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Irre - Wir behandeln die Falschen - Unser Problem sind die Normalen - Eine heitere Seelenkunde

Titel: Irre - Wir behandeln die Falschen - Unser Problem sind die Normalen - Eine heitere Seelenkunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Luetz Eckart von Hirschhausen
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besonders, entsprechen die Stimmung und der Gesichtsausdruck des Patienten nicht unbedingt dem, was er sagt. Seine emotionale Mitschwingungsfähigkeit im Gespräch ist nur gering ausgeprägt.
     
    Die so genannte Schizophrenia simplex steht dem nahe. Sie zeigt nur den so genannten »Knick in der Lebenslinie«, eine allgemeine Reduktion der Dynamik, und der Patient versandet dann irgendwie. Er entwickelt keine »positiven Symptome« wie Halluzinationen und Wahn, sondern »negative Symptome« wie Verflachung der Affekte, Antriebsminderung sowie Störungen von Konzentration und Aufmerksamkeit. Es können auch die bei Schizophrenen häufigen, so genannten formalen Denkstörungen hinzukommen, die sich etwa in den Schwierigkeiten zeigen, die ein Schizophrener damit hat, Sprichworte richtig zu verstehen. Wenn er erklären soll, was der Spruch bedeutet »Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein«, wird er vielleicht darauf hinweisen, dass es viele Fälle gibt, Überfälle, Ausfälle, Einfälle etc. Auch humorvolle Bemerkungen können manchmal - keineswegs immer! - falsch verstanden werden. Ferner zeigt sich nicht selten eine ausgeprägte Unentschiedenheit. In extrem psychotischen Zuständen kann der Gedankengang eines schizophrenen Patienten abreißen oder völlig durcheinandergeraten, »zerfahren« werden, wie man das nennt. Dann springen die Patienten gedanklich unzusammenhängend von einem Thema zum anderen »Dreimal drei ist Donnerstag, Neujahr fällt auf den ersten...«, pflegte unser - nicht schizophrener - Englischlehrer bisweilen zu sagen und präsentierte damit eine klassische Zerfahrenheit. Es kommen fantasievolle neue Wortbildungen vor, die Sprache kann aber auch bis zum ausgeprägten Wortsalat verändert sein. Formale Denkstörungen
können bei allen Formen der Schizophrenie mehr oder weniger ausgeprägt vorkommen. Bei der Schizophrenia simplex sind sie allenfalls angedeutet und die »Negativsymptome« bestimmen das Bild, wie auch beim schizophrenen Residuum, dem chronischen Restzustand der Schizophrenie. Die älteren Neuroleptika konnten da übrigens kaum helfen, während die neuere Generation dieser Medikamente auch dort eine gewisse Wirkung zeigt.
     
    Die letzte Form, die katatone Schizophrenie, diagnostizierten die alten Psychiater vor 100 Jahren noch häufig. Die Patienten sind angespannt und stehen oft in skurrilen Verrenkungen stundenlang im Raum. So etwas sieht man heute kaum noch.

2. Gute Nachrichten - Eine unheimliche Krankheit verliert ihren Schrecken
    Ein Drittel der Schizophrenen wird vollständig gesund. Ein Drittel behält ein kleines Defizit, das die Betreffenden aber nicht daran hindert, einem Beruf nachzugehen. Ein weiteres Drittel bleibt chronisch krank, wobei bei einem Drittel davon später sogar noch ein so genannter »zweiter positiver Knick« eintritt. Je akuter der Beginn einer solchen Psychose, desto besser ist die Prognose. Solche Auskünfte sind übrigens für die Angehörigen, die völlig verzweifelt neben einem komplett verrückten Patienten sitzen, sehr wichtig. Wenn eine psychotische Entwicklung schleichender einsetzt ohne Halluzinationen und klaren Wahn, dann ist der Verlauf oft viel schwieriger. Für chronisch Schizophrene gibt es inzwischen so gute Hilfen, dass sie mit ihrer Erkrankung ein durchaus glückliches Leben führen können. Oft sind sie weiser als ihre »normalen« Freunde, denn sie haben schwere Lebenskrisen erfolgreich bewältigt und sie haben dabei im Wortsinne fantastische Erfahrungen gemacht, die zwar oft leidvoll waren, aber dem Leben andererseits eine einmalige Färbung gegeben haben. So ist das Wort »Schizophrenie« heute leider vor allem missverständlich.
Denn all den Horrorbildern, die man früher damit verband, sind längst die Grundlagen entzogen.
     
    Am unsinnigsten setzen die »Normalen« das Wort Schizophrenie ein. Sie missbrauchen es als Schimpfwort und nennen gern das Verhalten eines gegnerischen »Normalen« schizophren, wenn sie sagen wollen, dass es in sich widersprüchlich oder völlig unsinnig ist. Doch es sind eben gerade die Normalen, die sich nicht selten aus wenig erfreulichen Gründen selbstwidersprüchlich und völlig unsinnig verhalten. Wirklich Schizophrene verbinden dagegen mit ihrem auffälligen Verhalten keine bösen Absichten. Sie sind in ihrem Wahn völlig konsequent, und das ganze Wahngebäude ist in sich höchst sinnvoll organisiert, es ist in sich schlüssig. Nur die - wahnhaften - Grundannahmen sind eben falsch. An

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