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Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt

Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt

Titel: Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ingmar Gutberlet
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schädigenden Forschungsergebnisse, als handele es sich um ansteckende Krankheiten. Andere erklärten aufgebracht, wissenschaftliche Erkenntnisse, die am Nationalmythos kratzen, seien aus Schulbüchern und Populärkultur gefälligst herauszulassen. Der bekannteste Schriftsteller des Landes Ismail Kadare, der sich das albanische Mittelalter immer wieder vorgenommen und metaphorisch aufgeladen den krummen türkischen Säbel mit dem geraden albanischen Schwert verglichen hat, schrieb von einer Kampagne, wie es in der albanischen Geschichte nie eine schändlichere gegeben habe. Andere witterten den Versuch, das Heimatland von innen heraus zu destabilisieren, indem man es seines historischen Gedächtnisses berauben wolle. In allen verfügbaren Foren wurde kontrovers diskutiert, zu einem erheblichen Teil allerdings polemisch, verletzend und wenig sachdienlich. Dem Verfasser der »Skandalbiographie« wurde für den Fall eines Besuchs in Skanderbegs Wirkungsort Kruja Prügel angedroht und die Einweisung in die Psychiatrie empfohlen. Das alles brachte vor allem eins zutage: Die Revision eines Nationalhelden ist ein heikles Unterfangen, wenn sie das Selbstverständnis eines Landes bis ins Mark zu treffen scheint.
    Georg Kastriota, genannt Skanderbeg, war ein Adeliger aus dem mittleren Balkan. Seine vermögende Familie stammte aus der Region Dibra an der heutigen mazedonischen Grenze und gehörte zu den einflussreichsten des Landes. Albanien lag damals im Bereich des osmanischen Expansionsdrangs. Seit Mitte des 14. Jahrhunderts hatte sich die Herrschaftsnahme der Osmanen auf dem Balkan recht schnell vollzogen, da die Kleinstaaten dem Eindringling wenig entgegenzusetzen hatten, auch keine wirkungsvoll koordinierte Anstrengung zur Abwehr. Zu zerstritten und uneinheitlich ging es zu, auch in Albanien bekriegten sich die Adelsfamilien gegenseitig. Nach und nach wurden die Balkanvölker dem neuen Großreich der Osmanen einverleibt und zum Teil islamisiert. Weil aber die Türken an allen Ecken und Enden mit Unruhen und zumal mit Ungarn gut beschäftigt waren, verblieben den Albanern noch einige Jahrzehnte Atempause. In den ersten Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts aber war es so weit: Skanderbegs Vater Johann Kastriota verlor 1428 gegen die Osmanen, wurde zu ihrem Gefolgsmann und blieb Herr über seinen Besitz, musste allerdings zur Sicherheit Geiseln stellen. 1430 wurde Albanien türkisch.
    1405 geboren und als Christ getauft, kam Georg als junger Mann mit zwei Brüdern als Geisel an den Hof des Sultans, wurde Muslim und machte Karriere als Soldat – wobei Ersteres die Voraussetzung für Letzteres war –, dessen Mut, Stärke und Unerschrockenheit aufhorchen ließen. Georg, der sich in Anlehnung an Alexander den Großen Iskender Beg (= Fürst Alexander) nannte, trat in die Dienste des Sultans, der ihn 1438 als seinen Statthalter in die Heimat und als Bey von Dibra auf die Festung Kruja entsandte. Dort betätigte sich Skanderbeg zunächst konspirativ gegen seinen Dienstherrn und knüpfte Kontakt zur Republik Venedig. Als jedoch sein Vater von den Osmanen ermordet wurde, kündigte er dem Sultan die Gefolgschaft auf, wurde wieder Christ und stritt fortan offen für einen Aufstand gegen das Osmanische Reich. Als 1443 der ungarische Heerführer János Hunyadi gegen die Türken vorübergehend die Oberhand erlangte, nutzte Skanderbeg die Gunst der Stunde und verkündete in seiner Heimatstadt die Unabhängigkeit Albaniens. Ein Jahr später erreichte er in Alessio den Zusammenschluss mehrerer Stämme zur »Albanischen Liga«, um dem Druck der Türken etwas entgegenzusetzen. Zur Stärkung des Zusammenhalts der Aristokratie heiratete Skanderbeg in die einflussreiche Familie der Arianiti ein und gab seine Schwester einem Thopia zur Frau. Als Befehlshaber der Liga errang er zum Teil glänzende Einzelsiege, die aber ohne auswärtige Hilfe auf Dauer verpuffen mussten. Und doch währte Skanderbegs Kampf den Rest seines Lebens – einerseits war der Gegner übermächtig, andererseits verfügten Skanderbeg und seine Männer über den Vorteil der Guerilla, die versteckt operieren und auf Unterstützung der Bevölkerung vertrauen konnte. Das und einiges taktisches Geschick führten trotz aller Widrigkeiten und gegen alle Wahrscheinlichkeit dazu, dass sich der Kampf zwei Jahrzehnte hinzog und die Osmanen mehrmals in arge Bedrängnis gerieten.
    Europaweit berühmt wurden Skanderbeg und seine Liga, als Sultan Murad II. die Festung Kruja viereinhalb

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