Irrflug
kriegt der von mir nicht. Des isch dein Part.”
Rottler nickte und stand auf, während Steinke das Thema wechselte: „Hosch des mit dr Hahnweide g’lese? Die Kripo tappt offenbar ziemlich im Dunkeln, wie mir scheint.”
Rottler blieb stehen und schaute zu seinem sitzenden Chef hinab: „Ja, eine schlimme Geschichte. Ganz schlimm, gewiss.”
„Und du kennst da drübe niemand, der in die Sach’ verwickelt sein könnt’?”
Der Finanzexperte schüttelte den Kopf. „Nein, du weißt, ich bin kein Vereinsmeier. Ich brauch’ zum Fliegen keine kleinkarierten Vereinsheinis um mich rum.”
Steinke nickte in Gedanken versunken und ließ den anderen ohne weitere Worte gehen. Er blickte durch das geöffnete Fenster zu den Ästen der alten Bäume hinaus, die seinen Firmenkomplex umgaben. Freitag, der Dreizehnte, dachte er aufgewühlt.
14
August Häberle hatte seiner Frau schonend beigebracht, dass es mit dem Grillen an diesem Wochenende wohl nichts werden würde. Sie war darüber enttäuscht gewesen, das hatte er gespürt, aber dennoch konnte er sich sicher sein, dass sie es verstehen würde. Sein Job ließ gar keine andere Möglichkeit zu. Und seit er wieder in Göppingen war, hatte er ohnehin mehr freie Abende und Wochenenden, als zu seiner Zeit als Sonderermittler beim Landeskriminalamt. Die Arbeit dort hatte ihm Freude gemacht, doch genoss er es nun, wieder daheim in der Provinz zu sein, wo manches etwas weniger hektisch war, als in der Landeshauptstadt.
Häberle hatte nur ein spartanisches Frühstück zu sich genommen und war kurz nach acht zur Göppinger Dienststelle gefahren und in sein Büro gegangen. Obwohl er früher, als verabredet dort ankam, wartete sein junger Kollege bereits. Linkohr unterhielt sich mit einigen altgedienten Kriminalisten, die sich schildern ließen, was die Sonderkommission am gestrigen Tag ermittelt hatte. Er erzählte und ließ dabei erkennen, wie hochmotiviert er war. Als Häberle auf dem Flur auftauchte, wandten sich die Kriminalisten ihm zu und begrüßten ihn. Sie waren sichtlich erfreut, dass der gewiefte Ermittler noch vor der Fahrt nach Kirchheim bei ihnen vorbeischaute.
Sie wechselten einige freundliche Worte und Häberle sagte, er könne derzeit noch nicht abschätzen, wie lange ihn die Aufgabe in Kirchheim in Anspruch nehmen werde.
„Der Chef ist nicht sehr begeistert”, berichtete einer der Kollegen und meinte damit den Leiter der Kriminalpolizei.
Häberle lächelte vielsagend und verabschiedete sich. Linkohr tat es ihm nach.
Als sie wieder in ihrem Dienst-Mercedes saßen und über die vierspurige B 10 in Richtung Uhingen fuhren, brachte Häberle das Gespräch auf die Medienberichte. „Schon gelesen, was die Zeitung schreibt?”
„Nur die Geislinger, die haben’s aber ziemlich ausführlich gemacht. Der Sander hat noch einen Extrabericht übers Berneck geschrieben.”
Der Sander, ja, dachte Häberle. Sander war der Polizeireporter der ›Geislinger Zeitung‹, in deren Zuständigkeitsgebiet der Alb-Flugplatz Berneck lag. Häberle schätzte diesen Journalisten, weil auf ihn absoluter Verlass war. Das konnte er von anderen Medienvertretern, die er im Laufe seines Berufslebens kennen gelernt hatte, nicht unbedingt behaupten. Vor allem ließen es viele, was die Polizeiarbeit anbelangte, am nötigen Sachverstand missen – oder am Verständnis.
„Ich denke, wir werden heut’ einige Hinweise aus der Bevölkerung kriegen”, meinte er, „wir werden uns jetzt erst mal von unseren Jungs in Kirchheim einen Lagebericht geben lassen.”
Sie verließen bei Uhingen die B 10 und steuerten über Albershausen und Schlierbach auf Kirchheim zu. Bereits nach 35 Minuten hatten sie ihr dortiges Ziel, das Polizeirevier in der Dettinger Straße, erreicht. Als sie auf dem park-ähnlichen Areal ausstiegen, spürten sie die angenehme Frische des Morgens. Das Gewitter hatte die drückende Schwüle aufgelöst. Am Himmel hingen zwar noch tiefe Wolken, doch begannen sie sich bereits aufzulockern. Die Front, die am späten Donnerstagabend durchgezogen war, sollte das Wetter nicht nachhaltig beeinträchtigen. Fürs Wochenende versprachen die Meteorologen schon wieder hitzige Temperaturwerte.
„Für uns ist Freitag, der Dreizehnte, kein Unglückstag, sondern ein Glückstag”, schmunzelte Häberle, als sie die Kollegen begrüßte, die in dem modernen, hellen Anbau vor verschiedenen Computerbildschirmen saßen oder sich in die Aktenberge vertieften.
Markus Deutschländer, der
Weitere Kostenlose Bücher