Irrflug
Auto abgestellt hatte, ist sie längst weg.” Hinzu kam, dass die Wärmebild-Technik kaum weiterhelfen würde. Viel zu viele Objekte waren nach der sommerlichen Tageshitze trotz des Gewitterregens noch derart stark aufgeheizt, dass einzelne Menschen kaum herauszufinden waren.
Der Helikopter überflog jetzt Neidlingen und folgte der aufwärts führenden Straße – in Richtung Wiesensteig.
„Wir machen ein paar Erkundungen und nehmen die Kamera zu Hilfe”, funkte der Co-Pilot zurück, „wenn ihr was habt, dann meldet euch”, fügte er hinzu.
Vereinzelt sahen sie jetzt aus der Luft auch Blaulichter zucken. Inzwischen waren weitere Streifen eingetroffen, die damit begannen, Kontrollstellen einzurichten und Fahrzeuge zu kontrollieren.
Der Pilot legte die Maschine in eine Steilkurve nach rechts, um das Waldgebiet entlang der Straße nun systematisch abzufliegen. Gerade entlang der Albkante erforderte ein Nachtflug hohes fliegerisches Können und höchste Aufmerksamkeit. Bereits nach wenigen Minuten mussten die Männer im Helikopter feststellen, dass trotz des vorausgegangenen Unwetters noch relativ viele Autos an den Waldrändern parkten.
„Sind vielleicht nur bei ihrem Schäferstündchen vom Regen überrascht worden”, stellte der Pilot fest, dessen Stimme sein Kollege im Helmlautsprecher hören konnte.
„Und wie sollen wir da rauskriegen, wer unser Täter ist?”, fragte der Co-Pilot zurück.
Der Mann auf dem linken Sitz zuckte mit den Schultern. „So lange die keine Freund-Feind-Kennung haben, machen die’s uns schwer.”
13
Die Sonderkommission hatte die Spezialisten der Spurensicherung nach Wiesensteig geschickt und auch gleich einen Computer-Experten des Landeskriminalamts aus dem Bett geholt. Gegen halb zwei war das Einfamilienhaus in der Helfensteinstraße durch einen Lichtmast der Bereitschaftspolizei in gleißendes Licht gehüllt. Seit einer dreiviertel Stunde durchkämmten zusätzlich zwei Hundeführer den Steilhang hinter dem Gebäude. Häberle hatte eingewilligt, alles zu alarmieren, was in irgendeiner Weise Erfolg versprechen konnte. Noch immer lag das Knattern der Helikopter-Rotoren in der Luft. Der Großeinsatz hatte dazu geführt, dass alle gehfähigen Bewohner dieses Gebiets auf den Beinen waren. Deshalb musste die Straße weiträumig mit rot-weißen Plastikbändern abgesperrt werden. Trotzdem hatten mehrere junge Beamte Mühe, die Schaulustigen zurückzuhalten. Das Gerücht machte die Runde, in dem Haus habe es ein Blutbad gegeben. Die allein stehende Frau, die dort seit drei Jahren wohnte, hatte unter der eher biederen Nachbarschaft ohnehin Anlass für mancherlei Spekulation gegeben.
Häberle und Linkohr hatten sich in einen Mannschaftstransportwagen zurückgezogen. Sie fühlten sich hundemüde und hatten Ränder unter den Augen, wie sie im grellen Licht der Wageninnenbeleuchtung besonders krass hervortraten.
Während Linkohr Notizen machte, fasste Häberle den Entschluss, sich einige Stunden Schlaf zu gönnen, um am Morgen mit neuer Kraft die Erkenntnisse der Spurensicherung bearbeiten zu können.
„Wir geh’n”, sagte er und tippte seinem jungen Kollegen auf die Schulter.
„Noch eins”, begann der zu berichten, „die Kollegen in Kirchheim sagen, es habe sich ein Mann aus Konstanz gemeldet. Flugleiter dort. Ihm ist heut’ Mittag aufgefallen, dass sich bei ihm zwei Frauen treffen wollten, eine hätte von der Hahnweide kommen sollen.”
„Ach”, überlegte Häberle, „das klingt spannend.”
Dann setzten sich die beiden Kriminalisten in ihren Mercedes. Häberle hatte Mühe, ihn zwischen den Einsatzfahrzeugen zu wenden. Anschließend löste ein Wachtmeister das Absperrband, das quer über die Straße gespannt war und forderte die Gaffer auf, dem Wagen Platz zu machen. Der Kommissar winkte dem Wachtmeister freundlich zu und steuerte den Mercedes zur Durchgangsstraße zurück. Linkohr, der in Geislingen wohnte, musste mit nach Göppingen fahren. Denn dort hatte er am späten Vormittag seinen beigen Renault Twingo abgestellt, als er von Häberle in die Sonderkommission berufen worden war.
Die beiden Kriminalisten verabredeten sich auf 9.30 Uhr bei der Göppinger Dienststelle. Das würde eine verdammt kurze Nacht werden.
Es war Freitag, der Dreizehnte. Frederik Steinke verdrängte den Gedanken, es könnte ein Unglückstag sein. Er war nicht abergläubisch und hasste das dumme Geschwätz der Rundfunk-Moderatoren, die ihm bei der Fahrt ins Büro unablässig
Weitere Kostenlose Bücher