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Irrweg Grundeinkommen

Irrweg Grundeinkommen

Titel: Irrweg Grundeinkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Meinhardt und Dieter Vesper Friederike Spiecker Heiner Flassbeck
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überein: Weniger Verschuldung des Unternehmenssektors geht tendenziell einher mit höheren Gewinneinkommen.
    Aus der Überlegung, dass im Unternehmen anfallende Gewinne eine interne Finanzierungsquelle für Investitionen darstellen, lässt sich übrigens auch herleiten, weshalb die Hoffnung trügerisch ist, von Löhnen zu Gewinnen umgeschichtete Einkommen wirkten tendenziell zinssenkend und stünden einem potentiellen Nachfragemangel durch Lohnzurückhaltung auf dem Markt für Konsumgüter entgegen, weil der Zinssenkungseffekt die Investitionsnachfrage anrege. Wird einem Unternehmen durch Ausschüttung von Gewinnen die interne Finanzierungsbasis verringert, steht ihm aus internen und externen Quellen zusammengenommen nicht mehr Kapital zur Verfügung als vorher (dafür aber möglicherweise eine teurere Finanzierungsform). Fällt obendrein das Gewinneinkommen, wie oben beschrieben, durch Lohnzurückhaltung kleiner aus, steht diesem negativen Effekt also nicht einmal ein positiver auf den Kapitalmärkten gegenüber.
    Der Zusammenhang von Finanzierungssaldo und Gewinneinkommen ist deshalb hier von Interesse, weil er den von den Befürwortern der Lohnzurückhaltung behaupteten Zusammenhang von Gewinnen als Voraussetzung für (und nicht als Folge von!) Investitionen empirisch auch für den Zeitraum vor 1980 erschließbar macht. Abbildung 11 lässt vermuten, dass der Anteil der Gewinneinkommen am Bruttonationalprodukt in den 1960er und 1970er Jahren kleiner gewesen sein dürfte als später und vor allem als heute, da damals der Finanzierungssaldo des Unternehmenssektors viel negativer war. Für diese Vermutung spricht übrigens auch, dass die Dynamik der Lohnsummenentwicklung im Vergleich zur Entwicklung der verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte bis Mitte der 1970er Jahre höher war. Der daraus indirekt geschlussfolgerte Befund relativ kleinerer Gewinneinkommen in den 1960erund 1970er Jahren trifft aber mit einer viel regeren Investitionstätigkeit in diesem Zeitraum im Vergleich zu den folgenden Jahrzehnten zusammen. Und das widerspricht der These fundamental, hohe Gewinneinkommen seien auf Dauer die beste Voraussetzung für eine rege Investitionstätigkeit und damit für eine positive Entwicklung am Arbeitsmarkt. Hohe Gewinneinkommen könnten vielmehr das empirische Ergebnis alter Investitionsprojekte sein und ein aktuelles Erlahmen der Investitionstätigkeit anzeigen.
    Abbildung 12: Gewinne und Investitionen in Deutschland

    Quellen: Statistisches Bundesamt; AMECO Datenbank (Stand: Mai 2012), Werte 2012: Prognose der EU-Kommission
    Zumindest für die Jahre ab 1980 lässt sich diese Überlegung empirisch überprüfen. In weniger als 30 Prozent der 31 Jahre von 1980 bis 2011 lässt sich ein Gleichlauf von Gewinn- und Investitionsquote feststellen. In Abbildung 12 sind die entsprechenden Jahre als schraffierte Flächen gekennzeichnet. In allen übrigen Jahren verhalten sich die beiden Quoten gegenläufig.
    Und wie schon weiter oben beim über die Jahrzehnte hinweg tendenziell immer positiver werdenden Finanzierungssaldo des Unternehmenssektors erläutert, zeigt sich auch hier anhand derGewinnquote: Ihre steigende Tendenz schlägt sich nicht in einer auf Dauer steigenden Investitionsquote nieder. Das aber war das zentrale Versprechen der Befürworter von Lohnzurückhaltung: Mehr Gewinne, mehr Investitionen, mehr Arbeitsplätze. Empirisch muss hier, gerade auch im Vergleich mit Abbildung 11, eher von steigenden Gewinnen bei gleich schwacher Investitionstätigkeit die Rede sein.
    Und diese schwache Investitionstätigkeit hat sich in den Jahrzehnten der großen Umverteilung in einer schwachen Produktivitätsentwicklung niedergeschlagen (Abbildung 13). Seit 1982 wurde nur noch ein tendenziell sinkendes Produktivitätswachstum erreicht, nicht mehr zu vergleichen mit dem, was in früheren Zyklen möglich war. Lediglich in den Jahren 2006 und 2007 war das Gesamtergebnis dank des Exportbooms im verarbeitenden Gewerbe nicht schlecht. Dieser Boom aber ist, wie wir im nächsten Abschnitt zeigen werden, nicht wiederholbar und hat seine eigene gefährliche Erbschaft hinterlassen, an der Deutschland noch lange zu knabbern haben wird.
    Abbildung 13: Produktivität in Deutschland

    Quellen: Statistisches Bundesamt; AMECO Datenbank (Stand Mai 2012), eigene Berechnungen; Werte 2012: Prognose der EU-Kommission
    Zusammengenommen muss man festhalten, dass die enorme Lohnzurückhaltung in den vergangenen zehn Jahren nicht durch eine

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