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Irrgarten Der Liebe

Titel: Irrgarten Der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otto Julius Bierbaum
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Wipfel sich regt,
    Ringsum auf Feldern mit Sensen und Sicheln
    Wimmelts von Hansen und Franzen und Micheln;
    Feierlich brummt es vom Klosterturm sechse,
    Hurra, da kommt meine braune Hexe!
    »Schneller, schneller, ich warte dein!«
    Holla, da rennt sie querfeldein,
    Fliegt an die Brust mir mit einem Sprunge,
    Stürmisch heb ich sie hoch im Schwunge,
    Kuß und Umarmung, eins, zwei drei,
    Und im Grase liegen wir zwei,
    Rollen die Böschung hinunter weich,
    Rollen direkt ins Himmelreich.
    Keiner stört uns. Schanzenumschützt
    Haben wir römische Kriegskunst genützt.
    Was vor vielen hundert Jahren
    Schutz gewesen den Legionaren
    Gegen Attaque und Ueberfall
    Ward uns zum bergenden Liebeswall.
    Lieb ich auch sonst nicht die harte Stadt,
    Die eine Wölfin im Wappen hat,
    Heute sing ich ihr Preis und Lob,
    Daß sie die schützende Schanze uns hob,
    Die uns ein Liebesbette bot
    Bis ins erlöschende Abendrot.
     
     
Durch dunkle Gassen mit hundert Küssen
    Im Heidenlärm der Tanzmusik,
    Im Tabaksqualme, schwer und dick,
    Warf zu das Glück mir einen Blick,
    Einen goldenen Blick aus zwei heißen Sonnen.
    Du warst an meiner Seite.
     
    Der laute Lärm verschwamm, verrann,
    Nun huben erst ihr Leuchten an
    Die Sonnen, da die Nacht begann,
    Die himmlischen Sonnen deiner Braunaugen.
    Du warst an meiner Seite.
     
    Heil uns: die Nacht, die finstre Nacht.
    Nun schnell uns auf den Weg gemacht!
    Ich habe dich nach Haus gebracht
    Durch dunkle Gassen mit hundert Küssen.
    Warm nah du mir zur Seite.
     
    Leis klirrend schlug dein Hausthor zu.
    Am Fenster Licht. Dann Nacht und Ruh.
    Bald lagst in Schlaf und Träumen du,
    Ich aber ging weiter durch nächtige Felder,
    Die Liebe ging mir zur Seite.
     
Epistel von meinem Glücke
    (An Detlev Liliencron.)
     
    Schreiben muß ich im Tanztakt, Lieber,
    Tanzen muß ich die Feder lassen,
    Denn ich bin glücklich.
     
    Hätt einen Hengst ich, ich ließ ihn satteln
    Ueber die nächtigen Felder ritt ich,
    Söge die Sommerluft im Trabe,
    Riefe ins Dunkel der Nacht mein Glück.
    Aber kein Reitroß steht mir im Stalle,
    Nur einen klapprigen Klepper hab ich,
    Jenen berüchtigten, gansflügelruppigen,
    Vielgeschundenen, flechsenverdehnten,
    Durchgesessenen, hinterhandhinkenden,
    opopoi, opopoi: Pegasus.
     
    Den nun lasse ich vor dir tanzen,
    Wie ers vermag, der unglückselige,
    Schwinge mich ihm auf den dürren Rücken.
    Vor mich nehme ich: SIE.
    SIE!
    Zierlich setzt sie den Fuß in den Bügel,
    Greift in die alte, dünnhaarige Mähne,
    Schwippt mit der Gerte die ledernen Flanken,
    Hopsa, nun gehts über Stock und Stein.
     
    Nein!
    Bleibe zu Hause mein Hippogryphe,
    Kaue Vergißmeinnicht von der Raufe,
    Friß du in Ruhe dein Gnadenbrod.
    Aber die Feder, die Feder soll tanzen,
    Singen und sagen will ich mein Glück.
     
    Langsam, langsam! Was soll das Tollen.
    Hübsch gemächlich wähl ich den Takt mir;
    Will der Trochäus zum Daktylus hüpfen,
    Nehm ich in Selbstzucht meine Gefühle,
    Leite mich um in jambischen Trott:

     
    Die Sommernacht ist allen Friedens voll,
    Viel tausend Sterne stehn am Himmelsplan,
    Und jeden Sternes Augenzwinkerlicht
    Ist mir ein Gruß aus aller Welten Glück:
     
    Die Welt ist glücklich, denn die Welt ist schön,
    Die Welt ist glücklich, weil ich glücklich bin.
    Klagt da ein Ruf aus dunkler Ferne her?
    So komm zu mir, der du in Schmerzen schreist,
    Schau in mein Herz, da flammt der Liebe Licht,
    Wärm deine Not an meines Herzens Herd.
    Komm und sei glücklich, weil ich glücklich bin.
     
    Wer murrt da in der Ecke? Schweige, Tropf;
    Ich kenne dich, du liebst das Eckenstehn,
    Das aus der Ecke Schielen auf das Glück
    Und dumpfes Murmeln; schweige, dunkler Geist
    Der faulen Dumpfheit, die nicht fliegen kann
    Und neidisch allem Flügelfrohen ist.
    Du schimpfst das Glück, weil du es nicht verstehst.
    In Käseblättern schmierst du dich herum
    Und prahlst auf weithinragender Tribüne,
    Doch stets geduckt. Ich hör, ich hör dich nicht.
    Denn ich bin glücklich.
     
    Was ist mein Glück? Ein braunes Augenpaar,
    Ein warmer Druck von einer weißen Hand
    Und Sehnsuchtsfeuer, das von Lippen glüht,
    Die meinen Lippen gern Genossen sind,
    Geschwisterlich in heißem Kuß geeint,
     
    Daß ich es bannen könnte, dieses Glück,
    In einen Vers ausgießen golden klar
    Und unvergänglich, aller Menschheit Gut.
    Und doch mein Eigen! Keiner rühre dran!
    Ich schlag ihn tot, bei Gott, den geilen Hund,
    Der mir mit frecher Hand mein Glück berührt,
    Ich schlag ihn tot, den Sonnenfrevler

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