Irrflug
wären, waren nahezu alle Plätze belegt. Ihr kesses Winken wurde von drei Personen erwidert. Es waren zwei Männer und eine blonde Frau, die ihre Haare kurz trug.
„Hi”, grüßten alle. Einer, der mit seiner Stirnglatze aussah, als sei er ein erfolgreicher Geschäftsmann, deutete auf den freien Stuhl an seiner Seite und bot ihr einen Platz an. „Elvira hat schon gesagt, dass du kommen würdest”, sagte der etwa 50-Jährige, dessen blondes Haar graumeliert schimmerte.
„Nachdem ich von ihr erfahren hab’, was da auf der Hahnweide los war, hat mir das keine Ruhe gelassen. Der Flugleiter in Konstanz konnte mir ja auch nichts sagen”, erwiderte sie und legte ihre Handtasche auf die Tischplatte. Noch bevor die anderen etwas sagen konnten, eilte die Wirtin herbei und umarmte Svea. „Schön, dass du da bist”, sagte Elvira Schneider, die noch immer ihre Hotpants trug. Sie bestellte für Svea eine Zitronenlimonade und erklärte, dass sie die nächsten zehn Minuten nicht gestört werden wolle. Dann setzte sie sich ihrer Freundin gegenüber – neben den jungen schnauzbärtigen Mann mit den pomadigen schwarzen Haaren.
„Jeder, der sich auf der Hahnweide auskennt, ist schockiert”, sagte sie dabei, „weil kein Mensch weiß, wer da ermordet wurde.”
„Du sagst ermordet”, griff Svea Heinemann die Feststellung ihrer Freundin auf, „ist man sich da denn so sicher?”
„Im Radio hat’s immerhin geheißen, sie sei mit einem schweren Gegenstand erschlagen worden”, schaltete sich jetzt die blonde Frau ein, nachdem sie an ihrem Cola-Glas genippt hatte. Der Wind erfasste die Sonnenschirme, die jedoch fest in ihren Betonsockeln verankert waren.
„Könnt ihr euch denn vorstellen, wer diese Frau ist?”, fragte Svea weiter und blickte in die Runde.
„Ich hab’ mir die Personenschreibung schon tausendmal durch den Kopf gehen lassen, aber ich komm’ auf niemand”, erwiderte die Wirtin und wischte eine Stechmücke von den Schenkeln.
Der Geschäftsmann mit den wenigen Haaren runzelte die Stirn. „Ich denke, die Polizei wird jetzt gründlich die Flieger-Szene durchforsten.”
„Wie meinst du denn das?”, fuhr der Pomadige dazwischen.
„Überleg’ doch, Andy”, entgegnete ihm der Geschäftsmann, „wenn die keinen Anhaltspunkt haben, bleibt denen doch nichts anderes übrig, als ein Mosaiksteinchen nach dem anderen zusammenzusetzen.
„Du meinst, die tauchen auch bei uns auf?” Der Pomadige, der Andy genannt wurde, schien nervös zu werden.
„Damit ist zu rechnen”, stellte der Geschäftsmann fest.
Die Wirtin schluckte und behielt den Graumellierten im Auge. „Sag’ mal, Tommy, ist das dein Ernst?”
Tommy, der Geschäftsmann, dessen Nachname Hausold in Göppingen für feinste Herren- und Damenmode stand, zuckte mit den Schultern. „Ich versetz’ mich nur in die Lage der Kriminalisten. Man liest und sieht ja schließlich Krimis.”
Die Blonde mit den kurzen Haaren war auffallend still geworden. Sie nahm noch einmal einen Schluck Cola und beobachtete den Geschäftsmann Hausold.
Svea Heinemann zeigte sich selbstsicher, wie immer in solchen Momenten. „Wir haben ja, was diese Sache anbelangt, nichts zu befürchten”, stellte sie fest, um nach kurzer Pause hinzuzufügen. „Hoffe ich jedenfalls.” Sie blickte fragend in die Runde.
„Natürlich nicht”, sagte Hausold und strich sich über die schweißnasse Stirnglatze.
„Wir lassen das cool auf uns zukommen”, ergänzte die Wirtin.
„Ansonsten stellen wir jetzt halt mal vorläufig die Fliegerei ein bisschen ein”, meinte Svea Heinemann und versuchte ein Lächeln.
„Das find ich nicht gut”, sagte Andy, „dann machen wir uns doch gleich verdächtig. Wer sein Verhalten verändert, den drehen die gleich gnadenlos durch die Mangel.”
„Was heißt verdächtig”, schaltete sich die wortkarge Blonde ein, „wieso werd’ ich verdächtig, wenn ich nichts getan habe?”
„Du solltest eines bedenken”, sagte Tommy Hausold fast väterlich und lehnte sich zurück, „vor Gericht ist letztlich nicht das wahr, was geschehen ist, sondern, was sich beweisen lässt.”
„Hat sicher Geld, wie Heu. Da haut’s dir’s Blech weg”, meinte Mike Linkohr, als sein Chef mit dem weißen Mercedes auf der B 10 filstalaufwärts fuhr. Dieser Rottler konnte es sich offenbar leisten, allein eine riesige Villa am Stadtrand zu bewohnen.
„Die Computerfritzen zocken doch allesamt ab ohne Ende”, stellte Häberle fest, nachdem er bereits
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