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Irre - Wir behandeln die Falschen - Unser Problem sind die Normalen - Eine heitere Seelenkunde

Titel: Irre - Wir behandeln die Falschen - Unser Problem sind die Normalen - Eine heitere Seelenkunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Luetz Eckart von Hirschhausen
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Intelligenz und strategischem Denken nimmt es ein Schizophrener, der unter Verfolgungswahn leidet, mit jedem Generalstabsoffizier auf, nur dass der Generalstabsoffizier sich zumindest mit seinem befehlshabenden Kommandeur darüber einig ist, dass es den Feind wirklich gibt. Der Schizophrene dagegen ist bei dieser Überzeugung ganz auf sich allein gestellt. Doch es gibt Fälle, da gelingt es Schizophrenen, einen anderen Menschen, etwa die Ehepartnerin, wenn diese eine bestimmte Persönlichkeitseigenart mitbringt, so vom eigenen Wahn zu überzeugen, dass man als Psychiater vor einer so genannten »Folie à deux« steht. Da sammeln dann beide Ehepartner eifrig Folien gegen Laserstrahlen, die sie ums Ehebett binden. Da schreibt die Ehefrau empörte Briefe an alle möglichen Behörden und verweigert den Herrschaften vom Gesundheitsamt, die eigentlich bloß den Mann in Behandlung bringen wollen, den Zutritt zur Wohnung. In solchen Fällen steht dann ein etwas verwirrtes Gesundheitsamt an der Wohnungstür. Nachdem man sich einigermaßen gefangen hat, muss man jetzt erst mal herausbekommen, wer denn hier der wirklich »Verrückte« ist.
     
    Sobald übrigens der Patient für seine Überzeugung die Mehrheit bekommt und der Psychiater der einzige ist, der fest davon überzeugt ist, dass der Patient krank ist, spätestens dann
bekommt dieser Psychiater ein Problem und braucht nette Kollegen, die ihm professionell und einfühlsam helfen. Daher ist es ratsam, bei überzeugenden Gegenargumenten zeitig die Kurve zu kriegen. Wir hatten in unserer Klinik einmal einen Patienten zur Aufnahme bekommen, der felsenfest behauptete, in seinem Vorgarten sei nachts eine portugiesische Band aufgetreten und habe ihm die Nachtruhe geraubt. Da es sich um ein entlegenes Eifeldorf handelte, hatten wir schon die verschiedensten diagnostischen Hypothesen erwogen. Als wir dann zur Abrundung der Exploration noch die Angehörigen zu Hause anriefen, stellte sich zu unserer Verblüffung heraus, dass tatsächlich in diesem verlassenen Dorf kürzlich eine portugiesische Band aufgetreten war. Auch Psychiater können irren, und je schneller sie das merken, desto besser für die Patienten, aber auch für die Psychiater, denn wie gesagt, sonst kommen jene verständnisvollen Kollegen...
     
    Es gibt auch einige andere Störungen, die mit Wahn einhergehen, aber das Vollbild der Schizophrenie nicht erreichen. Die Paranoia ist eine solche Erkrankung. Dazu gehört auch der so genannte sensitive Beziehungswahn. Hier sind die primär schüchternen, hochgradig kränkbaren Frauen, die das nicht selten betrifft, ganz von ihrem Wahn ergriffen, aber ansonsten total fit, so fit, dass das Objekt ihres Beziehungswahns, oft eine irgendwie hochgestellte Persönlichkeit, an den Rand der Verzweiflung gebracht wird. Ich habe eine Patientin erlebt, die sich sogar durch Gerichtsbeschlüsse nicht davon abhalten ließ, einen evangelischen Pfarrer Tag für Tag mit ihren Liebesbezeugungen zu traktieren. Sie hörte keine Stimmen, war auch sonst lebenstüchtig, nur von ihrem aussichtslosen Liebeswahn kam sie nicht los.
     
    Hochgestellte Persönlichkeiten spielen auch bei einer ausgewachsenen Schizophrenie eine große Rolle. Eine chronisch schizophrene Patientin, die kommentierende Stimmen hörte und schon seit Langem auffällig war, berichtete bei der Aufnahme, sie müsse unbedingt zum Papst nach Rom. Sie müsse dringend mit ihm sprechen, er habe auch schon Kontakt mit ihr
aufgenommen. Er habe ihr bestimmte eindeutige Zeichen gegeben. Sie lächelte glücklich, als sie das sagte. Sie war natürlich nicht krankheitseinsichtig, war nur auf Drängen von Angehörigen ins Krankenhaus gekommen, verweigerte aber die Medikamente. Wir versuchten, einen vertrauensvollen Kontakt mit ihr zu bekommen, denn sie war zu Anfang sehr misstrauisch und versuchte, wie viele erfahrene Patienten, ihre Wahnthematik zu verbergen, da sie immer wieder auf Unverständnis gestoßen war. Als sie dann zutraulicher wurde, berichtete sie, sie müsse den Papst unbedingt dazu bringen, den Zölibat aufzuheben, und wenig später offenbarte sie uns, sie müsse nämlich den Papst heiraten. Das war eigentlich alles sehr folgerichtig, wie man sich überhaupt in schizophrenes Denken mit der Zeit ganz gut hineinversetzen kann - ohne es natürlich zu teilen!
     
    Schizophrene Patienten entwickeln bisweilen ganze Wahnsysteme. Ich erinnere mich an einen Patienten, den ich in einem Eifeldorf aufsuchte. Fünf Meter vor dem Ortsschild

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