Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt
Anpflantzung der so genannten Tartoffeln, als ein nützliches und so wohl für Menschen, als Vieh auf sehr vielfache Art dienliches Erd Gewächse, ernstlich anbefohlen. Da wir nun bemercket, daß man sich in Schlesien mit Anziehung dieses Gewächses nicht sonderlich abgiebet. Als habt Ihr denen Herrschaften und Unterthanen den Nutzen von Anpflantzung dieses Erd Gewächses begreiflich zu machen …«
Weitere Anweisungen und sogar Kartoffelstatistiken folgten und lassen erkennen, dass der König sich nicht recht durchzusetzen vermochte – er war ja auch ein überaus ungeduldiger Mensch und hätte dem Projekt vielleicht mehr Zeit geben sollen. Ärger und Frustration über die Beharrungskräfte im Volk und die mangelnde Unterstützung in der Beamtenschaft sprechen aus späteren Dekreten, so 1768: »… so haben wir doch aus den davon eingereichten jährlichen Tabellen mit nicht geringem Missfallen ersehen müssen, dass der Anbau dieses sehr nützlichen Erdgewächses noch sehr schlecht betrieben und nicht allein sehr wenig Kartoffeln nach der Etendue Eures Kreises ausgesetzt, sondern auch nur ein geringer Ertrag davon gewonnen worden. Es giebt uns dies den sicheren Beweis, dass entweder die Dominia [die Krondomänen] und Gemeinden noch nicht von der Nutzbarkeit dieses Erdgewächses überzeugt sein wollen, oder dass dieselben bei dem Anbau derselben nicht nach der Vorschrift verfahren (…) haben, weil sonst gewiss ein viel größeres Quantum ausgesetzt und davon geerntet sein würde.« Auch im absolutistischen Preußen herrschte der König nicht unumschränkt.
Die Schlesier waren wohl besonders widerspenstig, anderswo sah es etwas besser aus. Und trotzdem kann keine Rede davon sein, Friedrich der Große hätte die Kartoffel eingeführt oder gar durchgesetzt. Was den Kartoffelanbau in Deutschland schließlich wirklich voranbrachte, war schlicht und ergreifend der Hunger. Schon vorher hatten regionale Notlagen Hungernde bewogen, es doch mal mit der verschmähten Knolle zu versuchen, aber das blieb auf einzelne Landstriche und auf die kargen Zeiten beschränkt. Weitere Verbreitung erzwangen Missernten bei Getreide Anfang der 1770er-Jahre – aber den eigentlichen Siegeszug der Kartoffel auf deutsche Äcker und in deutsche Kochtöpfe erlebte Friedrich nicht mehr, denn der vollzog sich erst im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts, als Getreide immer teurer wurde. Ende des Jahrhunderts gar, einhundert Jahre nach Friedrichs Tod, war Deutschland zum weltweit größten Kartoffelproduzenten aufgestiegen – noch vor England und Frankreich.
Der Mythos vom Alten Fritz als Wohltäter, der seinem Volk die segensreiche Kartoffel bringt, verbreitete sich lange nach seinem Tod. Zu einer Zeit, als die Deutschen dankbar Kartoffeln aßen, wohl wissend, dass sie andernfalls hungern müssten, wurde Friedrich in vielerlei Hinsicht als fürsorglicher Landesvater verklärt, der als »erster Diener seines Staates« rastlos durch die Lande reiste, um für das Wohl seiner Untertanen zu sorgen. Die Kartoffel erwies sich als anschauliches Beispiel in der Volksbildung der preußischen Untertanen, dem so die Segnungen eines doch recht autoritären Staates nahegebracht werden konnten. Auf die Wahrheit kam es da nicht so sehr an.
In ihrer Terrorphase zeigte die Französische Revolution ihr wahres Gesicht – IRRTUM!
Die Französische Revolution gilt als Wasserscheide der europäischen, ja der Weltgeschichte. Sie markiert den Epochenwechsel zur Neuzeit, für viele Historiker endet sogar erst mit ihr das Mittelalter. Immerhin machte sie in Frankreich, indem sie die Vorrechte einer Minderheit von Adeligen und Klerikern gegenüber der überwältigenden Mehrheit des Volkes abschaffte, dem jahrhundertealten Herrschaftssystem des Feudalismus und der Monarchie den Garaus. Das Signal wurde in ganz Europa vernommen und mal enthusiastisch bejubelt, mal in Bausch und Bogen verteufelt. Man könnte meinen, über die Einordnung der Ereignisse und ihre historische Bedeutung müsste mehr als 200 Jahre danach Einvernehmen hergestellt sein. Tatsächlich aber stellt die Französische Revolution noch immer ein kontrovers diskutiertes Thema dar, das die Emotionen selbst der zumeist eher verhaltenen Historiker in Wallung zu bringen vermag. Es ist eins der weltgeschichtlichen Ereignisse, deren Einordnung und Wertung bis heute abhängig ist von der Perspektive des Betrachters.
Vor allem der »Große Terror« verhagelt die Bilanz der Französischen Revolution als
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