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Irrwege

Titel: Irrwege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis , Tracy Hickman
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mehr. Und Orla – sie ist
gegangen. Zu ihm.«
    »Und du bist hiergeblieben? Du bist nicht mit
ihr gegangen? Und wenn, dann nur, um die anderen Sartan auf Chelestra zu
warnen…«
    »Du verstehst nicht, Haplo«, unterbrach ihn
Alfred. »Ich bleibe hier, weil ich muß. Es gibt keinen Ausweg.«
    Haplo starrte ihn aufgebracht an. »Eben hast du
gesagt, Orla wäre fortgegangen…«
    Alfred begann die Runen zu singen. Sein ungelenker
Körper bewegte sich plötzlich voller Geschmeidigkeit und Anmut im Rhythmus des
Liedes. Seine Hände zeichneten die Sigel in die Luft.
    Die Melodie war traurig, aber wohlklingend.
Marit fühlte sich daran erinnert, wie sie zum letztenmal ihr Kind in den Armen
gehalten hatte. Die Erinnerung tat weh, das Lied tat weh, der Schmerz machte
sie zornig. Es drängte sie zuzuschlagen, den Zauber zu brechen, den er wob – in
böser Absicht, um sie zu schwächen –, als ein Teil der Mauer verschwand.
    Hinter der Wand, in einem Sarg aus Kristall, lag
eine Sartanfrau. Ihre Augen waren geschlossen, ihr Gesicht drückte tiefe Ruhe
aus. Sie schien zu lächeln. Haplo verstand. »Tut mir leid…«
    Alfred lächelte traurig. »Sie hat ihren Frieden.
Sie ist mit ihrem Gemahl vereint.« Er richtet den Blick auf Marit. »Sie sah,
was er erdulden mußte, bevor er starb.«
    »Er wurde für seine Verbrechen hingerichtet.«
Marit reckte trotzig das Kinn vor. »Er hat gelitten, wie wir gelitten haben,
durch seine Schuld. Die Strafe war noch milde, viel zu milde.«
    Alfred sagte nichts. Er warf einen zärtlichen
Blick auf die Frau in dem Sarg und strich sacht mit der Hand über den
funkelnden Kristall. Dann berührte er einen zweiten Sarg neben dem ihren.
Dieser war leer.
    »Was ist das?« fragte Haplo.
    »Meiner«, antwortete Alfred. »Wenn die Zeit
gekommen ist. Ich muß dir recht geben. Dieser Ort hat Ähnlichkeit mit
Arianus.«
    »Zu große«, meinte Haplo. »Du haust wieder in
einem Grab. ›Absolut sicher‹!« Er schnaubte. »Aber diesmal wirst du dich nicht
darin verkriechen. Du kommst mit mir.«
    »Wohin? Ich habe dir gesagt, es gibt keinen Weg
hinaus.« Er warf einen Blick auf Orla. »Außer ihrem Weg.«
    »Er lügt!« rief Marit schrill. Sie kämpfte die
Panik nieder, die sie unvermutet überkam; unterdrückte ein plötzliches,
erschreckendes Verlangen, mit bloßen Händen die Mauern einzureißen.
    »Nein, er lügt nicht. Er ist ein Sartan, unfähig
zu lügen. Doch er versteht sich bestens darauf, nicht die Wahrheit zu
sagen.« Haplo musterte Alfred durchbohrend. »Das Todestor befindet sich
irgendwo hier. Wir werden diesen Ort durch das Todestor verlassen.«
    »Wir haben kein Schiff«, gab Marit zu bedenken.
    »Wir bauen eins.« Haplo hielt den Blick auf
Alfred gerichtet, der erneut Zuflucht im Studium seiner Schuhspitzen suchte. »Was
ist, Sartan? Das Todestor? Ist das der Ausgang?«
    »Das Tor öffnet sich nur in eine Richtung«,
meinte Alfred kryptisch.
    Haplo runzelte die Stirn, er war einen Moment
lang ratlos.
    Marit fackelte nicht lange. Sie bückte sich und
zog den Dolch aus dem Stiefelschacht.
    »Ich bringe ihn zum Reden.«
    »Laß ihn in Ruhe, Marit. Auf diese Weise
bekommst du nichts aus ihm heraus.«
    »Ich werde mich bemühen, deinen ›Freund‹ nicht übermäßig
zu beschädigen. Du brauchst ja nicht hinzusehen.«
    Haplo erwiderte nichts. Wortlos stellte er sich
zwischen sie und Alfred.
    »Verräter!« Marit versuchte, ihn zu umgehen.
    Haplo fing sie ein und hielt sie fest. Sie war
stark, möglicherweise stärker als er zur Zeit, und setzte sich heftig zur Wehr.
Während sie miteinander rangen, begannen beider Hände und Arme einen
bläulichen Schimmer zu verströmen.
    Die Runenmagie erwachte.
    Nur, daß es nicht geschah, um anzugreifen oder
zu verteidigen. Die Magie reagierte so, wie sie es tat, wenn zwei Patryn sich
berühren: einen, den Kreis schließen. Es war die Magie des Heilens, gemeinsamer
Kraft, gemeinsamer Ziele.
    Marit spürte, wie die Strömungen von ihr Besitz
ergriffen, und bäumte sich dagegen auf. Ihr Inneres war leer, hohl und leer,
dunkel und still. Sie hörte nicht einmal mehr ihre eigene Stimme, nur den
Widerhall von Worten aus der Vergangenheit. Die Leere war kalt, aber wenigstens
frei von Schmerz. Marit hatte alle Schmerzen aus sich hinausgeschoben, hatte
sie geboren und die Nabelschnur durchtrennt. Aber der bläuliche Schimmer,
weich und warm, strömte von Haplos Hand ihren Arm hinauf. Stahl sich in ihr
Herz. Ein

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