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Irrweg Grundeinkommen

Irrweg Grundeinkommen

Titel: Irrweg Grundeinkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Meinhardt und Dieter Vesper Friederike Spiecker Heiner Flassbeck
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Missbrauchs, das heißt des unlauteren Wettbewerbs, beim Wettbewerb der Staaten noch wesentlich größer als bei dem zwischen Unternehmen. Ein Unternehmen, das seine Preise für ein bestimmtes Produkt drastisch senkt, um seine Mitkonkurrenten aus dem Markt zu verdrängen, setzt sich selbst gewissen Risiken aus. Es muss in anderen Geschäftsfeldern stark genug sein, um die Verluste für eine Zeit tragen zu können, schwächt also seine Position kurzfristig, um langfristig Erfolg haben zu können. Bei Staaten gibt es diesen Fall auch. Verzichtet etwa eine Regierung auf den Ausbau der öffentlichen Infrastruktur, um die Steuern für Unternehmen international attraktiv zu machen, mag sie kurzfristig erfolgreich sein, auf lange Sicht kann dadurch aber der Standort nachhaltig geschwächt werden.
    Staaten verfügen über noch viel weitergehende Mittel als Unternehmen, wenn es darum geht, Arbeitsplätze im Inland zu fördern. Regierungen können die Bevölkerung dazu zwingen oder davon überzeugen, dass es notwendig sei, den eigenen Lebensstandard dauerhaft einzuschränken, um Exporterfolge erzielen zu können. Gelingt das, stehen diese Regierungen in der Regel nicht unter einem raschen Erfolgszwang wie Unternehmen, weil die internationale Mobilität der Bevölkerung aus vielerlei Gründen sehr gering ist. Gelingt es folglich einem Land, seinen Gürtel enger zu schnallen, also weit unter seinen Verhältnissen zu leben, kann es sehr nachhaltig in die internationalen Märkte eingreifen und die Marktergebnisse zu seinen Gunsten manipulieren.
    Erstaunlicherweise ist die Unzulässigkeit dieser Art von Manipulation des internationalen Handels im Falle staatlicher Subventionen vollkommen unbestritten. Bestritten wird sie aber schonim Falle von Steuersenkungen, dem sogenannten Steuerwettbewerb der Staaten. Steuersenkung ist sicher nicht innovativ, sondern zwingt nur die eine Nation dazu, das zu tun, was die andere schon getan hat. Dass dabei weltweit ein besseres Steuersystem herauskommt, kann man behaupten, belegen kann man es nicht. Gewinnen werden bei einem von Standortüberlegungen getriebenen platten Steuersenkungswettlauf weder die private Wirtschaft noch die Staaten. Treiben es die Regierungen in diesem Kampf der Nationen zu weit, dann verlieren sogar alle, weil die Staaten am Ende nicht mehr in der Lage sind, ihre ureigensten Aufgaben in Sachen Bildung und Infrastruktur zu erledigen, und der Wohlstand aller sinkt. Der europäische Wettlauf um die Senkung der Körperschaftsteuern, der – aber nur wegen der großen Finanzkrise – bei etwa 25 Prozent zu einem vorläufigen Ende gekommen ist, bildet ein herausragendes Beispiel für vollkommen sinnlose, ja kontraproduktive Steuersenkung, die zu Fehlsteuerung führt, weil es dafür nie eine sachliche Begründung außer dem Wettlauf der Nationen gab.
    Noch weniger gesehen wird die Gefahr einer solchen Politik des Kampfes der Nationen im Falle von Lohndumping, also bei einem systematischen Zurückbleiben der Lohnzuwächse hinter dem Produktivitätszuwachs. In allen diesen Fällen gleichermaßen dürfen aber die internationalen Rückwirkungen solcher Maßnahmen, und seien die Maßnahmen aus rein nationalen Gründen noch so erwünscht, nicht aus dem Auge verloren werden. Globalisierung heißt eben auch, dass die nationalen Grenzen zunehmend an Relevanz für jede Art von wirtschaftlichem Handeln verlieren. Also kann auch nationale Politik immer weniger ohne Rücksicht auf andere Nationen betrieben werden, sollen nicht Reaktionen des Auslands provoziert werden, die den Zweck der nationalen Maßnahmen torpedieren.
    Unternehmen können sich zum Ziel setzen, ein anderes Unternehmen endgültig vom Markt zu verdrängen, entweder durch platte Kostensenkung oder durch unternehmerische Innovation. Ersterem sind in einer funktionierenden Marktwirtschaft klareGrenzen gesetzt, bei Letzterem ist das Gesamtergebnis in der Regel positiv, selbst wenn ein Mitbewerber verschwindet. Staaten können aber mit wirtschaftlichen Mitteln andere Staaten nicht verdrängen. Der zunächst unterlegene Staat muss Antworten auf die Herausforderung finden.
    Das lässt sich derzeit sehr gut in der EWU bei den südeuropäischen Staaten beobachten. Weil sie im Wettbewerb zurückgefallen sind und hohe Defizite im Außenhandel aufweisen, müssten sie ihre Währungen abwerten, was ihnen aber die Währungsunion verwehrt. Für die deutsche Methode des Lohndumpings ist ein hoher Preis zu zahlen. Die

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