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Irrwege

Titel: Irrwege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis , Tracy Hickman
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derzeitigen Obmanns zurückzuverfolgen, aber das kam selten vor. Im
allgemeinen wurden die Stämme entweder ausgelöscht oder in alle Winde
verstreut. Überlebende schlössen sich anderen Gruppen an, verschmolzen mit
ihnen.
    Die Vergangenheit im Labyrinth beschränkte sich
auf gestern. Und niemand sprach je von einer Zukunft.
    Haplo machte den Mund auf, schloß ihn wieder.
Weiterzufragen hätte gegen die guten Sitten verstoßen. Schon jetzt hatte er
die Grenzen überschritten. Doch er fühlte sich unwohl. Erneut blickte er auf
die Runen an seinen Händen und Armen. Das alles ergab keinen Sinn. Lockte man
sie in eine raffinierte Falle?
    Wir befinden uns hier, rief er sich in
Erinnerung, im innersten Herzen des Labyrinths.
    »Sprich offen, Haplo.« Kari schien seine Gefühle
zu ahnen. »Was möchtest du fragen?«
    »Ich bin aus einem bestimmten Grund hergekommen.«
Er zögerte, dann sprach er weiter. »Ich suche jemanden. Ein kleines Mädchen.
Sieben, vielleicht acht Tore alt. Ihr Name ist Reue.«
    Kari nickte gelassen.
    »Du kennst sie?« Haplos Puls schlug rascher. So
bald Erfolg zu haben…
    »Ich kenne mehrere«, antwortete Kari.
    »Mehrere! Aber wie…«
    »Reue ist kein ungewöhnlicher Name im
Labyrinth«, meinte sie mit einem ironischen Lächeln.
    »Nein, wahrscheinlich nicht«, murmelte Haplo.
    Um die Wahrheit zu sagen, er hatte nie darüber
nachgedacht, nie die Möglichkeit in Betracht gezogen, es könnte mehr als ein
Kind mit Namen Reue im Labyrinth geben. Namen hatten für ihn nie eine Bedeutung
gehabt. Er wußte nicht, wie seine Eltern geheißen hatten oder der Obmann des
Stammes, bei dem er aufgewachsen war. Selbst Marit. ›Die Frau‹, so hatte er an
sie gedacht. Der Fürst des Nexus war nur das – sein Fürst.
    Haplo sah den Hund an, der neben ihm her lief.
Er verdankte dem Tier sein Leben und hatte sich nie die Mühe gemacht, ihm einen
Namen zu geben. Erst nachdem er durch das Todestor gekommen war, sich in den
Welten der Nichtigen bewegte, war er sich der Bedeutung von Namen bewußt
geworden, sah er Leute als eigenständige Geschöpfe, wichtig, unverwechselbar,
individuell.
    Und er war nicht der einzige, der ein
zweifelhaftes Verhältnis zu Namen hatte. Haplo schaute zu Alfred zurück – wie
er den Pfad entlangtrottete, über jedes nur mögliche Hindernis stolperte und
zur Not auch über den glatten Boden, wenn sonst nichts zu finden war.
    Wie ist dein wirklicher Name, Sartan? fragte
sich Haplo plötzlich. Und warum machst du so ein Geheimnis daraus?
    Die Patryn machten erst halt, nachdem sie ein
gutes Stück Weg zurückgelegt hatten. Haplos Bein schmerzte immer mehr, und er
glaubte schon, nicht mehr weiterzukönnen, als Kari endlich stehenblieb.
Schwärze sickerte in die graue Helligkeit, es wurde Nacht. Das Labyrinth war
immer gefährlich, doch ungleich gefährlicher nach Einbruch der Dunkelheit.
    Sie standen auf einer Lichtung, an deren Rand
ein Bach floß. Kari musterte den Platz, beratschlagte mit ihren Leuten und gab
dann Befehl, das Nachtlager aufzuschlagen.
    »Nun habt ihr Muße, euch zu heilen«, sagte sie
zu Haplo. »Wir werden unseren Proviant mit euch teilen, dann schlaft in
Frieden. Wir halten Wache.«
    Die Patryn brachten ihnen eine heiße Mahlzeit,
zubereitet über einem kleinen Feuer mitten auf der Lichtung. Haplo staunte
über ihre Sorglosigkeit, enthielt sich aber jeden Kommentars. Protest zu äußern
hätte bedeutet, Karis Autorität anzuzweifeln, etwas, wozu er als Fremder und
jemand, der ihr seine Rettung verdankte, nicht berechtigt war. Wenigstens
waren sie vernünftig genug, darauf zu achten, daß es mit rauchloser Flamme
brannte.
    Sobald ihre Gäste versorgt waren, erkundigte
Kari sich höflich, ob sie noch etwas vermißten.
    »Deine beiden Freunde beherrschen unsere Sprache
nicht«, meinte sie mit einem Blick zu Hugh und Alfred. »Sind ihre Bedürfnisse
verschieden von unseren? Gibt es irgend etwas Besonderes, das wir ihnen bringen
können?«
    »Nein«, erwiderte Haplo. »Vielen Dank.«
    Er mußte ihr zugute halten, auch das war ein
passabler Versuch gewesen.
    Kari nickte und ging. Sie teilte die Wachen ein,
Posten am Boden und in den Bäumen. Dann setzten sie und ihre Leute sich zum
Essen nieder. Haplo und seine Begleiter wurden nicht eingeladen, sich mit in
den Kreis zu setzen. Das konnte man als schlechtes Zeichen werten – man sitzt
nicht am selben Feuer mit einem Feind. Oder es war Rücksichtnahme, die
Vermutung, daß

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