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Irrgarten Der Liebe

Titel: Irrgarten Der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otto Julius Bierbaum
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schwirren, lang aussäuselnd;
    Blüten schaukeln herab durch warme,
    Wogende Düfte, – ah, der Atem
    Der Frau mir nahe.
    Ihre Blicke strömen wie heiße Fluten
    Glühend mir ins Herz, –
    Ein Kuß
    Auf meinen bebenden Lippen ...
    Bist du die Liebe, Weib?
     
    Da klingts wie Wiegenliedsang so weich,
    Beruhigend, seliger Wehmut voll
    Von den Lippen der Frau:
    »Vergehe im Traum,
    Schlaf ein im Tod, unruhiges Kind:
    Schlafe, schlafe, mein Kind im Tod,
    Siehe die Liebe lebt.«
     
     

Ernte
     
    (Für meinen lieben Liliencron.)
     
    Sonnengießen durch den Tag,
    Wellenhoch im fröhlichen Schlag
    Geht mein Herz, es schaukelt leise
    Eine Wiener Walzerweise.
    Sensenschwung und Sichelschnitt,
    Grün und gelb fällt Gras und Aehre,
    Meine Freude erntet mit:
    Segenschwere! Segenschwere!
     
    Unter einem Lindenbaum,
    Auf des weißen Kirchleins Hügel,
    Ruht ich aus; da hub mein Traum
    Surrend die Libellenflügel:
     
    Steht ein Feld im Korne schwer,
    Schwankt in goldnem Ueberschwange,
    Früchtefroh und reifebange,
    Trocken rauschend hin und her.
    An des Segens goldnem Rand,
    Wo des Himmels Blau sich breitet,
    Eine Sense in der Hand,
    Eine Bauerndirne schreitet.
    Weit aus, wuchtig ist ihr Schritt,
    Ueberhäupten ihr der Stahl
    Lacht in huchig hellem Glitzen;
    Schnell im Schwung mit einemmal
    Seh ichs durch die Bläue blitzen,
    Und die Magd beginnt den Schnitt.
    Bogenhalb dreht sich ihr Leib,
    Bogenweit greift aus das Eisen,
    Näher, näher kommt das Weib
    Hinter breitem Messerkreisen.
    Langsam rührt mit steter Kraft
    Sie der schweren Sense Schaft.
     
    Brach schon dehnt sich Stoppelleere.
     
    Wo rauschgolden sich die Aehre
    In des Windes Wehn gewiegt,
    Sterbestarr das Leben liegt.
     
    Näher, näher kommt sie her,
    Auf die Seele fällt mirs schwer.
    Augen zu. Ich höre den Schnitt,
    Und ein Klagen hör ich mit
    Von Millionen Sterbequalen.
    Stille dann. Scheu schau ich hin:
    Ruhend steht die Schnitterin
    Unter Abendsonnenstrahlen.
    Von des vollen Goldes Rot
    Einen Augenschein umloht,
    Dann im letzten, hellen Licht,
    Umrißschwarz ... Bist du der Tod!?
    Klar blickt sie mir ins Gesicht,
    Gütig, groß und mütterlich,
    Wendet in die Helle sich;
    Geht. Sie überwächst den Schein,
    Dunkel bricht von ihr herein.
     
    Wo rauschgolden sich die Aehre
    In des Windes Wehn gewiegt,
    Sterbestarr das Leben liegt.
    Allhin dehnt sich Stoppelleere.
     
     

Schwerer Traum
     
    Ich lag an einem Birkenstamm
    Und sah durchs grüne Schleierlicht,
    Wie eine weiße Wolke schwamm
    Im hohen Blau. Und ein Gedicht
     
    Ward in mir. Leise sang michs ein;
    Ich schlief und lebte einen Traum:
    Mir wars, ich war ein Kind, und klein
    Stand neben mir der Birkenbaum.
     
    So schmächtig zart; ich griff ein Blatt
    Und blies darauf, da führte mich
    Ein Sturm in eine große Stadt
    Voll Lärm und Stöhnen fürchterlich.
     
    Ein glühend Ungeheuer stand
    Auf weitem Markt, und Dampf und Rauch
    Spie aus sein Mund, und seine Hand
    Riß alles her und riß mich auch.
     
    Fraß alles Leben in sich ein,
    Und alles Leben drängte sich
    Zu ihm mit jammergellem Schrein;
    So starb mit allem Leben ich.
     
    Das war, den ich geträumt, der Traum.
    Die weiße Wolke war nicht mehr,
    Und über meinem Birkenbaum
    Kroch wolkengrau ein Wetter her.
     
     

Fieberlied
     
    (Für Johannes Schlaf.)
     
    Dieses Lebens Jammerthal
    Steht voll schwarzer Schmerzensrosen,
    Die an grauem Dornenstrauche,
    Zwischen scharfgezackten dunkel-
    Grünen Blättern blühn.
    Große, schwarze Schmerzensrosen
    Nicken über meinem Haupte
    Und entschütten ihrem Schooße
    Giftig gelben Samenstaub.
    Dicker, dumpfer Duft umschwillt mich
    Sichtbarlich in sammetblauer
    Schwüler, feuchter Wetterwolke,
    Und von ferne hör ich Geigen.
    Geigen hör ich ein wildes Lied.
    Schmerzensschrill und voller Wollust,
    Voller Gier und greller Helle,
    Und im Takte meines Herzschlags,
    Stoßweis wechselnd, klingt das Lied.
    Lullt mich ein zu Schlaf und schreckt mich
    In ein atemloses Wachen,
    Drückt die Lider mir wie Bleilast,
    Reißt mein rot entzündet Auge
    Auf in eine blutige Sonne –
    Und die schwarzen Schmerzensrosen
    Nicken über mir ...
     
     

Innocentia
     
    (Nach Franz Stucks Gemälde; dem Meister gewidmet.)
     
    Der klare Blick gradaus, weit in Welt,
    Und eine Welt in diesem klaren Blicke:
    Da ruht die Liebe und der Schmerz im Traum,
    Und Schönheit schlägt die Wogen drüber her
    Wie Frühlingswind. Der schlanke Lilienstengel
    In weißer Hand ragt unbewegt und heilig.
     
    Die Augen schloß ich, und

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