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Irrweg Grundeinkommen

Irrweg Grundeinkommen

Titel: Irrweg Grundeinkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Meinhardt und Dieter Vesper Friederike Spiecker Heiner Flassbeck
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der Jahrtausendwende, die zu einer Stagnation der realen Arbeitseinkommen wie der realen Masseneinkommen geführt hat, konnten die Gewinneinkommen »nur« rund 25 Prozent zunehmen. Unter Verteilungsgesichtspunkten ist das zwar immer noch ein starkes Stück, aber es zeigt auch, dass sich die Unternehmer sozusagen selbst das Wasser abgraben, wenn sie ihre Beschäftigten systematisch von der Beteiligung an den Produktivitätsgewinnen ausschließen. Schließlich sind die Arbeitnehmer und alle übrigen von den Arbeitseinkommen abhängigen Menschen der Großteil ihrer inländischen Kunden. Ohne einen realen Einkommenszuwachs bei dieser Gruppe lässt sich keine zusätzliche Produktion an sie verkaufen, es sei denn, die Verbraucher lebten vermehrtauf Pump. Das aber haben die offenbar nicht vor – das Sparverhalten hat sich nicht rapide verringert – und fühlen sich angesichts der Finanzkrise von 2008 und der Euro-Krise auch darin bestärkt, der Möglichkeit, ihre Konsumausgaben durch Kredite zu erhöhen, zu misstrauen.
    Warum sind die Befürworter der Lohnzurückhaltung trotz dieses empirischen Belegs so fest von der Zugkraft der Gewinneinkommen überzeugt? Ist es vornehmlich die betriebswirtschaftliche Perspektive, die ihnen die Sicht auf gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge verstellt? Ist es der unerschütterliche Glaube an die Marktkräfte, die es niemals zu einem Überschussangebot (Arbeitslosigkeit) kommen lassen, solange der Preis (Lohn) nur hinreichend flexibel ist? Gerade weil die Autoren dieses Buches die Entstehung und Verwendung von Gewinnen für einen zentralen Motor der Entwicklung einer Marktwirtschaft halten, soll an dieser Stelle noch einmal ausführlich dargelegt werden, warum dieser Motor durch Lohnzurückhaltung ins Stocken gerät.
    Gewinneinkommen als Lückenbüßer bei der Konsumnachfrage?
    Die Befürworter von Lohnzurückhaltung argumentieren auf drei Arten gegen den empirischen Beleg, dass unterhalb der Produktivitätszunahme steigende Reallöhne den privaten Konsum so bremsen, dass eine Erholung auf dem Arbeitsmarkt erschwert wird: Zum einen verweisen sie auf die Steigerung der Gewinneinkommen, die, wenn schon nicht Konsumzwecken, dann immerhin – und sogar besser noch – direkt für Investitionszwecke zur Verfügung stünden. Zum anderen sei nicht belegbar, dass eine strikt produktivitätsorientierte Lohnpolitik überhaupt neue Arbeitsplätze oder gar mehr geschaffen hätte, als dank Lohnzurückhaltung erreicht worden sei. Bester Beweis dafür sei die katastrophale Arbeitsmarktsituation in anderen Euro-Ländern, die seit Einführung des Euro einen Konsumboom erlebt haben, der sich nun als nicht nachhaltig herausstelle. Und drittens, quasi spiegelbildlich dazu, belege die Entwicklung der letzten sechs Jahre am deutschen Arbeitsmarkt, dass Lohnzurückhaltung zwar erst nachund nach positiv auf die Zahl der Beschäftigten wirke, dafür dann aber umso solider.
    Das erste Argument mit der Steigerung der Gewinneinkommen lautet ausführlich folgendermaßen: Was bei der Lohnsumme möglicherweise durch eine zunächst nicht ganz so günstig ausfallende Beschäftigungszunahme quasi fehle im Vergleich zur Fiktion einer perfekt funktionierenden, strikt produktivitätsorientierten Lohnentwicklung, das schlage eben positiv bei den Gewinneinkommen zu Buche. Denn was Unternehmer weniger an Lohnkosten zu zahlen hätten, das steigere ihre Gewinne. Und diese würden entweder dem privaten Konsum oder den Investitionen zugute kommen und dadurch einem durch Lohnzurückhaltung möglicherweise ausgelösten nachfragebedingten Auslastungsproblem entgegenwirken. Abgesehen davon, dass man diesen Mechanismus, wenn er denn tatsächlich funktionieren würde, sehr wohl unter verteilungspolitischen Gesichtspunkten kritisch hinterfragen kann, ist sein eigentliches Problem, dass er in der Realität einer Marktwirtschaft nicht stattfindet.
    Das liegt aber nicht, wie manche dem Mainstream gegenüber kritischer eingestellte Ökonomen meinen, vorrangig daran, dass die Sparquote der Gewinneinkommensbezieher tendenziell höher ist als die der Bezieher von Arbeitseinkommen. Zwar besteht eine solche Differenz bei den Sparquoten, und insofern fließt von Einkommen, die auf der Kapitalseite anfallen, weniger in den privaten Konsum, als wenn sie auf der Seite der Arbeitnehmer verdient werden. Aber aus Sicht der Anhänger der Lohnzurückhaltung ist das unproblematisch, weil alles Geldeinkommen, das nicht für Konsum verwendet wird, auf dem

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