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Irrwege

Titel: Irrwege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis , Tracy Hickman
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Sein guter Geist erbot sich, ihm ein frisches Hemd zu
verschaffen. Auf den Vorschlag, eventuell ein Frühstück in Betracht zu ziehen,
reagierte Hugh mit einem entschiedenen Kopf schütteln.
    Gewaschen und umgekleidet, bis auf einen dumpfen
Schmerz hinter den Augäpfeln und gelegentliche Anwandlungen von Übelkeit
wieder wohlauf, fand sich Hugh zu einer zweiten Unterredung bei Ciang, dem
›Arm‹ der Bruderschaft ein.
    Gangs Allerheiligstes war riesig, luxuriös und
in dem opulenten Stil eingerichtet, den die Elfen bewundern und die Menschen
pompös finden. Sämtliche Möbel bestanden aus geschnitztem Holz, ein seltener
und daher kostbarer Werkstoff im Mittelreich. Agah’ran, der Elfenkaiser, hätte
die geschminkten Augen weit aufgerissen vor Neid bei dem Anblick so vieler
wertvoller und kostbarer Stücke. Das massive Bett war ein Kunstwerk. Vier
Pfosten in der Gestalt mythologischer Tiere, eins auf dem Kopf des anderen
sitzend, stützten einen hölzernen Baldachin, verziert mit den gleichen Tieren
in liegender Haltung, die Tatzen ausgestreckt. Jede Tatze hielt einen goldenen
Ring, und an den Ringen hing ein Vorhang aus feinster Seide, prachtvoll in
Farbe und Muster. Man raunte, der Vorhang hätte magische Eigenschaften, daß er
verantwortlich wäre für die ungewöhnlich lange Lebensspanne der Elfenfrau.
    Ob das nun stimmte oder nicht, der Vorhang war
eine Augenweide und forderte Bewunderung geradezu heraus. Hugh war nie zuvor
in Gangs Schlafgemach gewesen. Er betrachtete staunend den schillernden,
farbenprächtigen Stoff und hatte die Hand danach ausgestreckt, ehe ihm zu
Bewußtsein kam, was er tat. Er hielt in der Bewegung inne, aber Ciang, die auf
einem Ungetüm von Stuhl mit hoher Lehne saß und ihn beobachtete, winkte
auffordernd.
    »Du magst ihn getrost anfassen, mein Freund. Es
wird dir guttun.«
    Hugh, der sich an die Gerüchte erinnerte, hätte
gerne verzichtet, aber das wäre ein Affront gewesen. Er ließ die Finger über
den Stoff gleiten und spürte überrascht ein angenehmes Prickeln der Erfrischung
seinen Körper durchströmen. Unwillkürlich wich er zurück, aber das Gefühl
blieb; sein Kopf war klar, der dumpfe Schmerz verschwunden, er fühlte sich wie
neugeboren.
    Ciang saß am anderen Ende des Zimmers. Durch
bleiverglaste Fenster flutete der Sonnenschein. Hugh schritt über die breiten
Lichtbahnen auf den gemusterten Teppichen und trat vor ihren monströsen
Polsterstuhl.
    Diese einschüchternde Sitzgelegenheit war
angeblich das Geschenk eines Bewunderers an Ciang und kündete von einem
zweifelhaften Geschmack. Ein Totenschädel grinste von der hohen Lehne herunter.
Für die blutroten Polster, in die Ciangs zerbrechliche Greisengestalt sich
schmiegte, bildete das Gestell aus einem bunten Reigen verschiedener, grotesk
ineinander verschlungener Fabelwesen einen bizarren Rahmen. Ihre Füße standen
auf einem Schemel, gebildet aus kauernden, sich windenden nackten Gestalten.
Sie deutete mit einem Wink auf einen Stuhl ihr gegenüber, schlicht und völlig
schmucklos, wie Hugh erleichtert feststellte.
    Ciang verzichtete auf bedeutungslose,
einleitende Floskeln und kam ohne Umschweife zum Kern der Sache.
    »Ich habe die Nacht dazu benutzt, mein Wissen
aufzufrischen.« Sie legte die flache Hand, knotig und beinahe fleischlos,
doch anmutig in ihrer höflichen Grazie und Zartheit, auf den staubigen
Ledereinband des Buches auf ihrem Schoß.
    »Ich bedaure, Euch um Euren Schlaf gebracht zu
haben«, begann er sich zu entschuldigen.
    Ciang schnitt ihm das Wort ab. »Um ehrlich zu
sein, ich hätte auch sonst nicht schlafen können. Du bist ein störender
Einfluß, Hugh Mordhand«, fügte sie hinzu und musterte ihn aus schmalen Augen.
»Ich werde nicht traurig sein, dich gehen zu sehen, und habe getan, was ich
konnte, um deinen Aufenthalt hier nach Möglichkeit zu verkürzen.« Die
Augenlider – unbewimpert, wie der Kopf haarlos war – zuckten einmal. »Und wenn
du gegangen bist, komm nicht wieder.«
    Hugh verstand. Das nächstemal würde man ihn
nicht verschonen. Sein Gesicht versteinerte. »Ich wäre auf keinen Fall
wiedergekommen«, sagte er leise, den Blick auf die geschnitzten Figuren
gesenkt, die sich duckten und krümmten, um Gangs kleine, feinknochige Füße zu
stützen. »Wenn Haplo mich nicht tötet, dann muß ich…«
    »Was war das?« fragte Ciang scharf.
    Hugh schaute sie erstaunt an. Er zog die Stirn
in Falten. »Ich sagte, wenn es mir nicht

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