Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt
was man an Eigenständigem und Aufmüpfigem über die »dunklen Jahre« bewahrt hatte. Im Schönfärben der jüngsten Vergangenheit erwies sich mancher Karnevalist als ebenso kreativ wie beim Verfassen seiner Büttenrede.
Mit größerem Abstand hat sich die Sicht auf die eigene Vergangenheit aber auch unter den Jecken verbessert. In jüngerer Zeit erschienene Bücher zur Geschichte des Karnevals sparen die Nazizeit zumeist nicht mehr aus oder gehen nonchalant darüber hinweg, auch wenn sich die Chroniken der Karnevalsgesellschaften da noch etwas schwertun. In einer WDR-Dokumentation zum Thema aus dem Jahr 2008 erklärte aber der Kölner Karnevalist Markus Ritterbach: »Man muss sich wirklich schämen, wenn man sieht, was in der NS-Zeit etwa im Kölner Rosenmontagszug den Leuten präsentiert wurde.«
Die Deutschen verübten das Massaker von Katyn – IRRTUM!
Im Krieg bleibt als Erstes die Wahrheit auf der Strecke. Diese uralte Strategenweisheit hat sich für die polnische Geschichte mehrfach und auf bis heute wirkmächtige Weise fatal bewahrheitet. Ein tragisches Beispiel dafür ist das Massaker von Katyn zu Anfang des Zweiten Weltkriegs, dessen Tote jahrzehntelang als Opfer Nazideutschlands galten, obwohl in diesem Fall die Deutschen tatsächlich unschuldig waren.
Das kleine Dorf Katyn liegt ganz im Westen Russlands, in der Oblast Smolensk unweit des Dnjepr und an der Bahnstrecke Moskau–Minsk. In einem Wald außerhalb des Ortes wurden zwischen dem 5. April und 12. Mai 1940 4421 Menschen ermordet: polnische Offiziere, jeder mit einem Schuss in den Hinterkopf hingerichtet. Die Kugeln stammten aus deutschen Pistolen.
Als Hitler mit dem Überfall Polens im September 1939 den Zweiten Weltkrieg begann, konnte er darauf rechnen, dass Stalin ihn gewähren lassen würde, denn kurz zuvor hatten Moskau und Berlin den berüchtigten Nichtangriffspakt geschlossen. Dieser Vertrag enthielt ein geheimes Zusatzprotokoll, in dem sich die beiden Diktatoren über ihre jeweiligen Einflusssphären in Europa verständigten. Deren Grenze verlief mitten durch Polen, das damit zur Disposition stand. Nach Kriegsbeginn besetzte die Sowjetunion den Osten des Landes, was Moskau seither als Schutzmaßnahme im polnischen Interesse gegen Nazideutschland verkaufte, während es für Polen den Beginn der sowjetischen Einflussnahme darstellte. Das Land war ohnehin gebranntes Kind im Verhältnis zu den beiden großen Nachbarn, die es schon seit Langem als Objekt ihrer Großmachtpolitik betrachtet und zusammen mit Österreich den polnischen Staat Ende des 18. Jahrhunderts sogar von der Landkarte radiert hatten. Die Freude über das staatliche Wiedererstehen nach dem Ersten Weltkrieg war stets getrübt durch die andauernde Bedrohung aus Ost und West. Der deutsche Überfall bot Moskau die Möglichkeit, im Sinne des Zusatzprotokolls in Polen im eigenen Interesse tätig zu werden. Zweieinhalb Wochen nach Kriegsbeginn marschierte nach der Wehrmacht auch die Rote Armee in Polen ein, und kurz darauf verlor das Land im deutsch-sowjetischen Grenzvertrag seine Staatlichkeit ein weiteres Mal. Die Warschauer Regierung floh nach London ins Exil, Westpolen wurde dem Deutschen Reich einverleibt, der mittlere Teil fiel als »Generalgouvernement« unter deutsche Besatzung, das östliche Polen wurde unter der Roten Armee gewaltsam sowjetisiert und vom Geheimdienst NKWD terrorisiert. Beide Seiten wüteten grausam, rund sechs Millionen Polen, darunter drei Millionen Juden, wurden bis 1945 ermordet, Millionen deportiert, zur Zwangsarbeit nach Deutschland oder in Lager in Sibirien und Zentralasien verbracht. Nicht zuletzt zielte die Politik beider Besatzungsmächte darauf ab, die polnische Führungsschicht möglichst weitgehend zu eliminieren, um das Land ins Mark zu treffen. Stalin war fest entschlossen, auf Kosten Polens vom Krieg zu profitieren, und kehrte zu dieser Politik wieder zurück, als sich der Krieg zuungunsten Deutschlands entwickelte – dazwischen aber, als der Vormarsch der Wehrmacht nach Osten unaufhaltsam schien, kamen auch das restliche Polen und immer mehr russisches Gebiet unter deutsche Besatzung.
Als die Deutschen im Sommer 1941 in Katyn auf erste Hinweise der Ermordungen stießen, nahm Berlin davon zunächst wenig Notiz; genauere Untersuchungen der Massengräber erfolgten erst fast zwei Jahre später. Als aber Anfang April 1943 Propagandaminister Joseph Goebbels davon erfuhr, ließ er sich diese goldene Gelegenheit nicht entgehen. In seinem
Weitere Kostenlose Bücher