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Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt

Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt

Titel: Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ingmar Gutberlet
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wenn die Langzeitzählung des gregorianischen Kalenders, der weltweit nahezu unangefochten die Datierung bestimmt, einen Nullpunkt festlegt, der die Menschheitsgeschichte in die Zeit vor und nach Jesu Geburt teilt. 1 Ebenso zweifelhaft ist das Datum 25. Dezember als Geburtstag des Religionsstifters. Es ist paradox und auch wieder nicht: Über keine andere antike Persönlichkeit liegen derart viele Hinweise vor wie über Jesus von Nazareth. Da aber das meiste davon aus christlichen Federn stammt, darf man anzweifeln, dass es da stets wahrheitsgetreu zugeht. Die Evangelisten verfuhren durchaus ähnlich wie andere antike Autoren, die es mit der historischen Akkuratesse nicht so genau nahmen, wenn sich nur ihre Botschaft überzeugend vermittelte. Schließlich waren sie ja auch nicht primär dazu angetreten, unanfechtbare Geschichtsschreibung zu betreiben, sondern eine neue Religion zu propagieren.
    Wenn die wichtigsten Gewährsmänner des Lebens Jesu uns das exakte Datum seiner Geburt vorenthalten, hilft nur die Suche nach Informationen von anderer Seite. Naheliegend ist dabei die Untersuchung der Weihnachtstradition selbst, die sich ja mutmaßlich auf gesicherte Erkenntnisse stützt. Aber auch der Ursprung von Traditionen verliert sich oft im Dunkel der Geschichte, was für Weihnachten gleichermaßen gilt. Das Problem geht auf das – aus heutiger Sicht – mangelnde Problembewusstsein in der Frühzeit des Christentums zurück: Anfangs war das genaue Datum der Geburt Jesu nämlich ziemlich unerheblich, ungleich wichtiger war sein Sterbedatum. Den Geburtstag zu würdigen, war eine eher heidnische Tradition und somit zweifelhaft, während der Tod als Übergang vom schnöden irdischen Leben in die himmlische Gemeinschaft mit Gott das eigentlich bedeutsame Datum einer christlichen Biographie darstellte. Man ging einfach davon aus, dass Jesus so, wie er zum jüdischen Pessachfest gestorben, ebenda auch geboren worden war. Es entsprach der antiken Erwartung an einen außergewöhnlichen Menschen, dass er am gleichen Tag die Welt verließ, an dem er auch auf die Welt gekommen war. Wie aber verfiel man dann auf ein Geburtsdatum zum Jahresende?
    Laut einem Text zur Berechnung des Osterfestes aus dem Jahr 243 wurde Jesus am Tag der Erschaffung der Sonne geboren, denn er sei die »Sonne der Gerechtigkeit«. Dieser Vorstellung zufolge begann die Schöpfung mit der Tag-und-Nacht-Gleiche, nach dem julianischen Kalender der 25. März. Drei Tage später schuf Gott die Sonne, also erblickte Jesus am 28. März das Licht der Welt. »Wie ausgezeichnet und göttlich ist die Vorhersehung des Herrn, dass Christus geboren wurde an gerade jenem Tag, an dem auch die Sonne geschaffen wurde, nämlich fünf Tage vor den Kalenden des April am vierten Tag der Woche«, rühmt der Traktat De Pascha Computus (Über die Berechnung des Osterfestes). Auch andere wichtige Lebensdaten ermittelt dessen unbekannter Verfasser sehr umfassend und virtuos – allerdings ein wenig zu gekonnt: Die Forschung ist sich weitgehend einig, dass die Berechnungen auf das symbolisch aufgeladene Ergebnis ausgerichtet sind, also frisiert. Noch dazu hat es mit dem uns geläufigen Weihnachtsfest am Ende des Kalenderjahres wenig zu tun, sondern verweist auf eine noch recht lange bestehende Annahme, Jesus sei im Frühling zur Welt gekommen. Wie also erklärt sich die heutige Datierung?
    Konsultieren wir den emeritierten Papst Benedikt XVI., ein zweifellos überaus gelehrter, theologisch wie wissenschaftlich versierter Mann. Er folgt wie andere Fachleute der These der Pessachgeburt am 28. März, der aber zugunsten der Empfängnis Jesu umgewidmet wurde: Im 3. Jahrhundert identifizierte man den 25. März als Tag der Empfängnis – wenn sich aber im Frühling die unbefleckte Empfängnis ereignete, ergibt sich als Geburtstermin neun Schwangerschaftsmonate später der 25. Dezember. Dass genau neun Monate bis zur Niederkunft veranschlagt wurden, entlarvt übrigens die Berechnung zusätzlich als nachträglich, denn für die Dauer der Schwangerschaft Marias wurde ein Durchschnittswert angesetzt, der bekanntlich erheblich unter- oder überschritten werden kann und selten punktgenau erreicht wird. Zur Berechnung bemühte man natürlich einen Kalender, und da sich die Zeitrechnungen in Ost und West unterschieden, kam man im Osten auf den 6. Januar als Geburtstag Jesu, was immer wieder zu Streit führte. Die armenische Kirche feiert noch heute Weihnachten am 6. Januar.
    Eine

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