Irrweg Grundeinkommen
Entwickelt sie sich unbefriedigend, stellt das eine starke Bremse für die gesamte Wirtschaftssituation und nicht zuletzt für den Arbeitsmarkt dar, die von den anderen Nachfragekomponenten – dem staatlichen Verbrauch, den Investitionen und der Auslandsnachfrage – durch entsprechend kräftigeres Wachstum wettgemacht werden müssen, wenn man zu einer insgesamt befriedigenden Entwicklung gelangen will, die dem Arbeitsmarkt auf die Beine hilft.
Außer der hohen Korrelation lässt Abbildung 8 erkennen, dass die reale Einkommens- und mit ihr die reale Konsumentwicklung seit der deutschen Wiedervereinigung im Vergleich zu früheren Jahrzehnten äußerst schwach verlaufen ist und dass die Veränderungsraten früher wesentlich mehr variierten als in den letzen 20 Jahren. Waren in den 1960er und in der ersten Hälfte der 1970er Jahre noch reale Einkommenszuwächse von im Durchschnitt vier Prozent jährlich normal (wobei es mal ein Prozent und mal acht Prozent sein konnten), brach diese Rate im Zuge der beiden Ölkrisen auf null Prozent beziehungsweise sogar auf Werte unter null Prozent ein. Sie erholte sich in den 1980er Jahren allmählich und erreichte am Ende wieder das Vier-Prozent-Niveau. Seit 1991 ist der Zuwachs von verfügbaren Einkommen und privatem Verbrauch kaum mehr über das Zwei-Prozent-Niveau hinausgekommen. Zwischen 2003 und 2008 legten beide Größen sogar durchschnittlich nur 0,5 Prozent jährlich zu.
Wie viel hat nun die Entwicklung der realen verfügbaren Einkommen mit der der realen Lohnsumme zu tun? Die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte setzen sich zu ungefähr einem Drittel aus den Gewinneinkommen 46 und zu zwei Dritteln aus den Masseneinkommen zusammen. Letztere bestehen zu rund zwei Dritteln aus den Nettolöhnen und -gehältern (also den Arbeitseinkommen, die den Arbeitnehmern nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge und Steuern direkt zufließen). Den Rest machen die monetären Sozialleistungen (das sind zum Beispiel Renten, Zahlungen aus der Arbeitslosen- und Unfallversicherung sowie Geldleistungen der Sozialhilfe) abzüglich der Abgaben auf soziale Leistungen (zum Beispiel Steuern auf Rentenertragsanteile) aus. Die Sozialleistungen sind einerseits stark an die Lohnentwicklung der Beschäftigten gekoppelt (man denke an die Rentenberechnung) und reflektieren andererseits die Situation auf dem Arbeitsmarkt. Daraus ergibt sich, dass sich die Masseneinkommen ähnlich entwickeln wie die Lohnsumme.
Abbildung 9: Einkommensentwicklung in Deutschland
Quelle: Statistisches Bundesamt; eigene Berechnungen
Aus Abbildung 9 lässt sich wie schon aus Abbildung 8 eine auffallende Schwäche der Einkommensentwicklung seit der deutschen Wiedervereinigung entnehmen. 47 Legten die realen Masseneinkommen in den 1980er Jahren noch um knapp 20 Prozent zu und die reale Lohnsumme um knapp 30 Prozent, brachten es beide Größen in den darauffolgenden zwei Jahrzehnten zusammengenommen nur auf knapp 13 Prozent Zuwachs, das heißt, in der doppelten Zeit gab es nur ungefähr die Hälfte an Einkommenssteigerung auf der Seite der Lohn- und Transferempfänger. Das ist insofern bemerkenswert wenig, als die Stundenproduktivitätin den letzten 20 Jahren insgesamt immerhin um genauso viel zunahm wie in den 1980er Jahren, nämlich um ungefähr 30 Prozent.
Des weiteren zeigt Abbildung 9, dass auch eine starke Entwicklung der Gewinneinkommen die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte nur begrenzt positiv beeinflussen kann – die gestrichelte Linie folgt der von Masseneinkommen und Lohnsumme stärker als der der Gewinneinkommen. Mit anderen Worten: Das Gewicht der Masseneinkommen ist letzten Endes so groß und die Sparquote der Gewinneinkommensbezieher ist so hoch, dass eine schwache Entwicklung der Masseneinkommen durch noch so ausgeprägte Gewinnsteigerungen nicht wirklich ausgeglichen wird. Das heißt aber auch, dass sich der private Konsum nicht ausreichend von den Gewinneinkommen beflügeln lässt, wenn die Arbeitseinkommen darniederliegen.
Drittens zeigt die Grafik, dass die Gewinneinkommen von der Lohnzurückhaltungsstrategie auf Dauer nicht wirklich nachhaltig profitieren. Die Lohnzurückhaltung war in den 1980er Jahren nur halb so stark wie seit der Jahrtausendwende. Trotzdem explodierten die Gewinneinkommen damals quasi und legten um insgesamt gut 60 Prozent real zu, während die Arbeitseinkommen real um immerhin halb so viel, nämlich 30 Prozent, stiegen. Seit der extremen Lohnzurückhaltung ab
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