IRRE SEELEN - Thriller (German Edition)
nahm einen Kugelschreiber und drehte ihn zwischen seinen dicken Fingern. »Es war ein Pflegeheim, sicher.«
»Eine Irrenanstalt. Eine Klapsmühle.«
»Na gut, es war ein Irrenhaus. Aber ich verstehe nicht, was das für einen Unterschied macht. Es wurde seit über 60 Jahren nicht mehr bewohnt. Und Sie werden doch den Namen ohnehin ändern, oder?«
»Ich muss wissen, wo ich die Eigentümer finde«, platzte Jack heraus.
»Ich glaube nicht, dass sie das gutheißen würden, Mr. Reed, bei allem Respekt. Sie leben, nun ja, sehr zurückgezogen. Ich denke, das habe ich Ihnen deutlich zu verstehen gegeben.«
Jack senkte einen Moment lang den Kopf. Daniel Bufo nippte an seiner Tasse und wartete auf eine Reaktion.
Schließlich antwortete Jack: »Entweder Sie stellen den Kontakt zu den Eigentümern her oder das Geschäft ist geplatzt.«
»Wie bitte?«
»Sie haben mich schon verstanden. Ich will jetzt sofort Adresse und Telefonnummer der Besitzer oder wir blasen die ganze Sache ab.«
»Mr. Reed, Sie bringen mich damit in eine ausgesprochen schwierige Situation. Ich muss die Privatsphäre meiner Klienten wahren. Sie haben den ausdrücklichen Wunsch geäußert, diesen Verkauf nur mithilfe von Anwälten und nicht von Angesicht zu Angesicht abzuschließen.«
Jack stand auf. »Okay, das war’s. Vergessen Sie’s. Was mich angeht, gibt es keinen Immobilienverkauf mehr.«
»Mr. Reed, bitte glauben Sie mir, die Eigentümer möchten Ihnen sehr gerne das Grundstück verkaufen. Der Preis passt ihnen auch und sie freuen sich über Ihren Entschluss, das ursprüngliche Gebäude zu erhalten und in ein Ferienressort zu verwandeln. Sie unterstützen diesen Plan ausdrücklich! Aber wenn mich ein Kunde darum bittet, seine Privatsphäre zu wahren – nun, was bleibt mir denn da anderes übrig? Es gibt im Immobiliengeschäft einen Ehrenkodex, wissen Sie? Es ist fast so, als ob ich ein Arzt wäre.«
»Dann aber wohl eindeutig ein Proktologe!«, konterte Jack und öffnete die Tür. Daniel Bufo sprang auf, um ihm zu folgen, doch Jack hob abwehrend die Hand.
»Falls Ihre Klienten die Meinung doch noch ändern sollten, erreichen Sie mich im Howard-Johnson’s-Motel an der Route 94.« Er griff in seine Manteltasche und warf Daniel Bufo ein Zündholzheftchen zu. »Da steht die Nummer drauf.«
»Mr. Reed, ich glaube wirklich nicht …«
»Mr. Bufo, ich brauche ganz dringend Informationen. Es geht um Leben und Tod. Fragen Sie Ihre so auf Privatsphäre bedachten Klienten doch wenigstens mal, ob sie sich vorstellen könnten, mich zu treffen. Ob sie es zumindest in Erwägung ziehen würden, okay?«
Er zog die Tür hinter sich zu und ließ einen ausgesprochen nachdenklichen Daniel Bufo wie einen frustrierten Dreikäsehoch vor seiner Tasse Schokolade zurück.
Seine nächste Station war das Archiv der Madison Times . Der Verlag war in einem unansehnlichen Betongebäude untergebracht, das sich in unmittelbarer Nachbarschaft einiger halbseidener Ersatzteilhändler und Chinarestaurants befand. Jack brachte den Großteil des Nachmittags in einem winzigen Hinterzimmer zu, um sich durch die Zeitungen von 1926 zu wühlen. Das Mikrofilm-Archiv reichte lediglich bis 1943 zurück.
Eine ältere Dame in einer schwarzen Wolljacke und einem grauen Rock war damit beschäftigt, Zeitungsausschnitte aufzukleben. Sie gackerte und schnaufte jedes Mal, wenn er einen neuen Band aus dem Regal zog. Das Zimmer roch nach modrigem Papier und Alte-Damen-Parfüm. Der Regen prasselte gegen das einzige Fenster und Jack wurde langsam von Müdigkeit übermannt.
»Essen Sie eigentlich nie? «, wollte die alte Dame gegen 14:00 Uhr von ihm wissen.
Jack versuchte zu lächeln. »Es gibt Wichtigeres im Leben als Essen.«
Schließlich entdeckte er in einem Sammelband mit kaputtem Rücken, auf dem ein Zettel mit dem Vermerk »Bitte neu binden!« klebte, die Ausgaben der Madison Times aus dem Juni 1926. Er legte sie auf den Tisch und studierte sie in aller Gründlichkeit – Seite für Seite, Spalte für Spalte.
Doch auch nach einer geschlagenen Stunde hatte er nirgendwo eine Meldung über The Oaks oder Dr. Estergomy gefunden.
Er lehnte sich zurück und ließ den Band frustriert zuklappen.
Da erkundigte sich die alte Jungfer bei ihm: »Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?« Es war inzwischen fast 16:00 Uhr.
Jack schüttelte den Kopf. »Da drin steht wirklich alles Mögliche. Babywettbewerbe, Heiratsanzeigen, wer gestorben ist und wer nicht. Ich hätte nur gedacht – ach, ich
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