Irrweg Grundeinkommen
Erkenntnissen beitragen. Dass der Abbau der Arbeitslosigkeit in den 1980er Jahren trotz deutlicher, fast ein Jahrzehnt währender Lohnzurückhaltung bei weitem nicht so gut gelungenist, dass der hohe Beschäftigungsgrad aus den Zeiten vor den beiden Ölkrisen wieder erreicht wurde, wird ebenso nicht zur Kenntnis genommen. Genauso verhält es sich mit den Erfahrungen aus den 1990er Jahren, in denen eine mäßige Lohnzurückhaltung keinerlei Erfolge bei der Bekämpfung des Beschäftigungsmangels zeitigte.
Weder diese Empirie noch ihre naheliegende theoretische Begründung, dass mangelnde Ausschöpfung von Produktivitätszuwächsen durch die Reallohnentwicklung immer eine gesamtwirtschaftliche Bremse darstellen und damit eine bessere Arbeitsmarktentwicklung verhindern, bringen die Anhänger der Lohnzurückhaltungsstrategie zum Nachdenken. Sie orientieren sich ausschließlich an der jüngsten Phase drastischer Lohnzurückhaltung im zurückliegenden Jahrzehnt und führen die »Erfolge« bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in Deutschland auf eben diese Lohnentwicklung und all die Begleitumstände, die sie erst möglich gemacht haben, zurück. 48
Gewinneinkommen als Voraussetzung für gesteigerte Investitionsnachfrage?
Doch wie ist es um das Argument bestellt, dass durch Lohnzurückhaltung verbesserte Gewinneinkommen die Investitionstätigkeit spürbar anregen? Wird eine Dämpfung der Konsumnachfrage durch Lohnzurückhaltung mittels einer Ausweitung der Investitionstätigkeit dank stärkerer Gewinnentwicklung oder zumindest dank verbesserter Gewinnaussichten wieder wettgemacht?
Zwar wurde bereits theoretisch begründet und empirisch belegt, dass es um die Gewinnausweitung bei Lohnzurückhaltung nicht gut bestellt ist. Dennoch ist eine gute Investitionsentwicklung zwischen 2005 und 2008 beziehungsweise seit dem Einbruch 2009 nicht zu leugnen, die an die Investitionsdynamik der 1960er Jahre anknüpft. Abbildung 10 zeigt dies anhand der Entwicklung der realen Ausrüstungs- und Wirtschaftsbauinvestitionen in verschiedenen Konjunkturzyklen. Die Daten belegen, dassdie Investitionstätigkeit in den 1980er Jahren (gestrichelte Linie) nach der zweiten Ölpreiskrise nur sehr schleppend verlief im Vergleich zu den zwei Jahrzehnten davor. So hatten im fünften Jahr nach dem konjunkturellen Tiefpunkt in den drei Zyklen zwischen 1960 und 1982 die Investitionen bereits zwischen 20 und 40 Prozent zugenommen, während es im Aufschwung der 1980er Jahre, nämlich 1987, erst zwölf Prozent waren. Immerhin setzte sich die Aufwärtsentwicklung der Investitionen bis Ende der 1980er Jahre weiter fort, wenn auch nicht gerade überbordend. Das müsste diejenigen wundern, die eine starke Gewinnentwicklung als wichtigste Voraussetzung für eine gute Investitionskonjunktur ansehen. Denn die Gewinne explodierten gegen Ende der 1980er Jahre geradezu, wie aus Abbildung 9 ersichtlich.
Abbildung 10: Investitionen in Deutschland
Quelle: AMECO Datenbank (Stand Mai 2012); Werte 2012: Prognose der EU-Kommission, eigene Berechnungen
Allerdings war die Investitionsentwicklung der 1980er Jahre noch bedeutend besser als die in den 1990ern. Nach der deutschen Wiedervereinigung kam das Wachstum der Ausrüstungs- und Wirtschaftsbauinvestitionen fünf Jahre lang zum Erliegen. In dieser Zeit nahmen die Gewinneinkommen um insgesamt 16 Prozentbeziehungsweise 28 Prozent real zu – je nachdem, ob man die nominalen Gewinne mit dem Preisindex des privaten Verbrauchs oder mit dem der Investitionsgüter deflationiert. Die Erholung der Investitionen ab 1997 währte dann nur vier Jahre und ging übrigens mit real stagnierenden, ja sogar fallenden Gewinneinkommen einher. Nach der Jahrtausendwende folgten mit dem Platzen der Dotcom-Blase die nächste Rezession und wiederum eine jahrelange Investitionsflaute. Die Gewinneinkommen begannen bereits ab 2002 erneut anzuziehen, ohne dass sich dies unmittelbar positiv bei den Investitionen bemerkbar machte (und schon gar nicht beim privaten Verbrauch). Das bestärkte die Befürworter der Lohnzurückhaltung in ihrer Ansicht, die Lohnentwicklung habe sich noch nicht lange und umfassend genug als bescheiden erwiesen, es benötige eben Zeit, bis die Unternehmer Vertrauen in die verantwortungsbewusste Haltung der Gewerkschaften fassten und sie für langfristig kooperativ hielten. Und so legten die Gewinne zwischen 2002 und 2005 real 14 beziehungsweise 20 Prozent zu (je nach Deflator), während Ausrüstungen und Wirtschaftsbau
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