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Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt

Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt

Titel: Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ingmar Gutberlet
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verfassungsmäßiger Entwicklung, da dachten sie eher pragmatisch. Dagegen vertreten heutige Demokratien mit robustem Selbstbewusstsein die Auffassung, die beste aller möglichen Staatsformen zu besitzen.
    In der Summe sind die Unterschiede zwischen antiker und moderner Demokratie also beträchtlich, was eigentlich auch nicht verwunderlich ist angesichts völlig anderer Rahmenbedingungen – und der Tatsache, dass die Wiederentdeckung der Demokratie eher eine Neuerfindung war, beeinflusst viel mehr von der jüngeren Geistesentwicklung wie Humanismus und Aufklärung als vom antiken Vorläufer. Schon die Denker der Renaissance, darunter Niccolò Machiavelli, verwarfen die athenische Demokratie als instabil, und aus diesem Grund sahen die Gründerväter der amerikanischen Verfassung von 1776 in der antiken Form der Demokratie ausdrücklich kein Vorbild. Überhaupt war die griechische Demokratie zu der Zeit, als sich in Europa Freigeister und Revolutionäre bemerkbar machten, kaum ein Thema. In der Wahrnehmung war fürs Politische Rom zuständig, die Idealisierung Griechenlands aber bezog sich auf das Hellas der Antike als vorbildhafte Kulturgröße. Übrigens waren die drei berühmtesten antiken Geistesgrößen Griechenlands scharfe Kritiker der Demokratie: Sokrates, Platon und Aristoteles.

In der Antike galt während der Olympischen Spiele ein Friedensgebot – IRRTUM!
    Wenn heute alle vier Jahre irgendwo in der Welt die Olympischen Spiele stattfinden, kann man mitunter in der Zeitung lesen, welche Länder eigentlich besser nicht teilnehmen sollten oder gar ausgeschlossen wurden – weil sie gerade Krieg führen. Zur Zeit des Kalten Krieges, als sich NATO und Warschauer Pakt argwöhnisch gegenüberstanden, hat es mehrere politisch motivierte Boykotte gegeben, beispielsweise 1980. Damals nahm ein großer Teil der westlichen Länder nicht an den Spielen in Moskau teil, weil die Rote Armee im Jahr zuvor in Afghanistan einmarschiert war. Auch 1936, als das nationalsozialistische Deutschland in Berlin strahlende Spiele feierte und der Welt ebenso gekonnt wie erfolgreich vorgaukelte, ein entspanntes, weltoffenes und liebenswertes Land zu sein, war im Vorfeld vor allem in den Vereinigten Staaten gefordert worden, nicht daran teilzunehmen. Weitere Boykotte gab es 1956, 1972 sowie 1976. Und 1984, als nach der Sowjetunion die USA mit Los Angeles als Gastgeber an der Reihe waren, verpassten die Staaten des Warschauer Paktes unter Federführung des Kreml dem Westen einen Denkzettel, indem sie ihrerseits die Teilnahme aussetzten. Solche Zwietracht in der olympischen Familie wird jedes Mal reich beklagt, denn die Olympischen Spiele der Neuzeit verstehen sich als friedensstiftende Unternehmung. In der Nachfolge der im antiken Olympia abgehaltenen Spiele betrachten sie das als ein ehrenvolles Erbe. Der Begründer der modernen olympischen Bewegung, Pierre de Coubertin, nannte als ein Argument für seine Bemühungen, die Spiele nach mehr als zwei Jahrtausenden wiederzubeleben: »Die Olympischen Spiele feiern, heißt, sich auf die Geschichte berufen. Sie ist es, die am besten den Frieden sichern kann.«
    Was die Gründung dieses Ideals in Form von sportlicher Betätigung betrifft, greift man weit zurück. Angeblich existierte bereits im 8. vorchristlichen Jahrhundert ein Vertrag, den das Orakel von Delphi verlangt hatte: Danach sollte während der Spiele olympischer Friede herrschen. Die griechische Antike kannte als Beweisstück sogar einen beschrifteten Diskus, den der berühmte Aristoteles höchstselbst in Augenschein genommen haben soll. Allerdings ist schon nicht klar, wann überhaupt die ersten Olympischen Spiele der Antike ausgetragen wurden, sind die Berichte darüber doch äußerst unzuverlässig.
    Der allmähliche Aufstieg Olympias vollzog sich im Laufe des 7. Jahrhunderts: Aus einem unter vielen Heiligtümern wurde eines der wichtigsten Griechenlands mit immer populäreren sportlichen Wettkämpfen in drückender Augusthitze. Um 700 wurden Kult- und Sportstätten erheblich vergrößert, weil die Besucherzahlen immer weiter stiegen. Der erwähnte Vertrag ist zwar nicht mit Sicherheit belegt, aber spätere antike Autoren verweisen auf eine solche Vereinbarung – sie mag also späteren Datums sein, aber sie hat zweifelsfrei existiert und ist seit 476 v. Chr. historisch belegt. Es liegt ja auch auf der Hand: Angesichts chronischer Auseinandersetzungen zwischen den Stadtstaaten der antiken Welt wäre ein einvernehmlicher

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