Irrweg Grundeinkommen
dem Kauf verbraucht werden 15 , bleibt Geld nach Kauf beziehungsweise Verkauf, also dem Tausch »Ware gegen Geld«, jedoch bestehen, es geht nicht unter, es hat nur den Eigentümer gewechselt. 16 Das einzige, was wieder von allein neu auftaucht und dem Geld nach dem verbrauchsbedingten Verschwinden der Güter erneut gegenübersteht, ist die Zeit, darunter die potentiellen Arbeitsstunden, aus denen neue Güter entstehen können, wenn ein Teil der Zeit entsprechend produktiv eingesetzt wird. Das Geld behält seinen Wert trotz Verschwinden der mit ihm gekauften Güter, weil sich in einer arbeitsteiligen Gesellschaft alle zusammen darauf verlassen, dass mit der neu zur Verfügung stehenden Zeit tatsächlich wieder etwas produktiv angefangen wird und so die Menge der verbrauchten Güter quasi ersetzt wird. 17 Dann steht dem Geld erneut ein Güterberg gegenüber.
Das bedingungslose Grundeinkommen untergräbt dieses wechselseitige Vertrauen und damit den Wert des Geldes. Denn einerseits weiß jeder, dass er in der nächsten Periode (zum Beispiel im nächsten Monat) wieder Geld in die Hand bekommt, das zum Überleben ausreicht, auch wenn er keinen Finger krumm macht. Andererseits weiß aber auch jeder, dass das nicht funktioniert, wenn alle oder viele sich so verhalten, wenn also die neu zur Verfügung stehende Zeit nicht wieder zumindest zum Teil ingeleistete Arbeitsstunden fließt, aus denen reale Produkte und Dienstleistungen hervorgehen, die am Markt angeboten werden. Aus diesem Widerspruch erwächst Misstrauen in den Wert des Geldes: Stehen dem Geld, das ich heute am Markt verdiene, indem ich Waren verkaufe, auch morgen noch neue Waren (zum Beispiel für meine Nachfrage) gegenüber? Oder hat sich von heute auf morgen eine ganze Reihe von Leuten bequem zurückgelehnt, die eingekauften Waren konsumiert, aber keine neuen produziert? Eine solche Entwicklung liefe über kurz oder lang auf Geldentwertung hinaus, da das Güterangebot schrumpfen würde bei gleichbleibender nominaler Nachfrage. 18
Anreize zur Autarkie
Das bedingungslose Grundeinkommen nagt also durch sein Konstruktionsprinzip an der ökonomischen Substanz, aus der heraus es bezahlt werden soll. Denn was sollte besteuert werden außer dem, was zuvor produziert und am Markt abgesetzt wurde und so Primäreinkommen erzeugte? Was sollte umverteilt werden außer dem, was dem Staat an Steuereinnahmen zur Verfügung steht? So wie auf realwirtschaftlicher Ebene die unumstößliche Logik gilt, dass nur das (von wem auch immer) verbraucht werden kann, was (von wem auch immer) produziert worden ist, gilt auf der finanziellen Ebene, dass nur das (an wen auch immer) verteilt werden kann, was (von wem auch immer) verdient worden ist. Man muss den wirtschaftlichen Aspekten im Leben jedes einzelnen Menschen und der Gesellschaft insgesamt keine permanente »natürliche« Priorität vor allen anderen Bereichen einräumen und so den Kritikern der starken Konsumorientierung vieler Menschen Vorschub leisten, um nüchtern festzustellen, dass es sich ohne materielle Basis nicht gut leben lässt. So wie in der Statik die Schwerkraft nicht alles ist, aber ohne die Schwerkraft alles nichts ist, so sind in einer Gesellschaft die wirtschaftlichen Budgetrestriktionen nicht alles, aber ohne ihre rationale Berücksichtigung ist alles nichts oder zumindest sehr schwierig und auf jeden Fall noch viel schwieriger als derzeit.
Die Grundeinkommensmodelle gehen ganz selbstverständlich davon aus, dass auf Dauer ein ausreichendes Angebot an Gütern und Dienstleistungen sowohl für die Bezieher des Grundeinkommens als auch für die Bezieher von Erwerbseinkommen zur Verfügung steht. Ausreichend in dem Sinne, dass alle zusammen nach Einführung des neuen Systems nicht schlechter dastehen als vorher. Sich darauf zu verlassen, dass die Menschen beim Übergang vom jetzigen System zu einem grundeinkommensbasierten ihren gewohnten Arbeiten schon weiter nachgehen und daher keine großen Veränderungen beim Marktangebot zu erwarten sein werden, ist eine Hoffnung, die die Ausgangsbedingungen des aktuellen und von den Grundeinkommensbefürwortern kritisierten Systems implizit festschreibt, ohne die kurz-, mittel- und langfristigen Folgen der Anreize des neuen Systems zu Ende zu denken.
Die Unabhängigkeit des bedingungslosen Grundeinkommens vom Faktor Arbeit gründet auf der Vorstellung, man könne in einer Marktwirtschaft die Deckung der eigenen Grundbedürfnisse entkoppeln von der über den Markt
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