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Irrwege

Titel: Irrwege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis , Tracy Hickman
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Herrscher der
Nacht breiteten ihre Mäntel über Solarus, Abendschatten hüllten Skurvash ein.
    Ciang hielt den Dolch in der rechten Hand. Mit
der linken griff sie nach seinem geflochteten Bart und zwang seinen Kopf zu
sich herum und in den Nacken, so daß er sie ansehen mußte – auch hinderte sie
nun nichts mehr, falls sie sich entschloß, ihm die Kehle durchzuschneiden.
    »Du hast nichts getan, um eine solche Ehre zu
verdienen, Hugh Mordhand«, äußerte sie kalt. »Weshalb forderst du den Tod von
meiner Hand?«
    »Ich will zurück«, sagte er tonlos.
    Ciang staunte nur selten, aber die Erklärung, so
ruhig und voller Gleichmut ausgesprochen, kam überraschend. Sie ließ ihn los,
trat einen Schritt zurück und forschte eindringlich in den dunklen Augen des
Mannes. Kein flackernder Wahnsinn. Nur eine Leere, als blickte sie in einen
ausgetrockneten Brunnen.
    Hugh hob die Hände zu dem Lederwams, das er anhatte,
und riß es mitsamt dem Hemd auseinander.
    »Seht hin. Das Zeichen ist schwer zu erkennen.«
    Er war ein dunkler Mann; seine Brust
überwucherte dichtes, krauses schwarzes Haar, mit Grau vermischt.
    »Hier«, sagte er und führte Gangs
widerstandslose Hand zu der Stelle über seinem Herzen.
    Sie beugte sich vor und strich mit den Fingern
durch sein Brusthaar; es fühlte sich an, als kratzten scharfe Vogelkrallen über
seine Haut. Er fröstelte.
    Ciang holte tief Atem und riß ihre Hand zurück.
Sie starrte ihn an, die Ehrfurcht in ihrem Blick kristallisierte langsam zu
Begreifen.
    »Die Runenmagie!« hauchte sie.
    Den Kopf gebeugt wie einer, der sich aufgegeben
hat, sank Hugh aus der knienden Haltung in die Hocke zurück. Eine Hand tastete
zur Brust, krallte sich zitternd in den Hemdstoff und zog die zerrissenen
Hälften zusammen. Die andere ballte sich zur Faust. Mit hochgezogenen
Schultern starrte er blicklos auf den Boden.
    Ciang stand vor ihm, den Dolch vergessen in der
herabhängenden Hand. Sie hatte seit langer, langer Zeit keine Furcht mehr
empfunden. Wie lange nicht mehr, wußte sie selbst nicht genau zu sagen. Und
dann war es keine Furcht gewesen wie diese – ein sich windender Wurm in ihren
Eingeweiden.
    Die Welt befand sich in einer Phase der
Veränderungen, drastischer Veränderungen. Ciang war sich dessen bewußt. Es
machte ihr keine Angst. Sie hatte in die Zukunft geblickt und war bereit, sich
ihr zu stellen. Nun gut, bald herrschte also Frieden zwischen den Rassen –
Menschen, Elfen und Zwerge wollten in Eintracht miteinander leben. Das Ende
von Krieg und Rebellion würde die Bruderschaft hart treffen, anfangs; Frieden
bedeutete womöglich sogar, daß die Menschen und Elfen sich für stark genug
hielten, gegen die Bruderschaft vorzugehen. Doch Ciang hielt es nicht für
wahrscheinlich. Zu viele Barone der Menschen, zu viele Elfenfürsten
schuldeten der Bruderschaft zu viele Gefälligkeiten; zu viele heikle
Geheimnisse galt es zu bewahren.
    Ciang fürchtete den Frieden nicht. Wahrer,
dauerhafter Frieden war unmöglich, solange noch ein Herz Eifersucht, Neid,
Habsucht, Lust und Haß fühlte und ein Hirn Intrigen ausbrütete. Man würde die
Dienste der Bruderschaft auch weiterhin in Anspruch nehmen.
    Nein, all das vermochte Ciang nicht zu
beunruhigen. Aber dies – störte die Ausgewogenheit und brachte die Waagschalen
aus dem Gleichgewicht. Sie mußte sich darauf einstellen, möglichst schnell. Zum
erstenmal in ihrem Leben zweifelte Ciang an sich selbst. Aus diesen
Selbstzweifeln erwuchs ihre Angst.
    Sie sah den Dolch an, ließ ihn fallen. Dann
legte sie die Hände an Hughs hagere, eingefallene Wangen und hob behutsam seinen
Kopf. »Mein armer Junge«, raunte sie. »Mein armer Junge.«
    Tränen verschleierten seine Augen, ein Schauer
überlief seinen Körper. Er hatte so lange weder geschlafen noch etwas
gegessen, daß er inzwischen keine Müdigkeit und keinen Hunger mehr spürte. Kraftlos
wie er war, hatte sie leichtes Spiel mit ihm.
    »Du mußt mir alles erzählen«, flüsterte sie,
drückte seinen Kopf an ihre knochige Brust und beugte sich über ihn. »Sag mir
alles, Hugh. Nur dann kann ich dir helfen.«
    Er kniff die Augen zu, um die Tränen
zurückzuhalten, doch er war zu schwach. Ein würgendes Schluchzen entrang sich
seiner Brust, er schlug die Hände vors Gesicht.
    Ciang hielt ihn fest und wiegte sich mit ihm hin
und her. »Sag mir alles…«
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Kapitel 6
Die Festung der Bruderschaft,
Skurvash,
Arianus
    »Ich bin heute abend für

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