisenharte und kalte Hand um meinen Nacken legte und mit einer Gewalt zudrückte, die mir sofort die Tränen in die Augen trieb, verloren die nachgemachten Männer auch noch das letzte bisschen Menschenähnlichkeit. Jemand schrie – vermutlich ich –, und noch mehr elektrische Lampen erwachten flackernd zum Leben. Es roch verbrannt, und irgendwo tief unter unseren Füßen schien eine mächtige Maschine zum Leben zu erwachen.
    Dafür war etwas anderes nicht mehr da, und angesichts meiner misslichen Lage war es wirklich nicht schwer zu erraten, was das war.
    Ich versuchte mich loszureißen, schaffte es auf den zweiten Anlauf, bezahlte dafür aber mit dem Verlust meines Gleichgewichts, sodass ich noch einen ungeschickten Schritt zur Seite stolperte und dann der Länge nach hinfiel. Eine scharfe Metallecke schnappte nach meinem Gesicht und verfehlte es so knapp, dass schon der bloße Anblick wehtat. Eine weitere Metallhand schloss sich um meinen Knöchel und zerrte mich mit brutaler Kraft zurück. Irgendetwas krachte so laut, dass ich annahm, Mulligan hätte seine Schrotflinte abgefeuert, zumal es nun überall rings um mich herum winzige Metallwürfel, -kugeln und -splitter zu regnen begann.
    »Nicht!«, hörte ich Chip brüllen. »Das dürfen Sie nicht! Nicht schießen!«
    Tatsächlich hatte Mulligan seine Waffe gar nicht abgefeuert, wie ich feststellte, als ich mich hastig aufrappelte und zugleich nach ihm und dem Jungen Ausschau zu halten versuchte, sondern dem Mann, der mich gepackt hatte, die beiden Läufe in den Leib gerammt. Das aber mit solcher Kraft, dass es wohl kaum noch einen Unterschied machte. Der Angreifer brach nicht nur zusammen, sondern schien regelrecht auseinanderzufallen, wobei sich all seine Glieder in unterschiedliche Richtungen zu bewegen schienen. Der unheimliche Moment währte jedoch nicht einmal so lange wie zwei aufeinanderfolgende Herzschläge, dann hatte sich der Mann wieder erinnert, wie man sich bewegte und wie nicht, wandte sich ganz Mulligan zu und nahm ihm das Gewehr weg. Mulligan wehrte sich entschlossen mit seiner ganzen Kraft, was sein mechanisches Gegenüber jedoch nicht einmal zur Kenntnis

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