Irrflug
in ein einziges Auto gestiegen. Oder hatten da etwa zwei Männer gewartet? Die Scheiben des Fahrzeugs spiegelten, so dass der Kriminalist nicht sehen konnte, wie viele Personen sich in dem Kombi befanden.
27
Linkohr hatte es nicht mehr in der stickigen Luft des Kirchheimer Polizeigebäudes ausgehalten. Während sein Chef in Konstanz auf Ermittlung war, wollte er sich diesen Rottler nochmals vorknöpfen. Schließlich war dieser einer von dreien, die offenbar voriges Jahr, wenn’s kein Irrtum von diesem Mosbrucker war, gleichzeitig mit der Heidrun Pulvermüller auf der Hahnweide gewesen waren. Linkohr hatte nach mehreren Versuchen Rottler telefonisch in dessen schmucken Häuschen am Göppinger Stauferwald erreicht und angekündigt, dass er in einer halben Stunde bei ihm sein werde, weil es noch einige Fragen zu klären gebe. Dem Jung-Kriminalisten war dessen Stimme ziemlich genervt und gereizt vorgekommen, doch letztlich hatte Rottler eingesehen, dass er sich den Fragen nicht würde entziehen können. Auch nicht am Freitagabend.
Linkohr musste einen älteren Polo nehmen, den ihm die Kollegen der Kirchheimer Kriminalpolizei zur Verfügung stellten. Er steuerte wieder über den ihm bereits vertrauten Weg das Filstal an und versuchte, sich im Feierabendverkehr in Göppingen zurecht zu finden. Nachdem er sich im nördlichen Bereich kurz verfahren hatte, erreichte er schließlich Rottlers Wohnhaus, das in vollem Sonnenschein vor der Kulisse des Stauferwaldes stand. Der junge Kriminalist war zufrieden mit sich und voller Selbstvertrauen, als er den Klingelknopf betätigte und Rottler ihm das elektrische Türschloss öffnete. Der Finanz-Chef des Steinke-Konzerns kam ihm im Freizeit-Look entgegen: Buntes Hemdchen, knielange Shorts, Badeschlappen. Die beiden Männer begrüßten sich und gingen auf einem Steinplatten-Weg ums Haus zur Rückseite, wo sich im Schatten großer Bäume Gartenmöbel gruppierten. Auf dem Tisch stand ein halb volles Weizenbierglas. Linkohr lehnte dankend ab, als ihn Rottler fragte, ob er auch etwas trinken wolle.
„Ich dachte, ich hätt’ Ihnen schon alles gesagt”, begann Rottler und ließ sich in den reichlich gepolsterten Armlehnenstuhl fallen.
„Davon sind wir auch überzeugt”, erwiderte Linkohr, „nur eine winzige Kleinigkeit müssen wir noch abchecken”, er machte eine Pause, um dann besänftigend weiterzumachen, ganz so, wie er es von seinem Chef Häberle gelernt hatte, „das müssen wir übrigens bei einer Vielzahl von Piloten tun, was natürlich, wie Sie sich vorstellen können, ziemlich aufwendig ist.”
„Und worum geht’s?”, fragte der Mann, der die Angelegenheit offenbar rasch hinter sich gebracht haben wollte.
„Um die Frage, ob Sie eine Frau Heidrun Pulvermüller kennen.” Linkohr beobachtete sein Gegenüber scharf.
„Pulvermüller?” wiederholte Rottler. Er schien zu zögern.
Linkohr nickte.
„Pulvermüller sagen Sie?” Rottler verengte die Augenbrauen und lehnte sich, tief einatmend, zurück. „Nein, soweit ich weiß, nie gehört.” Er lächelte gezwungen. „Aber wie das bei einem Junggesellen so ist … Man trifft viele Leute, flirtet, redet, trifft sich auch mal. Mein Gott”, Rottler wich den Blicken Linkohrs jetzt aus, „mit wie viel Leuten komm’ ich täglich zusammen, mit wie vielen telefonier’ ich!? Da bleibt nicht jeder Name im Gedächtnis hängen, ehrlich.” Er wischte sich mit dem linken Handrücken den Schweiß von der Stirn.
„Das versteh’ ich”, zeigte Linkohr Verständnis, „jedenfalls”, er machte wieder eine Pause, „jedenfalls kann man es wohl so ausdrücken, dass die Frau Pulvermüller keine, sagen wir mal, Bekannte von Ihnen war.”
„Ja, das ist korrekt.”
„Und ob Sie mal mit Ihr fliegen waren, also, dass sie eine Passagierin bei Ihnen war?”
Rottler schaute an Linkohr vorbei. „Glaub’ ich kaum. An solche Personen erinnert man sich meist doch noch. Aber, verstehen Sie mich nicht falsch, die Hand ins Feuer legen möcht’ ich dafür nicht.”
Die beiden Männer schwiegen einen Moment, bis Rottler schließlich fragte: „Ist es erlaubt zu fragen, was es mit dieser Frau auf sich hat?”
Linkohr lehnte sich zurück. „Es ist die Tote von gestern früh.”
Rottler zog die Mundwinkel nach unten. „Weiß man, woher?”
„Aus Wiesensteig, Sekretärin von einem Steuerberater in Geislingen. Den müssten Sie allerdings kennen.”
Sein Gesprächspartner gab sich nur mäßig interessiert. „Doch nicht von
Weitere Kostenlose Bücher