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Irrwege

Titel: Irrwege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis , Tracy Hickman
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Schulter des Mannes. »In welchem grausamen Netz zappelst du? Und
wer, frage ich mich, ist die Spinne, die es gewoben hat? Nicht die Kenkari.
Ich glaube fast, ich habe mich geirrt. Auch sie mit ihren Schmetterlingsflügeln
mögen sich in diesem Netz verfangen haben.
    Soll ich dir helfen? Soll ich handeln? Denn ich
kann dir helfen, Hugh.« Ciang strich geistesabwesend über die schwarze,
graumelierte Haarmähne, die sich auf seinem Rücken wirrte. »Ich habe die
Möglichkeit. Aber weshalb sollte ich? Was gewinne ich dabei?«
    Gangs Hand begann zu zittern, sie mußte nach der
Stuhllehne greifen und sich darauf stützen. Die Schwäche wieder einmal, die
sie neuerdings immer häufiger überkam. Ein Schwindelgefühl und dieser
furchtbare Druck auf der Brust, wie von einer schweren Last. Sie wartete, hielt
sich am Stuhl fest und wartete in stoischer Ruhe, bis es vorbei war. Es ging stets
vorbei. Aber eines Tages…
    »Du sagst, daß es schwer ist zu sterben, Hugh
Mordhand«, sagte Ciang, als sie wieder frei atmen konnte. »Das überrascht mich
nicht. Ich war oft genug Zeuge des Sterbens, um das zu wissen. Aber ich muß
zugeben, ich bin enttäuscht. Frieden. Vergebung. Doch erst müssen wir
Rechenschaft ablegen.
    Und ich dachte, da wäre nichts. Die Kenkari mit
ihren albernen Seelenfallen. Seelen, die sich in den Gärten unter ihrer
Kristallkuppel tummeln. Nichts. Nach dem Tode das Nichts. Darauf habe ich
gesetzt.« Ihre Hand umkrampfte den Holm der Stuhllehne. »Ich habe verloren,
wie es scheint. Außer du lügst?«
    Sie neigte sich über Hugh und schaute ihm ins Gesicht,
eindringlich, hoffnungsvoll. Dann seufzte sie und richtete sich auf. »Nein, der
Wein lügt nicht. Und du hast auch nie gelogen, Mordhand, in all den Jahren, die
ich dich kenne. Zur Rechenschaft gezogen. Vergebung der Sünden… Welche Sünden
habe ich nicht begangen? Aber was kann ich tun, um mich loszukaufen?
Meine Karten liegen auf dem Tisch – zu spät, um noch etwas zu ändern. Aber
vielleicht ein neues Spiel, ja? Alles oder nichts?«
    Mit einem verschwörerischen Augenzwinkern
schaute die Greisin ins Dunkel. »Gilt die Wette?«
    Prompt klopfte es an der Tür. Ciang kicherte
leise, halb spottend, halb bestürzt. »Herein.«
    Der Uralte trat ins Zimmer.
    »Liebe Güte«, meinte er betroffen, als er Hughs
ansichtig wurde. »Lassen wir ihn so liegen?«
    »Keiner von uns beiden ist stark genug, ihn zu
transportieren. Er soll ruhig da bleiben, bis morgen früh.«
    Sie streckte den angewinkelten Arm aus. Der alte
Mann ergriff ihn und geleitete sie – eigentlich stützten sie sich gegenseitig –
über den unbeleuchteten Flur zu ihrem Schlafgemach.
    »Zünde die Lampen an. Heute nacht muß ich viel
lesen.«
    Er tat wie geheißen und stellte das Licht auf
ein Tischchen neben ihrem Bett.
    »Geh in die Bibliothek. 11 Bring mir alle Bücher, in denen etwas über die Sartan geschrieben steht. Und
bring mir den Schlüssel zum Schwarzen Koffer. Dann magst du dich zurückziehen.«
     
    »Sehr wohl, Herrin. Und ich hole noch eine Decke
für unseren Freund.«
    Der Uralte humpelte zur Tür, als Ciang ihn
zurückhielt.
    »Denkst du je an den Tod? Deinen eigenen, meine
ich.«
    Der Uralte zuckte nicht mit der Wimper. »Nur
wenn ich nichts Besseres zu tun habe, Herrin. Wäre das alles?«
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Kapitel 7
Die Festung der Bruderschaft,
Skurvash,
Arianus
    Hugh schlief bis spät in den nächsten Morgen,
betäubt vom Wein und ein Opfer der Strapazen, die er seinem Körper zugemutet
hatte. Doch es war der schwere, bleierne Schlummer der Trunkenheit, aus dem man
wie zerschlagen erwacht, mit schmerzendem Schädel und flauem Magen. Der Uralte
war vorausschauend zur Stelle, um Hugh zu einem großen Wasserfaß vor der Festung
zu führen, das für die Wachposten dort stand. 12 Der Greis tauchte eine Kelle ein und reichte sie Hugh. Der nahm sie und
schüttete sich den Inhalt über Kopf und Schultern, Hemd, Wams, alles.
Anschließend fühlte er sich ein wenig besser.
    »Ciang wird Euch heute vormittag Audienz gewähren«,
teilte ihm der Uralte mit, als er glaubte, daß Hugh wieder klar genug war, um
begreifen zu können, was er sagte.
    Hugh nickte; zu einer Antwort fühlte er sich
noch nicht in der Lage.
    »Sie wird Euch in ihrem persönlichen Gemach
empfangen«, fügte der Uralte hinzu.
    Hugh hob die Augenbrauen. Das war eine Ehre, die
nur wenigen zuteil wurde. Reuevoll schaute er an seinen nassen, zerknitterten
Kleidern hinunter.

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