Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt
Tyrannenmord ohnehin. Das war durchaus richtig, immerhin hatte ein spanischer Jesuit 1598 über schlechte Herrscher geschrieben, es sei »rechtmäßig, lobenswert und ruhmwürdig, sie zu töten, wenn sie das Volk unterdrücken und durch ihre Laster und Schlechtigkeit unerträglich sind«. Diese Ansicht teilten Ordensbrüder in ganz Europa. Keine zwei Jahre zuvor waren in Frankreich die Jesuiten Zielscheibe öffentlicher Empörung geworden, weil man sie hinter einem Attentat auf Ludwig XV. vermutete. Der Orden hatte sich, zumal bei den Mächtigen, den Ruch von Fürstenmördern eingehandelt.
Pombal setzte seinen Kampf gegen die Jesuiten weiter fort – mit propagandistischen Mitteln, mit der skandalösen Hinrichtung des inzwischen geistig verwirrten alten Malagrida wegen Ketzerei und Blasphemie, im Bruch mit Rom und schließlich, im Verbund mit anderen Regierungen, im Druck auf den Papst, den Jesuitenorden ganz aufzulösen. Seine Macht endete jedoch mit dem Tod des Königs, auf dessen Person all seine Machtbefugnisse ruhten. Josephs Tochter und Nachfolgerin Maria hatte für den Premierminister ihres Vaters nichts übrig und entließ ihn. Seine Form des aufgeklärten Despotismus überdauerte ihn aber und fand erst mit der Revolution von 1820 ein Ende.
Friedrich der Große führte die Kartoffel in Deutschland ein – IRRTUM!
Wenn an sonnigen Tagen die Touristen Potsdam bevölkern und sich vor allem im Park Sanssouci und seinen Schlössern auf die Spuren des berühmtesten Preußenkönigs Friedrich II. begeben, stehen sie irgendwann auch an dessen Grab. So wie sich Friedrich als Philosoph betrachtete und allem Weltlichen abgeneigt stilisierte, so wollte er auch wie eine antike Geistesgröße begraben werden: einsam, ohne großen Pomp und weder in einem prächtigen Mausoleum noch in einer stolzen Kirche. Mit dem intimen Weinbergschlösschen Sanssouci ließ er in den 1740er-Jahren auf der Terrasse des Sommerrefugiums auch gleich eine bescheidene Gruft errichten. In der wurde er, neben seinen geliebten Hunden, allerdings erst 1991 beigesetzt. Seither liegen auf dem schlichten Grabstein zumeist ein paar Kartoffeln, denn Friedrich der Große gilt nicht nur als derjenige, der Preußen in einen »Big Player« europäischer Politik verwandelte, nicht nur als Musikliebhaber und Hundefreund, Frauenverächter und Feingeist, sondern als der verdiente Mann, der in seinem Reich den Kartoffelanbau durchsetzte.
Ein im 19. Jahrhundert überaus populäres Gemälde mit dem Titel »Der König überall« zeigt den Alten Fritz auf einer seiner zahlreichen Inspektionsreisen durch die preußischen Provinzen. Im Oderbruch, das der König hatte trockenlegen, kultivieren und besiedeln lassen, befiehlt er seinem Kutscher anzuhalten und nimmt auf einem Kartoffelfeld, wo die Ackerfrucht gerade gelesen wird, die Ernte in Augenschein. Demutsvoll hält ihm der Bauer ein paar Knollen entgegen, denn den Anbau der amerikanischen Pflanze, die sich als so segensreich erwies, verdanken die Menschen ihrem König.
So jedenfalls lautet die Botschaft dieses Gemäldes. Bis heute gilt Friedrich als der Wohltäter, der gegen größte Widerstände der skeptischen Bevölkerung die neue Pflanze flächendeckend anbauen ließ und dadurch künftigen Hungersnöten vorbeugte. Es sind volkstümliche Eigenschaften dieses Königs, die hier transportiert werden: der besorgte Landesvater, der sich um alles selbst kümmert und sich für schnöde Ackerwirtschaft nicht zu schade ist – und gleichzeitig der kluge Mann, der die Widerstände seiner Landeskinder mit allerlei List übertölpelt. Und ein bisschen wie ein Messias wirkt der Landesvater, wenn er visionär auf die Erdäpfel setzt, die doch allenthalben abgelehnt werden. Eine noch immer populäre Anekdote erzählt vom König, der die Kartoffel dadurch interessant machte, dass er Soldaten zur Bewachung der Felder aufbot, um mit vermeintlicher Geheimniskrämerei und Exklusivität sein neugieriges Volk für die Knolle zu interessieren. Aber stimmt das verbreitete Bild vom Preußenkönig als verdientem Kartoffelbringer?
In der Tat war Friedrich an der Landwirtschaft interessiert – aus privater Leidenschaft für alles Obst ebenso wie aus beruflichen Gründen als Landesvater, dem an der gesicherten Versorgungslage seiner Untertanen und Steuerzahler gelegen war. Denn als wichtigstes Kapital verstand er das Volk, das ernährt werden musste, damit es sich vergrößerte. Dem Freund und Philosophen Voltaire schrieb
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